# taz.de -- Kommunalwahlen in Mecklenburg-Vorpommern: Rauer Wind in Nordost | |
> Am 9. Juni wählen die Menschen in Mecklenburg-Vorpommern neue | |
> Bürgermeister und Kreistage. Die AfD steht gut da. Wieso das? Wir haben | |
> nachgefragt. | |
Bild: Stürmisch: Bekäme die AfD bei den Wahlen am Sonntag mehr Auftrieb, kön… | |
In Mecklenburg-Vorpommern könnte die AfD am 9. Juni stärkste Kraft auf | |
kommunaler Ebene werden. [1][Der Nordosten] wählt nicht nur das | |
EU-Parlament, sondern auch die Gemeinde- bzw. Stadtvertretungen von 726 | |
Orten, 6 Kreistage sowie rund 680 ehrenamtliche Bürgermeister*innen. | |
Während mit 55 Prozent die Mehrheit der Menschen keine:n | |
Bürgermeister:in von der AfD haben will, gaben in derselben | |
Forsa-Umfrage 22 Prozent an, dennoch für die AfD stimmen zu wollen, mehr | |
als für jede andere Partei. | |
Was könnte sich vor Ort verändern, [2][wenn die AfD am Sonntag tatsächlich | |
stärkste Kraft wird]? Was beschäftigt die Menschen, die dort wohnen – und | |
worin sehen sie die Ursachen für den Aufstieg der extrem Rechten? | |
Die taz hat sich umgehört, in Plattenbau-Siedlungen, alternativen Dörfern, | |
Touri-Hochburgen. Bei einem Bauer, einem Geflüchteten, einer Rentnerin, | |
einem Unternehmer, einer Linguistin und einer Sozialarbeiterin. Bei | |
Bürgerlichen, Linken und völlig Frustrierten. | |
## Schwerin: „Die Stadt tut sich schwer, sich zu ihrer Jugend zu bekennen“ | |
Ich bin Streetworkerin im Mueßer Holz, also Bauabschnitt 3 der | |
Plattenbausiedlung Großer Dreesch in Schwerin. Hier leben ungefähr Hundert | |
Nationen. Es gibt viele Probleme, aber auch viele engagierte Leute mit | |
Herz. Ich arbeite mit jungen Erwachsenen, oft ohne Schulabschluss, die | |
gerne in einem anderen Stadtteil wohnen würden. Aber das gibt der | |
Mietspiegel nichther. Schwerin ist bundesweit Segregationsstadt Nummer 1. | |
Wenn man die politisch Verantwortlichen anspricht, was sie dagegen tun, | |
kommen nur merkwürdige Ideen, wie dass sie das Jobcenter jetzt hier bauen. | |
Dabei müsste die Politik diese ganzen Immobilienkonzerne zwingen, | |
menschenwürdige Wohnungen anzubieten und bei jedem Neubauprojekt | |
Sozialwohnungen einzuplanen. | |
In der Nähe gibt es eine Erstaufnahmeeinrichtung in Stern Buchholz, ein | |
scheußlicher Block, der jetzt für sechs Millionen Euro saniert wird. Das | |
finde ich auch gut. Aber guckt doch mal in die Nachbarschaft, da gibt es | |
genauso scheußliche Blöcke. Da wohnen auch Menschen drin. Da wird nicht | |
überall saniert. So entsteht sozialer Neid, das ist doch klar. Das hat | |
nicht nur mit der AfD zu tun. Ich höre auch von Afghanen, die sagen, guck | |
mal, die Ukrainerkriegen alles in den Hintern geschoben. | |
## „Die eigenen Kinder gehen auf die Privatschule“ | |
Ich sitze auf vielen Laber-Veranstaltungen, da haben alle immer viel | |
Verständnis. Aber wenn es um die Umsetzung geht, erlebe ich hauptsächlich | |
Sozialchauvinismus und Klassismus – und zwar bei allen, auch bei den Grünen | |
und einigen Linken. Die eigenen Kinder bringt man doch lieber auf die | |
Privatschule, man bleibt unter sich. | |
Die Stadt tut sich schwer, sich zu ihrer Jugend zu bekennen. Wir legen | |
Konzepte vor für Jugendprojekte, die die Stadt nicht einmal etwas kosten | |
würden, weil wir das Geld schon anderweitig besorgt haben. Aber die werden | |
mit bürokratischen Begründungen abgelehnt, wenn man uns überhaupt | |
antwortet. Es ist, als ob ich jeden Morgen mit Anlauf gegen eine Betonwand | |
laufe. | |
