# taz.de -- Georgiens Präsidentin überstimmt: Vergeblicher Widerstand | |
> Per Veto versuchte Georgiens proeuropäische Staatschefin Salome | |
> Surabischwili das „Agentengesetz“ zu stoppen. Am Dienstag nahm das | |
> Parlament die Hürde. | |
Bild: Georgiens Präsidentin Salome Surabischwili | |
Berlin taz | „In Europa gibt es keine Kriegspartei, die Kriegspartei ist | |
der russische Imperialismus. Verzweifeln Sie nicht, denn Sie waren es | |
immer, die die Unabhängigkeit des Landes bewahrt haben“, sagte Georgiens | |
Präsidentin Salome Surabischwili in einer Rede an ihre Landsleute am | |
vergangenen Sonntag. Am 26. Mai feiert die Südkaukasusrepublik ihre | |
Unabhängigkeit. | |
Vor allem [1][die Zehntausenden Georgier*innen, die seit Wochen gegen das | |
„Gesetz über Transparenz ausländischer Einflussnahme“ auf die Straße | |
gehen], dürften diese Worte mit Genugtuung zur Kenntnis genommen haben. Die | |
Staatschefin ist eine von ihnen, sie setzt sich für eine europäische | |
Zukunft Georgiens ein, die jetzt auf dem Spiel steht. Denn seit Dezember | |
2023 ist das Land EU-Beitrittskandidat. | |
Vor zwei Wochen legte Surabischwili gegen [2][das „russische Gesetz“] ein | |
Veto ein. Dieses wurde, wie erwartet, am Dienstag im Parlament mit den | |
Stimmen der Abgeordneten der Regierungspartei Georgischer Traum (KO) | |
ausgehebelt. | |
Mittlerweile gehört Surabischwili zu den populärsten Politiker*innen | |
des Landes. Vor einigen Jahren war das noch anders, bei der Erwähnung ihres | |
Namens entgleisten vielen Georgier*innen die Gesichtszüge. Die Menschen | |
schienen mit ihr zu fremdeln, vielleicht weil sie erst in den nuller Jahren | |
nach Georgien gekommen war. | |
## Steile Diplomatenkarriere | |
Vorher hatte die heute 72-Jährige, in Frankreich als Tochter von | |
Exilgeorgier*innen Geborene, eine steile Diplomatenkarriere hingelegt: | |
Nach Posten in den USA, Italien, Tschad sowie bei UNO, Nato und OSZE wurde | |
sie 2003 Frankreichs Botschafterin in Georgien. | |
Ein Jahr später holte der damalige Staatspräsident Michail Saakaschwili | |
Surabischwili als Außenministerin in seine Regierung – das Intermezzo | |
endete nach nur anderthalb Jahren wegen politischer Querelen. Fortan | |
versuchte sich Surabischwili als Oppositionspolitikerin – mit mäßigem | |
Erfolg. Auch zu Saakaschwili ging sie auf Distanz. Ihre Behauptung, dieser | |
habe 2008 den Krieg gegen Russland um Südossetien angefangen, tragen ihr | |
viele Georgier*innen heute noch nach. | |
Nach einigen Jahren der Abstinenz kehrte Surabischwili 2016 auf die | |
politische Bühne zurück. Mit Unterstützung der Regierungspartei Georgischer | |
Traum (KO) wurde sie als unabhängige Kandidatin ins Parlament gewählt. | |
Einen Lift gab ihr die KO auch bei den Präsidentenwahlen 2018, die | |
Surabischwili in der zweiten Runde mit knapp 60 Prozent der Stimmen gewann. | |
Seit dem Beginn von Moskaus Angriffskrieg gegen die Ukraine 2022 geht | |
nichts mehr zwischen ihr und der zunehmend Moskau-freundlichen agierenden | |
Regierung. Diese strengte sogar, erstmals in der Geschichte Georgiens, ein | |
Amtsenthebungsverfahren gegen Surabischwili an. Begründet wurde die Aktion | |
damit, dass die Präsidentin ohne Erlaubnis ins Ausland gereist sei. Das | |
Impeachment-Verfahren scheiterte. | |
Im Dezember 2024 läuft Surabischwilis Amtszeit aus. Eine erneute Kandidatur | |
steht nicht zur Debatte. Denn die Direktwahl des Staatsoberhauptes wurde | |
abgeschafft, jetzt fällt die Entscheidung in einem Gremium das der | |
deutschen Bundesversammlung vergleichbar ist. Vielleicht kann Surabischwili | |
dann mehr Zeit mit ihrem Sohn und ihrer Tochter verbringen. Was sie jedoch | |
genau vor hat, ist noch offen. | |
28 May 2024 | |
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## AUTOREN | |
Barbara Oertel | |
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