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# taz.de -- Frankreich vor den Parlamentswahlen: Knatsch bei den Rechten
> Vor den Wahlen in Frankreich knistert und kracht es bei der politischen
> Rechten. Ein Parteichef hat sich direkt in seinem Büro eingeschlossen.
Bild: Éric Ciotti verlässt am 14. Juni sein Büro in Nizza
Zu den absehbaren kollateralen Nebenschäden von [1][Emmanuel Macrons
Kurzschlussentscheidung], angesichts des Wahlerfolgs der extremen Rechten
bei der Europawahl kurzerhand in Frankreich Parlamentsneuwahlen anzuordnen,
werden zwei rechte Parteien gehören. Das zeichnete sich schon in den ersten
Tagen des Wahlkampfs ab.
Über die Frage, ob sich die konservative Partei Les Républicains (LR) mit
dem Rassemblement National (RN) der extremen Rechten arrangieren solle, ist
ein heftiger Streit ausgebrochen, der inzwischen vor Gerichten ausgetragen
wird. Der bisherige Vorsitzende Eric Ciotti war von der restlichen
Parteiführung abgesetzt und als LR-Mitglied ausgeschlossen worden, nachdem
er mit RN-Chef Jordan Bardella im Alleingang eine Allianz ausgehandelt
hatte, die allen Gepflogenheiten der Konservativen, die sich auf die
politische Nachfolge De Gaulles, Chiracs und Sarkozys berufen,
widerspricht.
Die französischen Medien und erst recht die Linke verfolgt seit Tagen mit
Amüsement das Psychodrama, das sich da abspielt. Um seine Absetzung zu
verhindern, verriegelte Ciotti die Tür der Parteizentrale und beteuerte vom
Fenster seines Büros herab, er sei weiterhin Parteiboss und der
Ausschlussentscheid sei null und nichtig, weil die Regeln der Partei nicht
respektiert worden seien. Im Übrigen beruft er sich auf eine angebliche
Unterstützung der Parteibasis. Aufgrund seiner Klage hat ein Pariser
Gericht den Ausschluss vorläufig ausgesetzt, die Parteiinstanzen müssen
darüber entscheiden.
Die Konsequenz: In Hinblick auf den ersten Wahlgang am 30. Juni werden 70
Kandidat*innen im Namen von LR, aber mit expliziter Unterstützung durch
das rechtsextreme RN antreten. In vielen Wahlkreisen stehen ihnen bisherige
LR-Kolleg*innen gegenüber, die sich mit dem offiziellen LR-Label
präsentieren. Die Parteileitung, die mit dem Überläufer Ciotti nichts mehr
zu tun haben will, kündigte Kandidaturen in 200 Wahlkreisen an.
## Marion Maréchal ausgeschlossen
Die Zerreißprobe für die ehemalige Regierungspartei von Nicolas Sarkozy
geht weiter: Denn es gibt auch LR-Politiker, die nun mit dem Segen der
Macronisten antreten. Im ehemaligen Pariser Wahlkreis der Kulturministerin
[2][Rachida Dati] tritt der bisherige LR-Kommunalrat Jean Lassucq als
Konkurrent des bisherigen Abgeordneten Gilles Legendre von der
Macron-Partei Renaissance an. Lassucq beruft sich in seinem Flugblatt auf
die offizielle Unterstützung von Premierminister Gabriel Attal und Ex-LR
Dati.
Noch viel emotioneller kochte der Knatsch zwischen dem Führungsduo der
rechtsradikalen Partei Reconquête! hoch. Deren Spitzenkandidatin bei den
EU-Wahlen, Marion Maréchal-Le Pen, sich hatte hinter dem Rücken von
Parteichef Eric Zemmour politisch mit ihrer Tante, Marine Le Pen, versöhnt
und mit Bardella über eine möglichst günstige Wahlabsprache verhandelt.
Zemmour beschuldigte daraufhin die Familie Le Pen und namentlich sein
bisher bestes Aushängeschild, ihm seine Partei klauen zu wollen. Er schloss
Marion Maréchal als „Verräterin“ aus.
So oder so dürfte Reconquête! der politischen Sogwirkung des übermächtigen
Rassemblement zum Opfer fallen. Denn das System der Mehrheitswahl in zwei
Durchgängen polarisiert und erzwingt Allianzen zwischen den Großen und den
Kleineren, von denen nach der geschlagenen Wahlschlacht bei der
Sitzverteilung dann außer ein paar Brosamen nichts mehr übrig bleibt. Trotz
dieses Auseinanderdriftens der politischen Erdplatten setzt Macron in einem
verzweifelt wirkenden Wahlpoker darauf, dass sein Projekt einer breiten
Mitte des „Sowohl-links-wie-auch-rechts“ überleben kann.
17 Jun 2024
## LINKS
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## AUTOREN
Rudolf Balmer
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