Ich traue der AfD nichts zu. Bisher erlebe ich die als die Anti-Partei, die | |
versucht hier auf dem Dreesch Stimmen von den Leuten zu fangen. Wenn sie | |
das schafft, dann weil die Leute nicht wissen, dass die AfD zum Beispiel | |
das Bürgergeld wieder sanktionieren will. Aber leider verpasse ich immer | |
den AfD-Stand hier vor der Kaufhalle, um die mal zur Rede zu stellen. | |
## Rostock: „Ich fürchte, dass die Angriffe noch zunehmen“ | |
Ich komme aus Elbistan in der Türkei und bin seit 1999 hier. [3][Damals | |
hatte ich Angst], in manche Viertel reinzugehen. Die Häuser waren Ruinen, | |
von jedem Dach konnte ein Ziegel runterfallen. Mittlerweile ist das nicht | |
mehr so. Es wurde viel renoviert. Wenn man sagt, für die Geflüchteten | |
würden Millionen ausgegeben, aber für Deutsche sei kein Geld da, ist das | |
eine Lüge. Ganz einfach. | |
Wir haben mit Eva-Maria Kröger eine Oberbürgermeisterin von der Linken. | |
Eine starke AfD in der Bürgerschaft würde all ihre Projekte blockieren, | |
dann gäbe es hier völligen Stillstand. Ein großes Thema hier ist das | |
geplante Theater (für geschätzt 208 Millionen Euro, Anm. d. Red.). Die | |
Diskussionen dazu laufen seit Jahren, das war nicht Krügers Idee. Es zeigt | |
auf jeden Fall: Wir sind keine arme Stadt. | |
Ich verdiene meine Brötchen als Sozialarbeiter in einer | |
Gemeinschaftsunterkunft im Justus-von-Liebig-Weg. Hier leben 79 Personen, | |
in der anderen von unserem Träger ungefähr 300. Damit sind beide | |
überbelegt. Dass jetzt viele die AfD wählen wollen, ist das Versagen der | |
demokratischen Parteien. Einer ihrer vielen Fehler ist: Statt | |
Gegenargumente zu bringen, setzen sie Forderungen der AfD schon um, zum | |
Beispiel in der Migrationspolitik. Das Asylbewerberleistungsgesetz ist | |
rassistisch, genauso die neue Bezahlkarte. | |
## „Populismus ist gefährlich!“ | |
Eine meiner Sorgen ist: Eine starke Rechte kann in der Bürgerschaft viele | |
blöde Anträge stellen. Die CDU wollte neulich etwa Geflüchtete zu | |
gemeinnütziger Tätigkeit verpflichten. Das ist völliger Unfug, die | |
Möglichkeit gibt es schon! Und das Sozialamt nutzt sie auch, es zwingt die | |
Leute, für 80 Cent pro Stunde zu putzen. Der Antrag war reiner Populismus! | |
Das ist gefährlich. | |
Dadurch denken die Leute, die Geflüchteten seien faul. Wenn sie dann | |
einkaufen gehen, werden sie angepöbelt. Oder der Arzt an der Uniklinik, der | |
aus Iran oder Ghana kommt und sich dann rassistische Sachen anhören muss. | |
Mit einem guten Wahlergebnis fühlen die Rechten sich im ganzen Land | |
bestärkt, auch auf der Straße. Ich fürchte, dass die Angriffe noch | |
zunehmen. Und die greifen ja alle an – People of Color, Schwule, Linke – | |
alle, die nicht in ihr Bild passen. In Rostock-Lichtenhagen haben sie vor | |
ein paar Tagen mit einem Mob von 20 Leuten einen Obdachlosen gejagt und | |
verletzt. Ich bin mir sicher, das waren Rechte, Linke tun so etwas nicht. | |
Die AfD macht das wie die NPD: Die hat damals im Landtag viele Kleine | |
Anfragen gestellt und Infos über Oppositionelle, vermeintlich Linke oder | |
aktive Migranten gesammelt. Auch gezielt zu mir. Das Ziel dahinter ist, | |
dass man Angst bekommen soll. Ich habe mich aber nicht zurückgezogen oder | |
aufgehört, sondern bin aktiv dagegen vorgegangen. | |
## Dömitz: „Ich wünsche mir mehr Zivilcourage“ | |
[4][Wenn die Rechten bei der Kommunalwahl zulegen], habe ich Angst vor der | |
weiteren Verrohung der politischen Auseinandersetzung, vor wachsender | |
Gewaltbereitschaft, dass die Demokratie noch weiter in den Hintergrund | |
