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# taz.de -- PMDS kann lebensgefährlich sein: Suizidgedanken leider nicht selten
> PM(D)S kann einen das Leben kosten. Auch wegen der Ignoranz gegen
> prämenstruelles Leid. Daher ist direkter Austausch mit anderen Betroffen
> wichtig.
Bild: Depressive Frau
Diese Kolumne beginne ich mit einer Triggerwarnung, es geht um Suizid. Ich
höre gerne [1][Schlager] und da darf „Ich liebe das Leben“ von Vicky
Leandros nicht fehlen. Richtig oft stimmt das auch. Ich liebe das Leben,
erfreue mich an Kleinigkeiten, bin von Dankbarkeit und Liebe erfüllt, halte
mir den Bauch vor Kichern, tanze auf der Straße herum.
Ich kenne aber auch das Gegenteil. Den Wunsch, [2][nicht mehr leben] zu
wollen. Damit das ewige Fühlen endlich aufhört. Dann ziehe [3][ich mich
zurück] und gebe mich diesen Vorstellungen hin. Oft kommt das nicht vor.
Doch eigentlich ist jedes einzelne Mal eins zu oft.
Viele Jahre habe ich gebraucht, zu verstehen, dass auch die Intensität
dieses Wunsches mit meinem Menstruationszyklus zusammenhängt. Damit bin ich
nicht alleine. Auch wenn ich mich lange alleine damit wähnte. Wie man sich
mit so vielem alleine wähnt, bis man den Mut aufbringt, darüber zu
sprechen.
Relativ ungeniert breite ich mein prä- und auch postmenstruelles
Seelenleben auf Instagram aus. Dadurch entstehen Gespräche, die den
üblichen Smalltalk überspringen und sich direkt dem Eigentlichen widmen.
Statt Sammelkarten werden in den Privatnachrichten seelische Abgründe
getauscht. Oder das, was bis – zum Austausch – für seelische Abgründe
gehalten wird.
Es ist erstaunlich, wie viel von dem, wofür wir uns schämen, von dem wir
denken, es niemals jemand sagen zu können, andere Menschen auch denken.
## Austausch knüpft Bande
Etliche Köpfe, die sich selbst zermartern, einsam und unverstanden fühlen.
Beim Thema Suizidgedanken kommt noch eine weitere Komponente hinzu, die
anderen nicht ängstigen, nicht belasten zu wollen. Dabei kann ein Austausch
diese Gedanken auch relativieren, sie nicht als Wunsch zu sterben, sondern
als Wunsch nach einem Ende des Leids einordnen.
Austausch knüpft Bande, Austausch kann ein Katalysator für Widerstand gegen
die Ignoranz der Wissenschaft gegenüber prämenstruellem Leid, das sogar im
Suizid münden kann, sein.
Denn PM(D)S kann einen das Leben kosten. Nicht immer bleibt es lediglich
bei den Gedanken. Laut einer 2022 [4][veröffentlichten Studie] mit 2.689
Menstruierenden, die an PMDS-Symptomen litten, berichteten 34 Prozent der
Teilnehmenden über einen Suizidversuch.
Zahlen dazu, wie viele Menstruierende sich bereits während PMDS das Leben
genommen haben, konnte ich nicht finden. Gestern war meine Menstruation
vorbei, nun sind mir wieder zwei, drei Wochen vergönnt, in denen Vicky
Leandros Song „Ich liebe das Leben“ durch die Wohnung schmettert.
Rückwirkend lässt sich mein PMDS diesen Monat als zehntägige und äußerst
dramatisch inszenierte Ouvertüre mit Suizidgedanken beschreiben. Es war
nicht durchgängig, doch immer noch so ausgeprägt, dass sogar ich mich nicht
traue, offen darüber zu sprechen.
Fatalerweise kam hinzu: Ich war mir nicht sicher, ob es PMDS ist, da mein
Zyklus momentan mal 28 und mal 36 Tage lang ist. Diese Unsicherheit
verstärkte die Verzweiflung und führte zur gedanklichen Eskalation.
Solltet ihr Suizidgedanken haben, sprecht bitte mit euren Mitmenschen
darüber oder ruft die Telefonseelsorge unter der Nummer 0800 1110111 an. Es
[5][gibt Hilfe], ihr seid nicht alleine. Versprochen.
28 Jun 2024
## LINKS
[1] /Schlagermove-in-Hamburg/!6011526
[2] /Umgang-mit-Suizid-in-den-Medien/!6006897
[3] /Behandlung-von-Depressionen/!5995963
[4] https://bmcpsychiatry.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12888-022-03851-0
[5] /Hilfsangebote-bei-suizidalen-Gedanken/!6009869
## AUTOREN
Sarah Lorenz
## TAGS
Suizid
Depression
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