| # taz.de -- Neues Album von Ibibio Sound Machine: Hypnotische Klangmaschine | |
| > Das Londoner Oktett Ibibio Sound Machine bringt mit den Songs seines | |
| > neuen Albums „Pull the Rope“ Afrobeat in die Dancefloor-Gegenwart. | |
| Bild: Grün ist die Farbe der Hoffnung: Ibibio Sound Machine | |
| Man nehme: Eine ordentliche Portion beißender Akkorde aus dem Synthesizer | |
| direkt von einem [1][Postpunk]-Album entnommen. Schmore diese mit fetten | |
| Funk-Bassläufen und brachialen elektronischen Beats an. Würze den Sud mit | |
| wohldosierten Bläsersalven in bester Afro-Funk-Tradition. | |
| Füge zum Verfeinern noch treibende Percussionrhythmen und die Klangfarben | |
| verschiedener Instrumente aus Westafrika hinzu. Garniere schließlich das | |
| Ganze mit zweisprachigem Sirenengesang – fertig ist das mitreißende Gemisch | |
| der Band Ibibio Sound Machine. | |
| Gegründet 2010 in London, stehen im Zentrum des Oktetts Keyboarder Max | |
| Grunhard und Sängerin Eno Williams. [2][Ihr Bandname verweist auf die | |
| US-Combo Miami Sound Machine um Gloria Estefan], der es in den 1980er | |
| Jahren mit Hits wie „Dr. Beat“ und „Rhythm Is Gonna Get You“ gelang, | |
| eigenwillige elektronische Tanzmusik auf der Basis von kubanischer Salsa zu | |
| schaffen. | |
| ## Sprache aus Nigeria | |
| Einen ähnlichen Ansatz verfolgen auch Grunhard und Williams. Sie übertragen | |
| den Geist des klassischen Afrobeat in die Gegenwart. Ibibio ist eine | |
| Sprache in Nigeria, die von Williams' Mutter gesprochen wurde und deren | |
| Erzählungen sie an ihre Tochter weitergegeben hat. Diese bilden nun teils | |
| auch Songtexte von Ibibio Sound Machine. „Pull the Robe“ heißt das | |
| inzwischen fünfte Album der eklektischen britischen Band. | |
| Während Ibibio Sound Machine auf dem Vorgänger mit House- und | |
| Disco-Elementen zu neuer Leichtigkeit gelangten, schimmert „Pull the Robe“ | |
| metallisch düster. Dieser Stimmungswandel hat mit der Entstehungsweise der | |
| Musik zu tun. Für die Aufnahmen sind die acht Musiker*innen in den | |
| Norden Englands, nach Sheffield, aufgebrochen, wo sie das Studio von Ross | |
| Orton gebucht hatten. Der Produzent und Drummer Orton hat schon mit Gruppen | |
| wie The Fall und Roots Manuva zusammengearbeitet. [3][Er schreibt die | |
| Geschichte Sheffields als wichtige Musikstadt fort], deren Sound vom | |
| Industrial-Postpunk von Cabaret Voltaire, dem Synthpop von Human League | |
| sowie von Bands wie Pulp und dem Label Warp geprägt ist. | |
| Nicht nur Sheffield hat sich in die zehn Stücke von „Pull the Robe“ | |
| eingeschrieben. Ross hat die Band auch einem anderen Arbeitsprozess | |
| unterworfen. Anstatt die Stücke gemeinsam im Studio zu entwickeln, haben | |
| Grunhard und Williams in kurzer Zeit die Lieder zunächst zu zweit | |
| komponiert. Erst dann haben sie ihre Kollegen hinzugeholt und die Songs | |
| schichtweise arrangiert. | |
| ## Wandel zum Kompakten | |
| Bei einer auf Improvisation basierenden Band wie Ibibio Sound Machine | |
| klingt dieses Vorgehen wie ein Wagnis. Doch das Gegenteil ist der Fall: Nie | |
| hörten sich Ibibio Sound Machine kompakter und direkter an als in den Songs | |
| auf „Pull the Robe“. Schon das Titelstück, zugleich Auftakt des Menüs, | |
| macht diesen Wandel deutlich. | |
| Ohne Vorwarnung peitscht der Beat voran, ein paar Basstöne erzeugen einen | |
| hypnotischen Sog, die Tasteninstrumente knarzen und blubbern, eine Gitarre | |
| kreischt, die Bläser krächzen im Hintergrund. Und dann ist da noch der | |
| sloganhafte Refrain, ein Aufruf zur Solidarität, der keine Zeit zum | |
| Atemholen lässt. Für Entspannung sorgt das Lied „Got to be Who U Are“, in | |
| dem ein wabernder Bass und sphärische Keyboardflächen auf ein Fingerklavier | |
| treffen. Schmeckt! | |
| 30 May 2024 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Postpunk/!t5015382 | |
| [2] /Besuch-der-Musikmetropole-Miami/!5202766 | |
| [3] /Yacht-Country-Album-von-Richard-Hawley/!6008747 | |
| ## AUTOREN | |
| Sven Beckstette | |
| ## TAGS | |
| London | |
| Afrobeat | |
| Neues Album | |
| Humboldt Forum | |
| Soul | |
| Neues Album | |
| Afrobeat | |
| House | |
| Soundtrack | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Musikfestival im Humboldt Forum: Afro-Funk im Preußenschloss | |
| Das „Durchlüften“-Festival im Schlüterhof des Humboldt Forums in Berlin i… | |
| bunt und vielfältig. Trotzdem hat es einen nicht so guten Beigeschmack. | |
| Sängerin Y'akoto über Umzug nach Ghana: „Ich bin auf jeden Fall eine Hexe“ | |
| Während der Pandemie zog die in Hamburg geborene Sängerin Y’akoto nach | |
| Ghana. Mit der taz spricht sie über die Gründe und über das Matriarchat. | |
| Neues Album vom Indie-Trio Goat Girl: Stilbrüche statt Spotify | |
| Das Trio Goat Girl komponiert seine Alben sorgfältig. Aufmerksames Hören | |
| wird belohnt mit der Spannung zwischen unterschiedlichen Songs. | |
| Nachruf auf Afrobeat-Legende Tony Allen: Coole Energie | |
| Tony Allen ist am Donnerstag im Alter von 79 Jahren in Paris gestorben. Der | |
| nigerianische Schlagzeuger war der Begründer des Afrobeat. | |
| Neues Album von Crooked Man: Jammern ist nicht | |
| Der Sound von Crooked Man trägt nie zu dick auf und klingt doch | |
| ausdrucksstark. Auch auf seinem neuen Dancefloor-Album „Crooked House“. | |
| Soundtrack von Jarvis Cocker: I just want to ffffotograph you | |
| Der britische Popstar Jarvis Cocker hat einen tollen Soundtrack komponiert | |
| – für den abgründigen Film „Likely Stories“. |