| # taz.de -- Neues Album vom Indie-Trio Goat Girl: Stilbrüche statt Spotify | |
| > Das Trio Goat Girl komponiert seine Alben sorgfältig. Aufmerksames Hören | |
| > wird belohnt mit der Spannung zwischen unterschiedlichen Songs. | |
| Bild: Goat Girl | |
| Was treibt junge Menschen an, Musik zu machen? Meistens, so lässt sich | |
| annehmen, hat es zu tun mit einer diffusen Mischung aus Langeweile und Wut. | |
| Von letzterer hatten Lottie Pendlebury, Ellie Rose Davis und [1][Naima | |
| Bock] genug, als sie 2016 im Süden Londons ihr Trio Goat Girl gründeten. | |
| Die nationalistisch-konnotierte Brexit-Kampagne lief seinerzeit auf | |
| Hochtouren. | |
| Am Tag des folgenreichen Volksentscheids, durch den Großbritannien aus der | |
| EU ausschied, unterschrieben die drei Künstlerinnen einen Plattenvertrag | |
| beim Indie Rough Trade Records – jenes Label, das in der Vergangenheit | |
| legendäre Bands wie die The Slits, Young Marble Giants, [2][Television | |
| Personalities] und The Fall unter Vertrag hatte. | |
| Damit war die musikalische Stoßrichtung bereits klar skizziert: Denn auch | |
| die Musik von Goat Girl war bisher mit vergleichsweise einfachen | |
| Gitarrenakkorden, scheppernden Drums und Gesangsparts mit Slacker-Style | |
| durchsetzt. So weit, so gut, so bekannt. | |
| Aber ganz so einfach ist es dann doch nicht: Denn tatsächlich forcierte das | |
| Trio bereits auf seinem gleichnamigen Debütalbum 2018 bewusste Stilbrüche. | |
| Neben den erwartbaren Indie-Referenzpunkten ließen sich etwa countryeske | |
| Melodien und folkige Gesangsharmonien im Sound von Goat Girl vernehmen. Das | |
| Ganze verteilt auf 19 Songs, die ebenso begeisterten wie in ihrer Summe | |
| gelegentlich überforderten. | |
| Nach dem Album „On All Fours“ (2021) ist nun mit „Below the Waste“ Album | |
| Nummer drei erschienen. Auch das neue Werk macht es den Hörer:Innen mit | |
| seinen 16 Songs zunächst nicht unbedingt leicht. Die Referenzen reichen | |
| dieses Mal sogar noch weiter: Zwar gibt es noisige College-Rock-Gitarren zu | |
| hören, doch dominieren atmosphärisch-wavige, gelegentlich auch poppige | |
| Hooklines. | |
| ## Poppiges und Sperriges | |
| Dabei geht es für Goat-Girl-Verhältnisse ziemlich klassisch los: Dem Intro | |
| „Reprise“ folgt mit „Ride Around“ ein Stück, das mit seinen einfachen | |
| Powerchords und dem Stop-and-go-Beat Erinnerungen an Indie-Klassiker der | |
| 1990er Jahre wie The Breeders und Elastica erweckt. Mit ruhiger, fast schon | |
| beschwörender Stimme singt Pendlebury: „Me and you, I think we could be | |
| close.“ Nicht nur in diesem Song legt ihr Gesang nahe, dass sie die | |
| poppigen Songs von Sonic Youth und dem Gesang ihrer Bassistin Kim Gordon | |
| aus der „Goo“-Phase mehr als einmal gehört hat. | |
| Doch schon im folgenden Song „Words Fell Out“ rücken die Gitarren zugunsten | |
| waviger Synthesizer merklich in den Hintergrund: Ein sanft gezupftes Banjo | |
| und eine flächige Orgel erzeugen eine elegische Atmosphäre, die [3][eher an | |
| zeitgenössische Indie-Acts wie The xx] als an Garage-Rock erinnert. | |
| Auch in den Songs wie „Play It Down“, „Take It Away“ und der starken | |
| Vorabsingle „Motorway“ dominieren die Synthesizer. Hinzu kommen zahlreiche | |
| Streicher und Bläser. Bei aller Poppigkeit ist „Below the Waste“ aber | |
| keine leicht Kost, im Gegenteil: „TCNC“ und das über sechsminütige Finale | |
| „Wasting“ sind geradezu sperrige Brocken mit düsterer, bedrückender | |
| Atmosphäre. | |
| Goat Girl wollen viel auf „Below the Waste“, das meiste davon gelingt ihnen | |
| auch. In Zeiten zunehmender Fixierung auf Single-Auskopplungen ist es | |
| zugleich ein Statement für das Format Album: Denn die 16 Songs fordern viel | |
| Geduld und erhöhte Aufmerksamkeit. Wer diese aufbringt, wird mit einem | |
| Songreigen belohnt, der besser kuratiert ist als jede Spotify-Playlist. | |
| Luca Glenzer | |
| 18 Jun 2024 | |
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| Luca Glenzer | |
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