# taz.de -- Bewegungstermine in Berlin: What Solution, Revolution? | |
> Was geht um den 1. Mai in Berlin und Umgebung? Alle Termine für | |
> Klassenkampf, soziale Revolution und Frieden gibt es hier in der | |
> taz-Übersicht. | |
Bild: Ein Block schwarz Vermummter zieht nachts am 1. Mai durch Kreuzberg | |
„Wird es nicht geben. Punkt“, sagt Bürgermeister Wegner zum Entscheid des | |
Volkes, Deutsche Wohnen & Co zu enteignen. „Das Klimaschutzgesetz ist das | |
Problem“, sagt Bundesverkehrsminister Wissing, der das fossile Kapital | |
beschützen will. „Wir müssen alle mehr arbeiten“, rufen Wirtschaftsbosse, | |
CDUler und FDPler – meinen aber eigentlich „Ihr müsst alle mehr für uns | |
arbeiten“. | |
Es geht noch weiter: Bundeskanzler Scholz will „in großem Stil abschieben“ | |
und Verteidigungsminister Pistorius findet: „Wir müssen kriegstüchtig | |
werden“. Deutschland liefert Offensivwaffen an Israel, während sich | |
Berichte über Kriegsverbrechen häufen. Und die Grünen drucken Rettungsringe | |
auf Wahlplakate – nachdem die Parteispitze im Zuge der GEAS-Reform für | |
Asylgrenzverfahren unter Haftbedingungen (auch für Kinder) getrommelt hat. | |
Traditionell ist der 1. Mai der Tag, an dem die Ausgebeuteten ihren | |
aufgestauten Frust über solche Meldungen entladen können. Angefacht werden | |
soll so der Klassenkampf. Und der ist auch bitter notwendig, wie diese | |
Sätze zeigen. Denn um gegen kapitalistische und imperialistische Interessen | |
anzukommen, kann man nicht auf die politische Klasse setzen. Dazu braucht | |
es Druck von unten, der den Herrschenden keine Wahl lässt – oder, noch | |
besser, die Herrschaft gleich beseitigt. Wird das klappen, an diesem 1. Mai | |
in Berlin? | |
## Revolutionäre 1. Mai Demonstration | |
Das Gravitationszentrum der Protesttage ist natürlich auch in diesem Jahr | |
die [1][Revolutionäre 1. Mai Demonstration]. Unter dem Motto „Konzerne | |
enteignen, Kriegstreiber entwaffnen, Kapitalismus zerschlagen!“ startet die | |
Demo um 18 Uhr am U-Bahnhof Südstern. Bereits ab 16:30 Uhr gibt es dort | |
Musik zu hören. Die Demoroute führt über die Hasenheide zum Hermannplatz | |
und von dort aus über die Karl-Marx-Straße und Fuldastraße zur Sonnenallee | |
und dann wieder zurück zum Südstern. Eine Demokarte zum Download im | |
JGP-Format [2][findet sich hier]. | |
[3][Der Aufruf liest sich klassisch]: Eine Kritik an Aufrüstung, | |
Imperialismus und Sozialkürzungen, während sich die Politik an den | |
Faschismus anbiedert und immer repressiver etwa gegen Antifaschismus und | |
Palästinasolidarität vorgeht. Und tatsächlich könnte die Polizei wegen | |
letzterer dieses Jahr besonders rabiat vorgehen. | |
## Take back the night! | |
Traditionell startet der Demomarathon aber bereits am Vorabend. Auch in | |
diesem Jahr findet die FLINTA*-only-Demo [4][„Take Back The Night“] statt, | |
dieses Jahr unter dem Motto: „We are the witches you couldn’t burn“. Im | |
Mittelpunkt steht die Kontinuität der Unterdrückung all jener, die sich | |
nicht in die Herrschaftssysteme von Patriarchat, Kolonialismus und | |
Kapitalismus einfügen wollen. Los geht es um 20 Uhr am Boxhagener Platz. | |
