| # taz.de -- Reaktionen auf IGH-Entscheid zu Gaza: Rafah-Offensive und Grammatik… | |
| > Israel dringt weiter in Rafah vor. Unklar bleibt, ob der Internationale | |
| > Gerichtshof einen Stopp der gesamten Rafah-Offensive gefordert hat. | |
| Bild: Protest am Freitag vor dem IGH in Den Haag | |
| Jerusalem taz | Nach einem Zwischenurteil des Internationalen Gerichtshofs | |
| (IGH) vom Freitag geht die Bodenoffensive des israelischen Militärs in der | |
| Stadt Rafah im Süden Gazas weiter. Nachdem in den vergangenen Wochen fast | |
| eine Million Palästinenserinnen und Palästinenser aus Rafah flohen, sind | |
| die Truppen nun weit in das Gebiet vorgedrungen, bis ins Zentrum der Stadt | |
| und das gleichnamige Flüchtlingslager. Nach Angaben des Militärs wurden | |
| dort zahlreiche Tunnel und Schächte freigelegt sowie Waffen gefunden. | |
| Auch im strategisch wichtigen [1][Philadelphi-Korridor an der Grenze zu | |
| Ägypten] ist das Militär weiter vorgerückt. Nach Angaben des | |
| öffentlich-rechtlichen Fernsehsenders Kan 11 News wurden dort Dutzende | |
| Tunnel entdeckt, die Ägypten und den Gazastreifen verbinden. Sie sollen von | |
| der Hamas zum Schmuggel von Waffen, Munition und Personen genutzt worden | |
| sein. | |
| Dass Israel in Rafah weiter militärisch vorgeht, liegt auch am IGH selbst – | |
| und dem schwammigen Urteilstext, den sein Präsident Nawaf Salam am Freitag | |
| verlas. Die Entscheidung des IGH hatten viele Medien zunächst [2][so | |
| interpretiert, dass Israel seine Militäroffensive in Rafah unmittelbar | |
| stoppen müsse]. Doch [3][der Text] ist weniger eindeutig: Israel müsse „die | |
| Militäroffensive und jede andere Aktion im Gouvernement Rafah sofort | |
| einstellen, die der palästinensischen Gruppe im Gazastreifen | |
| Lebensbedingungen auferlegen könnte(n), die ihre physische Zerstörung ganz | |
| oder teilweise herbeiführen könnten“. | |
| Von den 15 Richtern stimmten 13 für die Anweisung an Israel. Dabei scheinen | |
| selbst die Richter sich nicht einig zu sein, was diese denn bedeutet. Der | |
| rumänische Richter Bogdan Aurescu schreibt in seiner Erklärung: Es sei | |
| unklar, ob sich der Halbsatz, „die der palästinensischen Gruppe im | |
| Gazastreifen Lebensbedingungen auferlegen könnte(n), die ihre physische | |
| Zerstörung ganz oder teilweise herbeiführen könnten“, auf die | |
| Militäroffensive oder „jede andere Aktion“ beziehe. | |
| Auch die Erklärung des deutschen Richters Gerhard Nolte weist auf diese | |
| Problematik hin. Er interpretiert den Text so: Die Anweisung des IGH | |
| beziehe sich nur auf Aktionen, die eine solche Situation herbeiführen | |
| könnten. | |
| Israel selbst übernimmt das Wording des IGH. Das Außenministerium und der | |
| Nationale Sicherheitsrat erklärten in einem gemeinsamen Statement: Israel | |
| habe keine militärischen Aktivitäten in der Region Rafah durchgeführt und | |
| werde dies auch nicht tun, „die Lebensbedingungen schaffen, die die | |
| physische Zerstörung der palästinensischen Zivilbevölkerung im Ganzen oder | |
| in Teilen zur Folge haben könnten.“ | |
| Südafrika stellt Eilantrag nach Eilantrag | |
| Dass der IGH sich überhaupt mit der Militäroffensive Israels im | |
| Gazastreifen befasst, liegt an Südafrika, das Israel im Dezember vor dem | |
| IGH Völkermord vorwarf. Ein abschließendes Urteil wird erst in mehreren | |
| Jahren erwartet. | |
| Südafrika stellt derweil immer wieder Eilanträge. Einem ersten solchen | |
| Antrag folgte Ende Januar eine Anweisung an Israel: Es müsse alles in | |
| seiner Macht Stehende tun, um Handlungen, die mit einem möglichen | |
| Völkermord in Gaza in Verbindung stehen könnten, zu verhindern. Ein Ende | |
| der Kampfhandlungen lehnten die Richter damals ab. Im März folgte eine | |
| erneute Anweisung, die vor allem Israels Kooperation zur Bereitstellung | |
| humanitärer Hilfe anmahnte. | |
| Die Lage der Menschen im Gazastreifen ist seit Beginn des Kriegs gegen die | |
| Hamas – nach deren Attacke auf Israel am 7. Oktober – anhaltend Anlass zur | |
| Sorge. Um mehr humanitäre Hilfe leisten zu können, hatten die USA Mitte Mai | |
| einen vor der Küste Gazas liegenden, temporären Pier fertiggestellt. Nach | |
| heftigem Wellengang wurden Teile des Piers nun aber zerstört und teilweise | |
| in Israel angeschwemmt, gemeinsam mit zwei Schiffen, die ihn befestigen | |
| sollten. Nach US-Angaben ist der Pier aber weiter funktionstüchtig. | |
| Derweil werden über den Grenzübergang Kerem Schalom wieder mehr | |
| Hilfslieferungen abgewickelt. Ägypten hatte seine Lieferung eingestellt, | |
| nachdem Israel den Grenzübergang Rafah, der das Land mit Gaza verbindet, | |
| erobert hatte. Nach einem Gespräch mit US-Präsident Joe Biden am Freitag | |
| werden die in Ägypten auf Weiterverteilung wartenden Güter nun über den | |
| Grenzübergang Kerem Schalom zwischen Israel und Gaza abgewickelt. Nach | |
| Angaben verschiedener Medien sind Teile der Hilfsgüter bereits verdorben, | |
| wurden entsorgt oder in Ägypten verkauft. | |
| 26 May 2024 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Die-Grenze-bei-Rafah/!5991577 | |
| [2] /UN-Gericht-zu-Israels-Militaereinsatz/!6012648 | |
| [3] https://www.icj-cij.org/sites/default/files/case-related/192/192-20240524-o… | |
| ## AUTOREN | |
| Lisa Schneider | |
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