# taz.de -- AfD schickt Prepper in Kreistag: Staatsgefährder wird Abgeordneter | |
> Haik Jäger plante mit der Preppergruppe „Nordkreuz“ rechtsextreme | |
> Massentötungen. Nun zieht er für die AfD in den Kreistag | |
> Nordwestmecklenburg ein. | |
Bild: Steigbügelhalter für Rechtsextremisten: AfD-Mitglieder bei ihrem Landes… | |
Einer der führenden Aktivisten der aufgeflogenen Preppergruppe „Nordkreuz“ | |
zieht in den Kreistag Nordwestmecklenburgs ein. Haik Jäger und seine | |
Komplizen wollten am Tag X bereit sein für den Umsturz: Die Gruppe legte | |
Feindeslisten an, hortete Leichensäcke und machte Schießübungen. | |
Ermöglicht wurde Jägers Mandat durch den Erfolg der AfD bei den | |
Kommunalwahlen in Mecklenburg-Vorpommern. Landesweit wurde sie zur | |
stärksten Kraft. Mit 25,6 Prozent liegt sie vor der CDU – ein Zuwachs von | |
über elf Prozentpunkten. Im Landkreis Nordwestmecklenburg lag die | |
Steigerung mit 13 Prozentpunkte etwas über dem Landesdurchschnitt. Die Zahl | |
ihrer Mandate verdoppelte sich auf 16. | |
Das frischgebackene Kreistagsmitglied Jäger ist kein Nobody. Er hat für den | |
ehemaligen AfD-Landtagsabgeordneten Holger Arppe gearbeitet. Der | |
Ex-Landessprecher war 2018 aus der Partei ausgeschlossen worden, nachdem | |
2017 via taz und NDR [1][bekannt wurde], dass er in Chats mit | |
Parteikollegen über die [2][Hinrichtung politischer Gegner] fantasiert | |
hatte. | |
Im parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA) des Landtags zum NSU hob | |
ein Zeuge des Bundeskriminalamtes (BKA) die Rolle Jägers in der Gruppe | |
Nordkreuz hervor. Er sagte aus, dass Jäger „als Polizeibeamter ohne | |
dienstliche Veranlassung aus den Datenbanken der Polizei Informationen für | |
die Feindeslisten von Nordkreuz gesammelt“ habe. Jäger soll über seinen | |
Dienstcomputer illegal [3][Daten zu Asylrechtsanwälten, Flüchtlingsvereinen | |
und engagierten Kommunalpolitikern] abgefragt haben. Eine Liste mit mehr | |
als 5.000 Namen und Adressen von ausgemachten Feinden erstellte der des | |
Anwalt Jan Hendrik Hammer für die Gruppe. | |
Der BKA-Zeuge hatte von 2017 bis 2021 gegen Jäger ermittelt. Vor dem PUA | |
bestätigte der Zeuge, dass er als Ermittler ebenso wie das BKA das | |
Verfahren gegen Jäger und ein weiteres Mitglied der Gruppe wegen | |
Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat habe weiterführen | |
wollen. Der Generalbundesanwalt habe jedoch entschieden, das Verfahren zu | |
beenden. Jäger wurde vom Dienst suspendiert und erhielt eine Geldstrafe. | |
Die von Marko Gross gegründete [4][Gruppe „Nordkreuz“ war im Herbst 2017 | |
aufgeflogen]. Für sie stand der Feind links und Flüchtlinge waren eine | |
Bedrohung. Gross fiel schon 2009 in der Polizei mit rechtsextremen | |
Aktivitäten auf, ohne dass das dienstliche Folgen gehabt hätte. Bis zu 50 | |
Personen soll die Gruppe um den Beamten des Landeskriminalamtes (LKA) | |
umfasst haben. Gemeinsam fuhren sie für Schießübungen nach Güstrow, zur | |
Polizeischießanlage nach Plate oder zur Schießsportanlage des | |
Reservistenverbandes in Hagenow. | |
Bei den Razzien gegen die Gruppe in Mecklenburg-Vorpommern war die | |
regionale Polizei nicht eingebunden. Der Grund könnte gewesen sein, dass | |
weitere „Nordkreuz“-Mitglieder bei der Polizei tätig waren. Die | |
Ermittelnden fanden 55.300 Patronen, von denen 1.400 dem | |
Kriegswaffenkontrollgesetz unterlagen. Sie stammen zum größeren Teil aus | |
Beständen der Landespolizeien, der Bundespolizei und Bundeswehr, wie die | |
taz 2020 recherchierte. | |
Die AfD störte sich nicht an den Aktivitäten Jägers. Der Landesband um den | |
Bundestagsabgeordneten Leif-Erik Holm berief den Ex-Kriminalkommissar Ende | |
2017 in eine interne Arbeitsgruppe zum Thema Sicherheit. Die Vorwürfe waren | |
zu der Zeit bereits bekannt. Im Januar 2018 bestimmte der Landesverband | |
Jäger zum Vorsitzenden des Fachausschusses 5, „Innere Sicherheit, Justiz | |
und Datenschutz“. | |
Mit der Aufstellung Jägers zur Kommunalwahl habe die [5][AfD] deutlich | |
gemacht, „dass sie keinerlei Berührungsängste mit dem rechtsextremen Rand | |
der Gesellschaft hat“, findet Bernd Lange, Obmann der SPD-Fraktion im PUA. | |
Die bundesweite Beobachtung der AfD durch den Verfassungsschutz sei absolut | |
gerechtfertigt. Der Landesverfassungsschutz sieht die AfD bisher selbst als | |
„Verdachtsfall“. | |
27 Jun 2024 | |
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## AUTOREN | |
Andreas Speit | |
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