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# taz.de -- Gaza-Proteste an Universitäten: Diskurs statt Polizei
> Weil sie Polizeieinsätze an Unis kritisierten, stehen viele Dozierende
> selbst in der Kritik. Der Historiker Michael Wildt will eine
> Entschuldigung.
Bild: Polizisten nach der Räumung des Camps
Berlin taz | Anfang Mai hat die Polizei ein Pro-Palästina-Camp in der
Freien Universität Berlin geräumt. Clemens Arzt, Jurist und Spezialist für
Versammlungsrecht, hält das für eine massive Grundrechtseinschränkung. Arzt
betonte am Dienstag in Berlin: „Versammlungsfreiheit ist das Recht auf
abwegigste Meinungen.“ Doch seit den verbotenen Coronaprotesten gebe es die
Tendenz, das Versammlungsrecht immer stärker einzuschränken.
Dass der Polizeieinsatz an der FU mit aggressiven Parolen und der
Dialogunwilligkeit der Protestierenden begründet wurde, sei bedenklich.
Aggressive Parolen zu schützen, sei gerade „das Wesen der
Versammlungsfreiheit“, Dialogfähigkeit dort kein Kriterium. Der
Polizeieinsatz an der FU sei mindestens unnötig gewesen. Klüger agierende
Universitäten in Köln und Frankfurt hätten gezeigt, dass es möglich ist,
anders mit radikalen Protesten umzugehen.
Der NS-Historiker Michael Wildt hatte [1][mit anderen ProfessorInnen gegen
den Polizeieinsatz an der FU protestiert]. Das hatte ihm und anderen in der
Bild-Zeitung in steckbriefhafter Aufmachung der Vorwurf eingetragen,
„[2][Juden-Hass-Demos]“ zu unterstützen.
Bei Bild mag solch grobe Denunziation nicht verwundern – das Verhalten der
FDP-Bundesbildungsministerin wirkte erklärungsbedürftig. Bettina
Stark-Watzinger hatte erklärt, das Statement von Wildt & Co mache sie
„fassungslos“. Gerade „Lehrende müssen auf dem Boden des Grundgesetzes
stehen“. Das war, kaum verhüllt, der Vorwurf, dass sich die inzwischen mehr
als 1.000 UnterzeichnerInnen mit ihrem Brief verfassungsfeindlich betätigt
hätten.
## Abwegig
Wildt kritisierte in Berlin diesen Vorwurf als „abwegig“. Dass sich die
Ministerin nur auf die Bild-Berichte bezog, ohne mit den VerfasserInnen
geredet zu haben, sei erstaunlich. Er hofft auf eine Entschuldigung von
Stark-Watzinger.
Miriam Rürup, Direktorin des Moses Mendelssohn Zentrum für
europäisch-jüdische Studien in Potsdam, plädierte dafür, die Vielfalt der
Stimmen zuzulassen. „Wenn man niedergeschrien wird, muss man halt abwarten,
bis es vorbei ist“, so Rürup. Es gehe darum, „[3][klare Kante gegen
Antisemitismus] zu zeigen“. Und sich gegen einen Antisemitismusbegriff zu
wehren, der verkürzt eingesetzt wird.
Wildt betonte, es sei die Aufgabe von Lehrenden an Universitäten,
Spannungen zu deeskalieren. Dabei seien Polizeieinsätze das völlig falsche
Mittel. Dass sich jüdische Studierende „nach dem 7. Oktober alleingelassen
gefühlt haben“, dürfe sich nicht wiederholen, so Wildt. Es gehe darum, die
Selbstregulierungskompetenz der Universitäten zu stärken und kein
autoritäres Staatsverständnis zu befördern.
21 May 2024
## LINKS
[1] https://docs.google.com/forms/d/e/1FAIpQLSfVy2D5Xy_DMiaMx2TsE7YediR6qifxoLD…
[2] /Judenhass-auf-Berliner-Demonstrationen/!5847044
[3] /Propalaestinensische-Demos-in-Europa/!5963471
## AUTOREN
Stefan Reinecke
## TAGS
Antisemitismus
Palästina
Schwerpunkt Nahost-Konflikt
Studentenproteste
Bettina Stark-Watzinger
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