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# taz.de -- Israel schließt Büros von Al Jazeera: Regierung in „zweifelhaft…
> Wegen „staatsgefährdender Aktivitäten“ wurde das Büro des TV-Senders in
> Ost-Jerusalem geräumt, Equipment beschlagnahmt. Kritik folgte prompt.
Bild: Das war's mit dem Sitz in Ost-Jerusalem: Ein Mann bringt Equipment aus de…
Jerusalem taz | An die Türe von Zimmer 319 in einem teuren Hotel im Viertel
Scheich Dscharrah in Ost-Jerusalem ist ein einsamer Zettel geklebt: Die
Aktivitäten von Al Jazeera seien als staatsgefährdend eingestuft, die Büros
des TV-Senders auf israelischem Staatsgebiet ab sofort geschlossen. Gegen
halb vier am Nachmittag seien am Sonntag die israelische Sicherheitskräfte
in das Hotel gekommen und hätten das Büro von Al Jazeera in dem Zimmer
geräumt, erzählt ein Hotelangestellter, der vor dem Raum Wache schiebt. Die
Al Jazeera-Journalisten, sagt er, seien längst weg.
Das israelische Kommunikationsministerium bestätigte die Räumung. Man habe
außerdem Equipment beschlagnahmt, und der Sender wurde aus dem Kabel- und
Satellitennetz des Landes entfernt. Auch der Zugriff auf seine
Internetseiten soll laut Nachrichtenagenturen gesperrt worden sein, am
Sonntagabend ließen sich aber sowohl [1][die englische] als auch [2][die
arabische Website] aus Israel problemlos abrufen.
Dass Israel gegen den Sender vorgeht, rief Kritik des Menschenrechtsbüros
der Vereinten Nationen auf den Plan: Man bedauere die Entscheidung Israels
und rufe die Regierung auf, ihre Entscheidung zu überdenken. Auch der
Verband der Auslandspresse (FPA) in Israel hat das Sendeverbot kritisiert.
„Mit dieser Entscheidung reiht sich Israel in den zweifelhaften Club der
autoritären Regierungen ein, die den Sender verbieten“, teilte der Verband
mit. „Dies ist ein dunkler Tag für die Medien.“
Ähnlich äußerte sich das in New York ansässige Komitee zum Schutz von
Journalisten (CPJ), das von einem „äußerst alarmierenden Präzedenzfall für
die Einschränkung der Arbeit internationaler Medien in Israel“ sprach. Omar
Shakir, Direktor der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch für
Israel und Palästina, kritisierte die Anordnung als „Angriff auf die
Pressefreiheit“.
Der Räumung voran ging ein längerer Konflikt zwischen der israelischen
Regierung und dem im Golfemirat Katar ansässigen TV-Sender. Israels
Regierungschef Benjamin Netanjahu warf ihm vor, „ein Sprachrohr der Hamas“
zu sein und äußerst voreingenommen zu berichten. Vor rund einem Monat hatte
das israelische Parlament schließlich ein Gesetz angenommen, dass es der
Regierung erlaubt, Büros des Senders für 45 Tage dicht zu machen –
Verlängerung möglich. Am Sonntag gab die Regierung ihr finales Okay,
Kommunikationsminister Schlomo Karhi ordnete sogleich die Schließung an.
Der Sender protestiere, und kündigte an, dagegen vorzugehen, „das
grundlegende Recht auf Zugang zu Informationen“ habe Israel mit seiner
Entscheidung verletzt. Netanjahu erklärte hingegen: Al Jazeera habe mit
seiner Berichterstattung „die Sicherheit Israels gefährdet und Hass gegen
das israelische Militär beschworen“.
## Könnte die Entscheidung Katars Vermittlerrolle gefährden?
Dass Al Jazeera eine klare Schlagseite in der Berichterstattung hat, ist –
vor allem wenn man sich die arabischsprachigen Beiträge des Senders ansieht
– kaum von der Hand zu weisen. Viele Medien haben eine Blattlinie, die Al
Jazeeras ist recht deutlich zu erkennen. Auch dass es Verflechtungen des
Gaza-Büros des Senders zu militanten Gruppen dort geben soll, legten immer
wieder Berichte israelischer Medien nahe. Kritik an Al Jazeera kam daher
nicht nur aus Israel, sondern auch von Kommentatoren aus den Israel
freundlich gesinnten Golfstaaten Bahrain und den Vereinigten Arabischen
Emiraten.
Dass Israel aber so weit geht, den Sender zu schließen, ruft auch innerhalb
des Kriegskabinetts Protest hervor. Der ehemalige Verteidigungsminister
Benny Gantz spricht von einem „fürchterlichen Timing“. Denn Al Jazeera,
1996 in Katar gegründet, ist eines der wichtigsten Medienhäuser des Nahen
Ostens, mit seinem englischen Outlet Al Jazeera English auch international
erfolgreich und damit ein Aushängeschild Katars.
Das Emirat ist der wichtigste Vermittler zwischen Israel und der Hamas in
einem noch immer [3][auf dem Tisch liegenden Geiseldeal], der die
Freilassung von Geiseln in Gaza gegen die palästinensischen Häftlinge aus
israelischen Gefängnissen sowie einen Waffenstillstand erreichen soll.
Gantz und seine Partei sind besorgt, dass das Vorgehen gegen Al Jazeera die
sowieso schleppend laufenden Gespräche weiter torpediert.
Al Jazeera kommt in Gaza außerdem eine besondere Rolle zu: Es ist eines der
wenigen Medienhäuser, das derzeit in dem Küstenstreifen überhaupt noch mit
einem Büro vertreten ist. Seit dem Angriff auf Israel am 7. Oktober und dem
darauf folgenden Krieg in Gaza ist der Zugang für ausländische Journalisten
gekappt, nur Pressetouren mit dem israelischen Militär sind noch möglich.
Für viele arabischsprachige Menschen, im Nahen Osten wie in Europa und den
USA, ist der Sender die Hauptinformationsquelle. Im Westjordanland läuft
sein Programm auf den Bildschirmen in Restaurants oder Läden quasi durch,
wie auch in den Häusern der Menschen. Allein der X-Account des englischen
Kanals hat 8,8 Millionen Follower und wirbt gleich in der
Selbstbeschreibung mit seiner „Live-Berichterstattung zu Gaza“. (mit ap)
6 May 2024
## LINKS
[1] https://www.aljazeera.com/
[2] https://www.aljazeera.net/
[3] /Geisel-Deal-zwischen-Israel-und-Hamas/!6008458
## AUTOREN
Lisa Schneider
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