tritt, dass die Rechten die Gesetze biegen, dass die Bürgerinteressen noch | |
weniger wahrgenommen werden, dass es den Ukrainern, die bei uns leben, | |
schlechter gehen wird. | |
Wir haben hier viele Kunstgalerien und Naturschutzprojekte – all das würde | |
unter der AfD eingefroren werden, hundertprozentig. Die AfD will auch die | |
Gewerbesteuer senken, das geht gar nicht, wir haben hier sowieso kaum | |
Einnahmen. Ehrlich gesagt kann ich mir die AfD gar nicht in irgendeiner | |
Regierung vorstellen, weil die viel zu primitiv sind. Ich kann mir nur | |
Schlimmes vorstellen. Ich verabscheue die. | |
Die Sicherheit auf der Straße hat sich bei uns in den letzten Jahren | |
eigentlich verbessert, dadurch dass wir viele Zugezogene haben, auch aus | |
Hamburg oder Berlin, die schon sehr wehrhaft sind. Die positionieren sich. | |
Bei einer Veranstaltung vor ein paar Jahren im Hafenhotel wurden zwei Leute | |
von Rechtsradikalen zusammengeschlagen. Die wurden dann von einer großen | |
Menge Leute rausgejagt. Am Ende sind sie vor lauter Hektik auf einen | |
Steinhaufen gefahren (lacht). | |
## „Von der Lokalpolitik kommt einfach nichts!“ | |
Aber es gab auch mal einen Aufmarsch, wo die mit Reichsfahne ins | |
Schützenfest rein sind. Die Schützen hat das wenig gekümmert, die haben die | |
mittrinken lassen. Eigentlich hätten die sagen müssen „Raus hier!“ Da wü… | |
ich mir mehr Zivilcourage wünschen. | |
Die Kommunalpolitik hier ist leider sehr verschlafen. Zum Beispiel gibt es | |
schon länger eine Bürgerinitiative, die möchte, dass die Bundesstraße nicht | |
mehr durch den Ort führt, damit der Schwerverkehr rausgeht. Das sind ja | |
40-Tonner, die hier durchknallen, hin und her, selbst nachts. Da wackeln | |
mir die Tassen im Schrank. | |
Durch den Tourismus haben wir viele Radfahrer, die werden regelrecht gejagt | |
von den LKW. Da sind auch schon einige zu Fall gekommen. Auch die alten | |
Gebäude hier, die teuer und mit viel EU-Geld restauriert wurden, werden so | |
kaputtgefahren, da entstehen Risse in den Fassaden. | |
Aber von der Lokalpolitik kommt einfach nichts. Ehe da war passiert, bin | |
ich lange unter der Erde. Vielleicht bin ich zu ungeduldig. Ich war zum | |
Beispiel in einem Kulturverein, LuK, wir wollten hier im Ort eine Bühne | |
aufbauen. Das hat acht Jahre gedauert! Ich habe mich von alldem | |
verabschiedet, weil sich einfach nichts bewegt. Diese Behäbigkeit der | |
Politik ist mit Sicherheit auch ein Grund, dass die AfD von einigen Leuten | |
Zuspruch erntet. | |
## Rügen: „Absurd hohe Immobilienpreise sind das größte Problem“ | |
Wir sind hier ja am Ende der Welt. Die CDU stellt mit Holger Kliewe seit | |
2013 den Bürgermeister. Der war früher mal im Landtag und hat Kontakte | |
überallhin. Das sehen viele als Vorteil. Und im Vergleich zu anderen | |
Gemeinden auf der Insel passiert hier schon was. Der Kliewe baut Straßen | |
für Millionen von Euro, wir haben jetzt ein neues Feuerwehr- und | |
Gemeindehaus, einen neuen Spielplatz. | |
Der Kliewe macht viel davon mit Fördermitteln, der weiß ganz genau, wo er | |
welche Anträge stellen muss. Aber es gibt auch Kritik an ihm. Manchmal habe | |
ich den Eindruck, Entscheidungen werden eher in den berühmten Hinterzimmern | |
getroffen, statt in Ausschüssen, die es in unserer Gemeinde gar nicht gibt. | |
Die Oppositionsliste „Wählergruppe Region Ummanz“ und deren | |
Bürgermeisterkandidat Dani Neubeck treten dagegen an, für mehr Transparenz | |
und Bürgerbeteiligung. | |
