# taz.de -- Einschüchterung von rechts: Deutschland. Aber brutal | |
> „Katapult“ setzt einen Notruf ab: Offenbar bedrohen Rechte die | |
> Mitarbeitenden des Magazins. Die Polizei sagt, sie sei nicht | |
> informiert. | |
Bild: Benjamin Fredrich 2021 vor der leerstehenden Schule, die zu den „Katapu… | |
Auf der Webseite des Magazins Katapult hat der Herausgeber Benjamin | |
Fredrich einen [1][dramatischen „Notruf“] veröffentlicht, mit dem Wunsch: | |
„Lasst uns bitte nicht alleine.“ „Wir sind verstärkt im Fokus der | |
Rechtsextremen, die uns einschüchtern wollen“, sagt Fredrich der taz. | |
Seit 2016 erscheint das Magazin in gedruckter Form in der Universitätsstadt | |
Greifswald. Größere Resonanz erfährt die Redaktion durch die | |
Veranschaulichung der Themen [2][via Grafiken und Karten]. Das | |
vierteljährlich erscheinende Magazin hat laut Verlag eine verkaufte Auflage | |
von über 94.000 Exemplaren. 2023 musste dennoch eine [3][Insolvenz] | |
abgewendet werden. Benjamin Fredrich selbst ist nicht unumstritten. Kritik | |
gab es unter anderem wegen [4][nicht erfüllter Versprechen an ukrainische | |
Journalist:innen]. | |
Die Redaktion berichtet stetig über die [5][AfD] und die [6][Reichsbürger], | |
von [7][Mobilisierungen gegen Geflüchtetenunterkünfte] und [8][Protesten | |
gegen die über Russland] verhängten Sanktionen. Mit [9][Katapult MV] hat | |
die Redaktion eine alternative Berichterstattung in Konkurrenz zur | |
regionalen Presse aufgebaut. | |
„Dass wir bei der Demoberichterstattung verfolgt und bedroht werden, ist | |
mittlerweile Normalität“, sagt Fredrich. Zudem müssten Mitarbeitende ihre | |
Autos in größerer Entfernung vom Büro parken und ihre Identität | |
verschleiern. Es sei eine derart „[10][normale Bedrohungssituation“], dass | |
sie als alltäglich hingenommen werde. Erst als Fredrich einem Layouter im | |
Gespräch aufgelistet habe, was so alles passiert sei, habe der Mitarbeiter | |
ihm gespiegelt, dass das nicht „normal“ sei. Nach dem Gespräch verfasst | |
Fredrich den „Notruf“. | |
Darin berichtet er von mehreren Vorfällen, die sich seit Februar dieses | |
Jahres ereignet haben sollen. Eine Kollegin des Magazins berichtete | |
Fredrich, dass sie bei ihrer Arbeit bei einer Demonstration gefilmt wurde. | |
Als sie wegging, sei sie verfolgt und weiter gefilmt worden. | |
## AFD ist stärkste Partei in Mecklenburg-Vorpormmern | |
Ein weiterer Vorfall: Eines Tages habe der Bauunternehmer von Katapult ihn | |
angerufen. Zurzeit lässt das Magazin ein neues Gebäude errichten. Eine | |
Gruppe habe Bauarbeiter genötigt, ihre Arbeit einzustellen. In den | |
darauffolgenden Tagen betraten offenbar klar zu identifizierende | |
Rechtsextreme unbefugt das Grundstück, um Bauarbeiter einzuschüchtern. | |
Später sei ein bekannter Sprecher von Querdenker- und Coronademos | |
erschienen, um eine Redakteurin im Haus zu überreden, den Bau zu stoppen. | |
Offenbar gehe man in der Gegend davon aus, dass auf dem Grundstück der | |
Redaktion im Industriegebiet eine Geflüchtetenunterkunft gebaut wird. | |
Erst im Juni gab es in Greifswald einen Bürgerentscheid gegen die | |
Bereitstellung von Flächen für die Unterbringung von Flüchtlingen. Katapult | |
habe daraufhin überlegt, auf ihrem Grundstück zusätzlichen Raum für | |
Geflüchtete zu schaffen. Auf dem Grundstück steht eine ehemalige Schule, | |
darin befinden sich heute die Redaktionsräumlichkeiten. Das untere Geschoss | |
stellt Katapult 25 Geflüchteten zur Verfügung. | |
Doch die Überlegung, noch mehr Menschen aufzunehmen, wurde verworfen. „Wir | |
bauen eine Lagerhalle“, stellt Fredrich klar. Die nicht umgesetzte Idee | |
sickerte offenbar trotzdem durch und scheint zu provozieren. | |
„Wie nie zuvor merken wir derzeit, dass die Rechten stärker werden“, so | |
Fredrich. Die AfD ist mit 35 Prozent bei Umfragen die stärkste Partei im | |
Bundesland – weit über 10 Prozentpunkte vor SPD und CDU. Der Druck der | |
Einschüchterung wachse, so Fredrich, und das klappe tatsächlich. Dieser | |
„Normalität“ will die Redaktion weiterhin entgegentreten. Denn diese sei | |
auch der „Versuch, Journalismus zu verhindern“. | |
Mit der Polizei stehe die Redaktion in Kontakt, so Fredrich – auch wegen | |
Drohungen per E-Mails. Auf Anfrage der taz lässt das zuständige | |
Polizeirevier Anklam jedoch wissen: „Uns liegen keine Anzeigen vor, wir | |
haben auch alle Kanäle, über die eine Anzeige erfolgen kann, überprüft.“ | |
Die Polizei werde aber nun aufgrund der Berichterstattung über den „Notruf“ | |
von Amts wegen ermitteln. | |
20 Dec 2023 | |
## LINKS | |
[1] https://katapult-magazin.de/de/artikel/rechte-in-mv-noetigen-katapult | |
[2] /Katapult-Chefredakteur-ueber-Karten/!5574633 | |
[3] /Magazin-Katapult-in-der-Krise/!5960337 | |
[4] /Uebermedien-Recherche-zu-Ukraine-Projekt/!5909645 | |
[5] /SPD-Mann-siegt-bei-OB-Wahl-in-Schwerin/!5941425 | |
[6] /Ausschreitungen-in-Grevesmuehlen/!5911731 | |
[7] /Zusammenarbeit-von-CDU-und-Rechten/!5941270 | |
[8] /Demonstrationen-in-Ostdeutschland/!5886790 | |
[9] /Nordkurier-bekommt-Konkurrenz/!5765749 | |
[10] /Pressefreiheit-in-Deutschland/!5931475 | |
## AUTOREN | |
Andreas Speit | |
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