Von dort aus geht es unter anderem über die Mainzer- und Rigaer Straße. | |
Auch hier ist mit verstärkter Polizeirepression zu rechnen. | |
Hände weg vom Wedding! | |
Im Wedding hat sich am Vorabend des 1. Mais die Stadtteildemo der Gruppe | |
[5][Hände Weg vom Wedding] etabliert. Unter dem Motto [6][„Frieden und | |
soziale Gerechtigkeit! Nein zu Krieg, Sozial- und Grundrechtsabbau!“] geht | |
es auch hier um die bundesdeutsche Militarisierung, während zeitgleich | |
Sozialausgaben gekürzt werden, Konzerne Rekordgewinne einfahren und der | |
Faschismus immer stärker wird. Die Demo verlief in den letzten Jahren ohne | |
Zwischenfälle. Los geht es um 18 Uhr am Leopoldplatz, von wo aus es zum S- | |
und U-Bahnhof Gesundbrunnen geht. | |
## Gegen Milliardäre, für Sozialismus | |
Auch in Lichtenberg gibt es dieses Jahr eine Vorabenddemo. Unter dem Motto | |
[7][„Milliardäre stürzen, Kriegstreiber entwaffenen, Sozialismus | |
erkämpfen“] ruft die [8][Förderation Klassenkämpferischer Organisationen] | |
zum Protest auf. Los geht es um 18 Uhr am Roederplatz, beim [9][Jugendclub | |
Tube]. Von dort aus geht es über die Möllendorffstraße und Rathausstraße | |
zur Frankfurter Allee am U-Bahnhof Lichtenberg. | |
## Klassenkampf macht Dampf | |
Der erste Mai selbst startet traditionell mit der Gewerkschaftsdemo, | |
Treffpunkt ist hier um 10 Uhr am U-Bahnhof Weberwiese. Das Motto: | |
[10][„Mehr Lohn, mehr Freizeit, mehr Sicherheit“]. Es wird einen | |
[11][klassenkämpferischen Block] geben, der unter dem Motto „Gegen Krieg, | |
Kürzungspolitik und rechte Hetze“ zu einem offensiveren Gewerkschaftskampf | |
und politischen Streiks aufruft. Denn nur so – als selbstbewusste, | |
streikbereite Arbeiter:innenschaft – ist es möglich, sich effektiv | |
Militarismus, Sozialkürzungen und Faschismus entgegenzustellen. | |
## Razzia im Villenviertel | |
Aber immer nur Demos, Demos, Demos – sind das nicht auch einfach nur | |
Appelle an die Politik? Die Mauern der sozialen Ungleichheit einzureißen | |
ist Handarbeit, wissen die freundlichen Genoss:innen der | |
Spezial-Enteignungs-Kräfte (S.E.K.) von der Soko Villenviertel. Die nimmt | |
auch dieses Jahr den Kriminalitätshotspot Grunewald unter die Lupe, wo | |
kriminelle Familienclans fast täglich Verbrechen wie Steuerflucht, | |
millionenfacher Raub, demokratiefährdene Umtriebe und gemeinwohlschädliche | |
Bankengründungen begehen. | |
Zeit deshalb, die Abrissbirne zu holen, um die Mauern einzureißen, hinter | |
der sich die Früchte aller Menschen Arbeit verstecken. Die satirische Demo | |
für Umverteilung [12][von der Gruppe MyGruni] startet unter dem Motto | |
„Razzia im Villenviertel“ um 13 Uhr am Johannaplatz in Grunewald. Es gibt | |
eine Fahrrad-Zubringerdemo, die um 11:30 Uhr am Falkplatz an der | |
Max-Schmeling-Halle startet und etwa gegen 12 Uhr am Roten Rathaus und um | |
12:30 Uhr an der Bülowstraße vorbeikommen wird. Eine Wegbringer-Demo führt | |
wieder zur Gneisenaustraße, von wo aus es nur ein Katzensprung zur | |
18-Uhr-Demo ist. | |
## Clubarbeiter:innen aller Länder | |
Konkreten Arbeitskampf stellt die noch in den Kinderschuhen steckende | |
