Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Annäherung Russlands und Nordkoreas: Putin und Kim wollen sich bei…
> Russlands Präsident Putin unterzeichnet mit Nordkoreas Machthaber Kim
> einen gegenseitigen Verteidigungspakt. Doch hat das Verhältnis auch
> Grenzen.
Bild: Kim und Putin am Mittwoch auf dem roten Teppich in Pjöngjang
Berlin taz | Sprechen zwei Autokratien davon, ihre bilateralen Beziehungen
auf eine neue Ebene heben zu wollen, dann ist dies oft nur symbolische
Rhetorik. Am Mittwoch jedoch haben Wladimir Putin und Kim Jong Un ihren
Worten substanzielle Taten folgen lassen: Der in Pjöngjang unterzeichnete
Vertrag über eine allumfassende strategische Partnerschaft enthält nach
Angaben des Kremls nämlich auch einen Verteidigungspakt.
„Das heute unterzeichnete umfassende Partnerschaftsabkommen sieht unter
anderem gegenseitigen Beistand im Falle einer Aggression gegen eine der
Vertragsparteien vor“, sagte Russlands Präsident. Kim sprach gar von einer
„Allianz“.
Am Mittwochmorgen traf Putin erstmals seit knapp einem Vierteljahrhundert
in Nordkoreas Hauptstadt ein. Die Inszenierung seines Besuchs war an Pomp
kaum zu überbieten, sogar eine Militärparade ließ das Kim-Regime
ausrichten.
Doch trotz der bis ins kleinste Detail durchchoreografierten Inszenierung
gab es auch eine Schrecksekunde: Als Kim und Putin im offenen Verdeck eines
gepanzerten Mercedes an jubelnden Menschenmassen vorbeifuhren, näherte sich
der Limousine plötzlich ein Luftballon. Hektisch drehte sich Putin zu Kim
hinüber, der einem Bodyguard auf der Hinterbank zuwinkte – ehe die
scheinbare Bedrohung durch eine Windböe von selbst wegflog. Als paranoider
Autokrat lebt es sich offenbar gefährlich.
Im Westen wird Putins Staatsbesuch im Hinblick auf den Ukrainekrieg mit
Argusaugen beobachtet. Denn Nordkorea hat Russlands Armee zuletzt mit
großen Munitionslieferungen unterstützt. Südkoreas Verteidigungsminister
Shin Won-sik bezifferte diese Waffenexporte zuletzt auf bis zu fünf
Millionen Artilleriegeschosse. Im Gegenzug soll Russland das Kim-Regime
unter anderem dabei unterstützen, Spionagesatelliten ins All zu schicken.
Doch fürchtet der Westen, dass russische Technologietransfers bald noch
weiter reichen könnten. „Wir sind natürlich auch besorgt über die mögliche
Unterstützung Nordkoreas durch Russland, wenn es um die Förderung seiner
Raketen- und Nuklearprogramme geht“, sagte Nato-Generalsekretär Jens
Stoltenberg am Dienstag in Washington.
Doch dürfte dies derzeit noch unwahrscheinlich sein. Wer sich nämlich nicht
von der pompösen Inszenierung des Besuchs blenden lässt, erkennt die
Grenzen der bilateralen Kooperation. So kam Putin erst am Mittwoch um drei
Uhr morgens in Pjöngjang an, etliche Stunden verspätet. Keine 24 Stunden
verbringt er in Pjöngjang, es ist also nur ein kurzen Zwischenstopp auf
seinem Weg nach Vietnam.
Putin trifft in Pjöngjang also nicht auf einen Verbündeten auf Augenhöhe,
sondern auf einen Juniorpartner, der erst durch seine Artillerielieferungen
für Moskau nützlich wurde.
Vor allem sind beide zunehmend von Peking abhängig. Chinas Staatsführung
beobachtet die Annäherung zwischen Moskau und Pjöngjang von der Seitenlinie
aus. Staatschef Xi Jinping möchte seinen Einfluss in der Region nicht
schwinden sehen.
Vor allem aber schwebt Xi ein stabiles Nordkorea vor, das den Status quo
auf der koreanischen Halbinsel nicht gefährdet. Dass Kim wieder mit
Atomtests droht, ist nicht im Sinne Chinas.
Auch dürfte Peking nicht dulden, dass das Kim-Regime eine alte Taktik aus
Sowjetzeiten wiederholt, als es wechselweise Peking und Moskau
gegeneinander ausspielte, um für sich den größten Nutzen herauszuholen.
Entsprechend wäre es nicht im Interesse Putins, Pjöngjang mit
Nukleartechnologie zu versorgen, wenn er es sich deswegen mit Xi
verscherzen würde.
Doch schon jetzt unterminiert die russisch-nordkoreanische Annäherung die
bisherige Ordnung zunehmend. „Wir wehren uns weiter gegen die Praxis eines
Strangulierens durch Sanktionen als ein Instrument, das der Westen zu
nutzen pflegt, um seine Hegemonie in der Politik, in der Wirtschaft und
anderen Sphären aufrechtzuerhalten“, sagte Putin in Pjöngjang. Wie zum
Beweis brachte er seinem Gastgeber eine gepanzerte Aurus-Limousine mit –
ein offener Verstoß gegen die UN-Sanktionen.
Im Frühjahr hatte Moskau bereits mit seinem Veto im Weltsicherheitsrat
dafür gesorgt, dass ein Gremium zur Überprüfung der Sanktionen gegen
Nordkorea aufgelöst werden musste. Dabei können Russland und Nordkorea
ohnehin ungestört mit sanktionierten Waren handeln, weil sie – trotz der
schmalen Landesgrenze – über eine direkte Zugverbindung verfügen.
19 Jun 2024
## AUTOREN
Fabian Kretschmer
## TAGS
Russland
Nordkorea
Wladimir Putin
Kim Jong Un
Sanktionen
Atomprogramm
GNS
Belarus
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
Nordkorea
Nordkorea
Schwerpunkt Krieg in der Ukraine
## ARTIKEL ZUM THEMA
Gipfel mit Putin, Xi und Erdoğan: Schaulauf der Autokraten
Beim Gipfel der Schanghaier Organisation für Zusammenarbeit schärfen Putin
und Xi ihr Bündnis – und nehmen ein neues Mitglied auf.
Putin in Vietnam: Mehr Kooperation bei Rüstung
Russlands Präsident Putin betont die Bedeutung der Beziehungen zu Hanoi.
Vietnams Präsident Toi Lam will die Rüstungszusammenarbeit verstärken.
Putins Besuch bei Kim Jong-un: Küssen sich zwei Diktatoren …
Das Treffen zwischen Putin und Kim zeigt einen Strategiewechsel, um
UN-Sanktionen zu umgehen. Ein besorgniserregender Schritt.
Putin in Nordkorea: Plötzlich ziemlich beste Freunde
Putins Nordkorea-Reise zeigt Pjöngjangs wachsende Bedeutung für das
Überleben des russischen Regimes. Kim Jong Un erfährt eine diplomatische
Aufwertung.
Konflikt zwischen Nord- und Südkorea: Militärabkommen ausgesetzt
Südkorea hat die Aussetzung des Militärabkommens mit Nordkorea gebilligt.
Auslöser war, dass Nordkorea Müll-Ballons über die Grenze geschickt hatte.
Sergej Lawrow in Nordkorea: Love Affair mit Kims Regime
Russlands Außenminister dürfte in Nordkorea Nachschub für den Ukrainekrieg
gesucht haben. Nach US-Angaben beginnen die Lieferungen schon.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.