# taz.de -- Polizeieinsatz am 1. Mai: Mit Großaufgebot gegen „Kribbeln“ | |
> In den Vorjahren blieb es ruhig, trotzdem werden am 1. Mai wieder | |
> tausende Polizist*innen eingesetzt. Zur Taktik gehören Flutlichter – | |
> und die Müllabfuhr. | |
Bild: „Niedrige Einschreitschwelle“: Polizisten bei der Revolutionären 1.-… | |
BERLIN taz | Es ist eine von vielen Traditionen zum 1. Mai in Berlin: Jahr | |
für Jahr beschwören Polizei und Innensenatorin im Vorfeld eine bedrohliche | |
Krawallkulisse herauf und rechtfertigen damit ein Großaufgebot an | |
Polizist*innen, das rund um den Feiertag im Einsatz sein wird. | |
Bleibt der große Knall dann trotz aller Schwarzseherei aus, gehört zu den | |
Gepflogenheiten auch das Selbstlob in den Tagen danach. 2022 etwa bejubelte | |
die Polizei den „friedlichsten 1. Mai seit Jahrzehnten“. 2023 hieß es dann, | |
der Tag der Arbeit sei sogar „nochmals friedlicher“ als im Vorjahr gewesen, | |
nun sprach ein Polizeisprecher vom [1][„friedlichsten 1. Mai seit 1987]“. | |
Angesichts dieser Bilanzen voller Superlative könnte man meinen, die | |
Polizei rüste irgendwann mal ab. Doch danach sieht es auch in diesem Jahr | |
nicht aus. Wie in den Jahren zuvor werden am 1. Mai rund 5.500 Berliner | |
Polizist*innen eingesetzt, kündigte Einsatzleiter Stephan Katte am | |
Montag an. Hinzu kommen noch einmal etwa 2.500 Polizist*innen aus | |
anderen Bundesländern sowie weitere von der Bundespolizei. | |
## Palästina mobilisiert die Szene – und die RAF? | |
Katte räumte zwar ein, das „Aggressionspotenzial“ insbesondere der | |
[2][Revolutionären 1.-Mai-Demo] habe über die Zeit „deutlich abgenommen“. | |
Jedoch gebe es im Gegensatz zu den vergangenen Jahren eine „kribbelnde | |
Grundstimmung“ in Berlin, die mit dem Nahost-Konflikt zusammenhänge. | |
Er befürchte eine „Emotionalisierung“ in der palästinasolidarischen Szene | |
infolge der [3][Auflösung des Palästina-Kongresses] und der [4][Räumung des | |
Palästina-Camps] vor dem Bundestag vergangenen Freitag. Im Vorfeld seien 30 | |
sogenannte Gefährderansprachen durchgeführt worden. Außerdem wisse man | |
nicht, mutmaßte Katte, wie die linke Szene auf die [5][Verhaftung des | |
ehemaligen RAF-Mitglieds Daniela Klette im Februar] reagiere. | |
## „Niedrige Einschreitschwelle“ | |
Stephan Katte, der die Polizeidirektion Einsatz/Verkehr leitet, | |
versicherte, die Revolutionäre 1.-Mai-Demo werde genauso behandelt wie jede | |
andere angemeldete Versammlung auch. Dennoch sei die Polizei vorbereitet | |
und stelle wie auch in den Vorjahren an neuralgischen Punkten Flutlichter | |
auf. Zudem würden Glascontainer entlang der Route vorsorglich geleert. | |
Bereits am Montagvormittag hatte Innensenatorin Iris Spranger (SPD) im | |
Innenausschuss des Abgeordnetenhauses die Polizei als „neutralen Garanten | |
der Versammlungsfreiheit“ bezeichnet. Zugleich kündigte Spranger aber an, | |
die „Einschreitschwelle“ der Polizei am 1. Mai sei niedrig. | |
Polizeipräsidentin Barbara Slowik legte den Fokus auf „antisemitische, | |
israelfeindliche Sprechchöre“, bei denen die Polizei „unverzüglich | |
Maßnahmen ergreifen“ werde. Als antisemitisch gelten Parolen wie „From the | |
River to the Sea…“ | |
## 21 Demos für den 1. Mai angemeldet | |
Insgesamt sind für den Feiertag 21 Versammlungen angemeldet, neben der | |
Revolutionären 1.-Mai-Demo am Abend durch Kreuzberg und Neukölln die | |
traditionelle Gewerkschaftsdemo in Mitte am Vormittag sowie die | |
„MyGruni“-Demonstration im Villenviertel Grunewald am Nachmittag. | |
Der Auftakt findet aber wie gewohnt am Vorabend statt: Durch Wedding und | |
Gesundbrunnen läuft die „Hände weg vom Wedding“-Demonstration und durch | |
Friedrichshain und Kreuzberg die queerfeministische „Take Back the | |
Night“-Demo. Die Berliner Polizei sprach am Montag von einer „Gemengelage“ | |
in der Walpurgisnacht, zu der neben den Demos auch das erwartete gute | |
Wetter mit vollen Parks beitrage. Bereits am 30. April sollen 3.000 | |
Polizist*innen Dienst schieben. | |
29 Apr 2024 | |
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## AUTOREN | |
Hanno Fleckenstein | |
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