Was mich stört, ist, dass wir keine richtige Einkaufsmöglichkeit, keine | |
Kita und keine Schule haben, dafür muss ich erst 12 Kilometer mit dem Auto | |
fahren. Unverständlicherweise fängt die Schule hier schon um 7.30 Uhr an. | |
Das heißt, ich muss meine Kinder um 5.30 Uhr wecken, da blutet mir jedes | |
Mal das Herz. | |
## „Einziges Thema hier: dass die Wessis den Ossis alles wegkaufen“ | |
Dass sich ein eigener Kindergarten nicht lohnt, weil hier nur noch eine | |
Handvoll Familien mit Kindern leben, liegt allein an den absurd hohen | |
Immobilienpreisen. Das ist in meinen Augen das größte Problem. Hier dreht | |
sich alles um den Tourismus. Gebaut werden hier nur Ferienwohnungen, die | |
irgendwelchen Wessis gehören. Dazu muss ich sagen, auch ich bin zugezogen, | |
also kein „Rüganer“, nur „Rügener“. Auf diese Unterscheidung legen si… | |
großen Wert, mit ihrem ganzen Lokalpatriotismus. | |
Wohnraum ließe sich leicht schaffen, wir haben auch Leerstand, der genutzt | |
werden könnte. Ich bin ja in der Freiwilligen Feuerwehr und gerade ist | |
wieder einer von uns weggezogen, weil er sich keine Wohnung leisten konnte. | |
So wird es übrigens immer schwieriger, dass wir den Brandschutz für Ummanz | |
gewährleisten. | |
Man könnte auf neue Menschen hier zugehen und fragen, ob sie mitmachen | |
wollen. In der Nachbargemeinde leben seit Kurzem Geflüchtete aus Syrien und | |
der Ukraine, bei uns nicht. Aber selbst wenn, hätten die es hier bestimmt | |
nicht leicht, leider. Bei uns in der Feuerwehr machen zwar neuerdings auch | |
Frauen mit, aber sonst nur weiße Deutsche. Das N-Wort wird hier ganz normal | |
benutzt. | |
Aber die AfD tritt bei uns in Ummanz zum Glück nicht an. Das liegt ganz | |
klar an der Stärke der CDU und daran, dass es hier kaum Themen gibt, die | |
die AfD besetzen könnte. Das einzige Thema, das eine große Rolle spielt, | |
ist, dass die Wessis den Ossis alles wegkaufen. | |
## Neustrelitz: „Dann würde der Ton gegenüber Frauen noch rauer“ | |
Die erste Sorge, die ich habe, ist, dass die AfD Bemühungen um | |
Gleichstellung der Geschlechter bremsen wird. Mit liegt die stärkere | |
Beteiligung von Frauen in der Politik sehr am Herzen. Für eine bessere | |
Vereinbarkeit von Ehrenamt, Familie und Beruf wird die AfD sich eher nicht | |
einsetzen. Bei denen steht keine einzige Frau auf der Liste. Wenn die AfD | |
mehr Sitze, mehr Rederecht und so womöglich noch mehr Raum in den Medien | |
bekommt, wird der Ton, gerade gegenüber Frauen oder Andersdenkenden, noch | |
rauer werden, als er sowieso schon ist. | |
Unsere Gleichstellungsbeauftragte kümmert sich darum, dass Geld durch das | |
Bundesprogramm „Demokratie Leben“ bei uns ankommt. Das würde die AfD | |
bestimmt nicht weiterführen. Mit dem Geld organisiert der Jugendbeirat | |
bisher zum Beispiel ein Jugendforum, bei dem diese Anregungen für die | |
Lokalpolitik geben können. | |
Stattdessen ist die AfD dafür, einen Turm im Schlosspark zu bauen. Da soll | |
wohl irgendein Ausstellungsraum rein, der aber total klein wird. Für den | |
Turm gibt es einen Beschluss, aber das ist gar nicht finanzierbar (die | |
Kosten wurden zuletzt auf 9,5 Millionen Euro geschätzt, auch Mitglieder von | |
CDU, Grüne, FDP und PuLS sprechen sich für den Bau aus, Anm. d. Red.). | |
Stattdessen fände ich ein soziokulturelles Zentrum schön. Also einfach | |
einen Ort, wo man als junge Familie hingehen kann und andere trifft, gerade | |
im Winter. Fast alles wäre besser als dieser Schlossturm, dieser unnötige | |
Phallus (lacht), den die AfD will. | |
