# taz.de -- Experte über Strafzölle auf E-Autos: „China schenkt Käufern qu… | |
> Die EU denkt über höhere Zölle auf chinesische E-Autos nach, weil der | |
> Staat dort Hersteller subventioniert. Rolf Langhammer erklärt, was das | |
> heißt. | |
Bild: Noch nicht so präsent, aber aufstrebend auf dem europäischen Markt: E-A… | |
taz: Herr Langhammer, sind günstige chinesische E-Autos eine Gefahr für die | |
deutschen und europäischen Autobauer? | |
Rolf J. Langhammer: Die deutsche Autoindustrie sagt Nein. BMW, Daimler und | |
VW glauben, dass sie die besseren Pkws bauen und der Konkurrenz aus China | |
auf Dauer gewachsen sind. | |
E-Autos aus China spielen in Deutschland bisher kaum eine Rolle. VW und | |
andere westliche Hersteller beherrschen den hiesigen Markt. Woher kommt | |
dann die Angst vor der Konkurrenz aus Fernost, unter anderem in der | |
Politik? | |
Eine Ursache liegt im schieren Umfang der Subventionen, die dortige | |
Industrieunternehmen erhalten. So bekam BYD, der größte chinesische | |
Autohersteller, zuletzt über 2 Milliarden Euro pro Jahr. Damit setzt die | |
Regierung in Peking starke Anreize zum Aufbau von Überkapazitäten. Die | |
Produzenten können und müssen bei flauer Nachfrage in China die Preise | |
senken, um die Fahrzeuge auch im Ausland loszuwerden. Und dieser Preisdruck | |
könnte noch steigen. Weil die Anbieter [1][aus China in den USA wenig | |
Chancen] haben, ist Europa für sie der einzige große ausländische | |
Massenmarkt für E-Autos. | |
Die Konkurrenz gefährdet hier Arbeitsplätze, zumal der Elektroantrieb | |
weniger Beschäftigte erfordert als die Fertigung von Verbrennern. Hat der | |
Wettbewerb auch gute Seiten? | |
Durchaus – für die Konsumenten in Europa bedeuten die Subventionen Pekings | |
einen Vorteil. Der chinesische Staat schenkt hiesigen Autokäufern quasi | |
Geld. Denn sie sparen einige Tausend Euro pro Fahrzeug, wenn die Preise | |
sinken. Diese Mittel fehlen im Übrigen der chinesischen Regierung für | |
sinnvolle Maßnahmen im Inland, zum Beispiel Sozialausgaben für Ärmere. Ein | |
zweiter Aspekt: Wenn mehr günstige E-Autos aus China gekauft werden, sinkt | |
hierzulande der Kohlendioxidausstoß des Verkehrs. Bekanntermaßen haben wir | |
in diesem Bereich bisher ein klimapolitisches Problem. [2][Die Emissionen | |
liegen höher,] als sie sein dürften. Im Gebäudebereich ist die Lage | |
ähnlich: Die billigen chinesischen Solarmodule sorgen mit für den starken | |
Ausbau der hiesigen Photovoltaik, wodurch der CO2-Ausstoß auch dort | |
zurückgehen würde. | |
Nun will die US-Regierung chinesische E-Autos mit einem vervierfachten | |
Strafzoll belegen. Warum? | |
Importe aus China haben in der Vergangenheit US-amerikanische | |
Industriearbeitsplätze gekostet. Diesen Effekt will man diesmal minimieren. | |
Zudem strebt die US-Regierung grundsätzlich an, den wirtschaftlichen | |
Einfluss Chinas zu begrenzen, um die weltwirtschaftliche Führungsposition | |
der USA möglichst lange zu bewahren. Und Präsident Joe Biden hofft, mit | |
hohen Strafzöllen im Wahlkampf gegen Donald Trump zu punkten. Wobei der | |
ökonomische Effekt faktisch null ist, denn die Zahl der chinesischen | |
E-Autos auf dem US-Markt ist verschwindend gering. | |
Voraussichtlich am Mittwoch will auch die EU-Kommission über höhere Zölle | |
auf Elektroautos aus China entscheiden, weil ihr die dortigen Subventionen | |
ein Dorn im Auge sind. | |
Ich halte die Verhängung höherer EU-Zölle gegen chinesische Autohersteller | |
wie BYD für wahrscheinlich. Die EU-Kommission könnte argumentieren, es | |
handele sich um sogenannte Ausgleichszölle, die die Subventionen | |
neutralisieren. Statt heute 10 Prozent könnte die Einfuhrabgabe | |
differenziert nach Herstellern dann bei 15 bis 30 Prozent liegen. Ihre | |
Wirkung würde im Winter überprüft. | |
Das würde einen Teil des Preisvorteils chinesischer Fahrzeuge zunichte | |
machen. Welche Folgen hätte das? | |
Zusätzliche Zölle träfen auch einige europäische Hersteller, die in China | |
E-Autos fertigen und Vorprodukte an chinesische Unternehmen verkaufen. So | |
wäre etwa der E-Mini betroffen, weshalb BMW den Zoll ablehnt. | |
Möglicherweise reagiert die Regierung in Peking außerdem mit höheren | |
Abgaben auf den Import von deutschen Oberklasselimousinen. Vorstellbar | |
erscheint auch, dass weitere Branchen ins Visier geraten, [3][etwa die | |
Chemieproduktion von BASF.] | |
Wie sollte man also mit den subventionierten Stromern aus Fernost umgehen? | |
Die Marktposition der hiesigen Autohersteller und die Konsumentengewinne | |
sprechen gegen Zölle. Andererseits muss die Regierung in Peking verstehen | |
lernen, dass sie die Produktion aus ihren Überkapazitäten nicht einfach in | |
Europa abladen und bei E-Autos die Datenhoheit gewinnen kann. Der Zoll | |
könnte als Drohung und Hebel dienen, um Kompromisse zu erwirken. China | |
braucht den europäischen Markt mindestens genauso wie die hiesige Industrie | |
den Absatz in Fernost. | |
12 Jun 2024 | |
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## AUTOREN | |
Hannes Koch | |
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