| # taz.de -- Lehrer*innenmangel in Berlin: Gespart vor allem bei den Kleinsten | |
| > Eine Anfrage der Grünen zeigt: Der Wegfall der Profilstunden II trifft | |
| > Berlins Grundschulen besonders stark. Referendare fangen rund 160 Stellen | |
| > auf. | |
| Bild: Trübt die Freude auf die Einschulung: Auch im kommenden Jahr fehlen in B… | |
| Es sind vor allem Grundschulen, die vom geplanten Wegfall der Profilstunden | |
| betroffen sind. Das geht aus den Antworten auf eine kleine Anfrage der | |
| Grünenfraktion im Abgeordnetenhaus hervor. Demnach waren an in fast allen | |
| Bezirken die meisten dieser Stunden für Grundschulen bewilligt worden. | |
| Durch den Wegfall im kommenden Schuljahr klafft dort damit die größte | |
| Lücke. Unter den Bezirken verlieren Pankow, Steglitz-Zehlendorf, | |
| Lichtenberg, Charlottenburg-Wilmersdorf und Tempelhof-Schöneberg die | |
| meisten Stunden. | |
| Die Bildungssenatorin hatte [1][Ende Mai angekündigt, dass alle Schulen die | |
| Stunden aus dem Profilbedarf II „temporär aussetzen“] sollen. Das bedeutet, | |
| dass je nach Bezirk und Schulform Angebote etwa in der Sprachförderung, bei | |
| AGs oder in sonderpädagogischer Förderung wegfallen – darunter etwa auch | |
| Angebote, um sogenannte schuldistante Jugendliche wieder besser an Schulen | |
| heranzuführen. | |
| Mit dieser „temporären Aussetzung“ will die Bildungssenatorin Katharina | |
| Günther-Wünsch (CDU) erreichen, dass mehr Lehrer*innen für den | |
| Unterricht in den Kernfächern zur Verfügung stehen. Dort solle sich der | |
| Mangel verringern. | |
| Aus den Antworten geht auch hervor, dass die Schulverwaltung nicht erhebt, | |
| womit die Schulen diese Stunden füllen. „Die Entscheidung der | |
| Bildungssenatorin, Profilstunden zu kürzen, ohne Daten zu den wegfallenden | |
| Angeboten erhoben und Kriterien für die weitere Verteilung der Lehrkräfte | |
| entwickelt zu haben, ist äußerst fahrlässig“, kritisiert Louis Krüger, | |
| bildungspolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus. „Es | |
| bestätigt einmal mehr: Mit ihrem Schnellschuss gefährdet die | |
| Bildungssenatorin die Pläne für das kommende Schuljahr und verursacht ein | |
| Chaos mit unklaren Auswirkungen.“ | |
| ## Es fehlt eine volle Stelle pro Schule | |
| Auch im kommenden Schuljahr werden voraussichtlich rund 695 volle Stellen | |
| für Lehrer*innen nicht besetzt sein, wie die Senatorin am Dienstag | |
| mitgeteilt hatte. Das ist knapp eine volle Stelle pro Schule – und fast so | |
| viel wie im vergangenen Jahr tatsächlich fehlten, [2][wo die Verwaltung | |
| nach den Sommerferien eine ähnlich große Lücke] gemeldet hatte. Und das, | |
| obwohl die Senatorin die Schulen mit einer weiteren Maßnahme bedacht hat: | |
| Nach Beschluss der Bildungsverwaltung werden Referendar*innen ab dem | |
| kommenden Schuljahr 10 statt 7 Wochenstunden unterrichten. | |
| Damit werden die Lehramtsanwärter*innen nach Aussage der Senatorin | |
| Stunden im Umfang von rund 160 Vollzeitstellen auffangen. Grünen-Politiker | |
| Krüger kritisiert, dass die Senatorin darin zur „Verschönerung der | |
| Statistik fehlender Lehrkräfte“ nicht vor „schlechten Arbeitsbedingungen | |
| für Lehramtsanwärter*innen“ zurückschrecke. Der Senat habe keine Strategie, | |
| wie er Hospitationen und Unterricht unter Anleitung gewährleisten werde. In | |
| den meisten anderen Bundesländern würde Unterricht, den | |
| Referendar*innen zu leisten hätten, schrittweise angehoben. | |
| Günther-Wünsch hatte am Dienstag nach der Senatssitzung den Jahresbericht | |
| zur Entwicklung der Schülerzahlen und zum Lehrkräftebedarf vorgestellt. | |
| Danach sinkt der Bestand an Lehrer*innen in Berlin trotz | |
| kontinuierlicher Neueinstellungen. Die Zahl der Schülerinnen und Schüler | |
| nimmt dagegen zu. Laut Bericht besuchen im laufenden Schuljahr insgesamt | |
| gut 355.000 Schüler*innen die öffentlichen allgemeinbildenden Schulen. | |
| Nach der Prognose wird diese Zahl in den nächsten zehn Jahren weiter auf | |
| rund 372.200 im Schuljahr 2032/2033 steigen. Das ist ein Plus von 17.000 | |
| Schüler*innen, etwa fünf Prozent über alle Jahrgangsstufen hinweg. | |
| ## Lücke wird bleiben | |
| Gleichzeitig sinke der Bestand an Lehrkräften aufgrund von Pensionierungen | |
| und sonstigen Abgängen um rund 1.600 jährlich, sagte Günther-Wünsch. In den | |
| kommenden Jahren ist nach Einschätzung der Bildungsverwaltung deshalb | |
| weiterhin eine Lehrkräftelücke zu erwarten. Günther-Wünsch kündigte an, mit | |
| Schulaufsichten und Schulleiterverbänden in den kommenden Monaten darüber | |
| sprechen zu wollen, wie sich die begrenzte Ressource Personal da einsetzen | |
| lasse, wo sie gebraucht werde. Für den Kernunterricht – also die Fächer, | |
| die durch die sogenannte Stundentafel und das Einhalten der Rahmenlehrpläne | |
| vorgegeben sind – sind nach Angaben der Bildungsverwaltung rund 18.000 | |
| Lehrerstellen nötig. | |
| Hinzu kommen aber weitere Angebote wie Förder- und Teilungsunterricht, so | |
| dass der Bedarf im laufenden Schuljahr bei insgesamt gut 32.000 Stellen | |
| liegt. Genau hier sieht Günther-Wünsch Gesprächsbedarf. Bisher würden die | |
| Stellen nach dem Gießkannenprinzip verteilt. Künftig sollen die | |
| unterschiedlichen Bedingungen an den rund 800 öffentlichen Schulen in | |
| Berlin stärker berücksichtigt werden, kündigte Günther-Wünsch an. Das | |
| heißt, manche Schulen müssen dann unter Umständen auf Stellen verzichten. | |
| „Es wird Entscheidungen zu treffen geben, die nicht alle draußen in der | |
| Praxis zufriedenstellen“, sagte die Senatorin. (mit dpa) | |
| 27 Jun 2024 | |
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| ## AUTOREN | |
| Uta Schleiermacher | |
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