## Hohenbüssow: „Wir bauen Infrastruktur wieder auf“ | |
Gestochen scharf kann ich gar nicht über die Kreistagspolitik sprechen, | |
dafür kriegt man viel zu wenig mit, welche Politiker was gemacht haben. Das | |
ist vielleicht gleich das erste Problem. Dabei finde ich das spannend. | |
Gerade die Frage des ÖPNV: Wir fahren ohne Ende Auto, egal wo wir | |
hinmüssen, zur Schule, zum Sport, zum Einkaufen, zum Arzt. Man sitzt | |
einfach sehr viel im Auto. Das Pendeln wird ja auch finanziell unterstützt. | |
Was Politiker vergessen haben, ist eine Nähe zu den Bürger:innen hier | |
oben. Die komplette Infrastruktur ist nach der Wende eingebrochen und wird | |
bis heute weiter abgebaut, zum Beispiel kleine Kaufläden, Post, Schulen, | |
Kindergärten. Alles konzentriert sich in den Städten. Das ist ein Grund, | |
dass man sich hier oben alleingelassen fühlt. | |
Viel versäumt wurde in der Agrarindustrie. Wir hatten hier in der Gemeinde | |
eine der größten Ferkelzuchtanlagen Deutschlands, die ist vor ein paar | |
Jahren abgebrannt und es sind 55.000 Schweine gestorben. Das sind hier | |
lauter riesige Betriebe, dadurch fühlt man sich ohnmächtig. | |
Dann kam noch die Windkraft, die befürworte ich, aber nicht so, wie es hier | |
umgesetzt wird. Da verdienen wenige sehr viel und die Gemeinden profitieren | |
nicht. Das sollte die Lokal- und Landespolitik ändern. Um die Energiewende | |
selbst in die Hand zu nehmen und Solarparks zu bauen, brauchen wir zum | |
Beispiel Landwerke, nicht nur Stadtwerke. | |
## „Ich habe die Baseballschlägerjahre hier erlebt“ | |
Dafür fehlen den Gemeinden oft auch die Leute. Wir versuchen deshalb, | |
Infrastruktur wieder aufzubauen. Wir haben einen Waldkindergarten gegründet | |
und jetzt noch eine Schule für Kinder aus den umliegenden Orten wie Demmin, | |
Daberkow, Alt-Tellin. Ich bin außerdem Teil einer Kollektiv-Firma, die | |
strohgedämmte Häuser baut, wir haben eine Zimmerei in Hohenbrünzow. Das | |
Ziel dabei ist, die Produktion vor Ort mit regionalen Baustoffen zu machen, | |
um die Wertschöpfung wieder anzukurbeln, Arbeitsplätze zu schaffen. | |
Next step wäre eine Wohnungsgenossenschaft auf dem Land. Denn mit der | |
Schule erwarten wir etwas Zuzug. Deshalb überlegen wir uns Konzepte für | |
bezahlbare Wohnungen, die einen höheren Komfort als die DDR-Plattenbauten | |
haben. | |
Wenn sich die Politik in Richtung AfD verschiebt, sehe ich große Probleme | |
für all unsere Projekte, weil wir für Vielfalt stehen. Da würden wir | |
weniger Unterstützung, also Finanzierung, bekommen. Davor habe ich Angst. | |
Ich habe selber Migrationshintergrund, bin hier oben aufgewachsen, habe die | |
90er Jahre hier erlebt, also die „Baseballschlägerjahre“. Ich selber war | |
nie direkt Opfer, aber musste das oft mit ansehen. Da war immer eine Angst | |
in mir, wenn ich mit dem Fahrrad über die Dörfer gefahren bin oder beim | |
Fußball. Da gab es viele hochrassistische Beleidigungen mir gegenüber. | |
Seitdem hat sich schon viel getan. Ich spiele immer noch Fußball und es | |
gibt auch immer noch Rassismus, aber da wird inzwischen viel drüber geredet | |
und reflektiert. Mit der AfD habe ich das Gefühl, kommt das gerade alles | |
wieder zurück. | |
7 Jun 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Szenen-aus-dem-laendlichen-Meck-Pomm/!6014365 | |
[2] /Protesttag-in-Mecklenburg-Vorpommern/!6007593 | |
[3] /Gedenken-an-NSU-Opfer/!5994302 | |
[4] /Politologe-ueber-Kommunalpolitik/!5980449 | |
## AUTOREN | |
Lotte Laloire | |
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