[13][Berliner Clubarbeitenden Gewerkschaft] (BCG) auf die Beine. Denn die | |
ruft Beschäftigte aus der Berliner Feierszene [14][zum Protest] auf. Die | |
Rechte von Clubarbeitenden würden oft nicht ernst genommen, heißt es im | |
Aufruf. Kritisiert wird etwa Unterbezahlung, unsichere Arbeitsverhältnisse | |
und die „hire-and-fire“-Policy vieler Clubs. Auf der Demo, die um 16 Uhr am | |
Ernst-Reuter-Platz beginnt, wird es Reden und DJ-Sets geben. | |
## Jugend gegen Krieg und Krise | |
Für die nächste Generation klassenkämpferischer Aktivist:innen findet | |
außerdem eine Jugenddemo statt. Unter dem Motto [15][„Jugend gegen Krieg | |
und Krise“] rufen linke Jugendorganisationen auf die Straße für ein | |
lebenswertes Berlin unabhängig vom elterlichen Einkommen. Es geht auch | |
gegen den rechten Sicherheitswahn, der jugendlichen Subkulturen – etwa den | |
Fanszenen von Sportvereinen – schadet. Los geht es um 15 Uhr am | |
Spreewaldplatz in Kreuzberg. Auch diese Demo führt zum Südstern, wo die | |
18-Uhr-Demo startet. | |
## 2. Mai – Kampftag der Arbeitslosen | |
Und übrigens gilt auch in diesem Jahr: Zweiter Mai, es ist nie vorbei! Im | |
Schatten des 1. Mais hat sich am Folgetag der Kampf- und Feiertag der | |
Arbeitslosen etabliert. Denn alle Menschen sollten in den Genuß kommen, | |
keine Arbeit zu haben. Selbst die Industrie will ja immer mehr | |
Arbeitsstellen wegrationalisieren. Wenn das Fernbleiben von der | |
Arbeitsstelle aber solche Produktivitätssprünge ermöglicht, ist es wirklich | |
zu viel verlangt, sich dafür vom Staat bezahlen lassen zu wollen? | |
Die [16][Basta! Erwerbslosenini] ruft unter dem Motto [17][„Gegen den Zwang | |
zur Lohnarbeit“] zum Protest auf. Es geht dabei um die Hetze von Politik | |
und Kapital gegen die Arbeitslosen und die fortwährende Steigerung der | |
ökonomischen Produktivität – die sich aus irgendeinem Grund aber nicht in | |
weniger Arbeitszeit übersetzt. Die Lösung für das Problem, dass viel zu | |
viel sinnloser Scheiß produziert wird, liegt auf der Hand: Weniger Arbeit | |
und ein bedingungsloses Grundeinkommen für alle (Donnerstag, 2. 4., Baiz, | |
Schönhauser Allee 26a, 13 Uhr). | |
29 Apr 2024 | |
## LINKS | |
[1] /MyFest-in-Kreuzberg-abgesagt/!6002557 | |
[2] https://erstermai.nostate.net/content/images/20240424130410-1000003841.jpg | |
[3] https://1mai.blackblogs.org/?p=1256 | |
[4] https://takebackthenightberlin.noblogs.org/post/2024/04/15/aufruf2024/ | |
[5] https://www.unverwertbar.org/ | |
[6] https://www.unverwertbar.org/aktuell/2024/8731/ | |
[7] https://www.instagram.com/p/C5VUwzosgA_/ | |
[8] https://twitter.com/FKOonline | |
[9] https://www.sozdia.de/taetigkeitsbereiche/kinder-und-jugendklubs/tube/ueber… | |
[10] https://www.dgb.de/erster-mai-tag-der-arbeit | |
[11] https://klassenkampf.noblogs.org/ | |
[12] https://mygruni.de/ | |
[13] https://www.instagram.com/berlinclubgewerkschaft/ | |
[14] https://de.ra.co/events/1900078 | |
[15] https://stressfaktor.squat.net/node/288203 | |
[16] https://bastaberlin.de/ueber | |
[17] https://stressfaktor.squat.net/node/305139 | |
## AUTOREN | |
Timm Kühn | |
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