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# taz.de -- Krieg im Gazastreifen: Israel wehrt sich gegen Boykott
> Die Türkei will den Handel mit Israel so lange stoppen, bis die
> israelische Regierung einem Waffenstillstand im Gazastreifen zustimmt.
Bild: Preisschilder in einem Bekleidungsgeschäft. Die Inflation ist in der Tü…
Istanbul taz | Die israelische Regierung wehrt sich gegen einen
Handelsboykott der Türkei. Am Wochenende kündigte die Regierung Benjamin
Netanjahu an, Beschwerde bei der Industriestaatenorganisation OECD
einzureichen, weil die Türkei am Donnerstagabend gedroht hatte, den
gesamten Handel mit Israel auszusetzen. Dies solle so lange gelten, bis
Israel einem Waffenstillstand im Gazakrieg zustimmt und die Menge der
humanitären Hilfe in den Gazastreifen signifikant erhöht wird.
Israels Wirtschaftsminister sagte, Präsident Recep Tayyip Erdoğan sei ein
„antisemitischer Diktator“, der mit dem Handelsboykott gegen
internationales Seerecht verstoße und globale Lieferketten unterbreche. Das
bezieht sich unter anderem auf israelische Ölimporte aus Aserbaidschan, die
bislang über die Türkei liefen. Die OECD soll gegen die „wahnhafte
Entscheidung“ vorgehen, die der gesamten europäischen Wirtschaft schade.
Tatsächlich ist ein Boykott des gesamten Handels mit Israel bislang ohne
Vorbild. In den langen Auf und Abs der türkisch-israelischen Beziehungen
hat es nie einen vollständigen Boykott gegeben, im Gegenteil. Auch wenn es
schlecht zwischen den beiden Ländern lief, war der Handel noch so etwas wie
die Lebenslinie der Beziehungen. Auch wenn sich Israel nun lautstark über
die Aussetzung des Handels beschwert, trägt vor allem die türkische
Wirtschaft den Schaden davon.
Das Handelsvolumen zwischen beiden Ländern betrug 2023 rund sieben
Milliarden Dollar. Dreiviertel davon waren türkische Exporte nach Israel,
nur ein Viertel Importe aus Israel. [1][Der sowieso stark kriselnden
türkischen Wirtschaft] wird diese Maßnahme deshalb sicher nicht helfen. Die
türkische Wirtschaft hat mit einer anhaltenden Inflation von 70 Prozent zu
kämpfen. Die Lebenshaltungskosten insbesondere für Lebensmittel sind im
letzten Monat um 5 Prozent gegenüber dem Vormonat gestiegen. Devisen aus
Exportgeschäften wären deshalb bitter nötig. Türkische Exporteure denken
laut der Nachrichtenagentur Reuters bereits darüber nach, wie sie die
Sanktionen umgehen können. Es ist die Rede davon, Exportgüter über den
Balkan nach Israel zu schleusen.
## Erdogan hatte lange gezögert
Die wichtigsten türkischen Exportgüter nach Israel sind Maschinen,
elektrische Geräte, Fahrzeuge und Stahl. Wegen der wirtschaftlichen und
politischen Auswirkungen des Handelsboykotts für die Türkei hat Erdoğan
lange mit diesem Schritt gezögert. Zunächst hatte es nur
Handelsbeschränkungen für einige ausgesuchte Güter gegeben. Innenpolitisch
war Erdoğan aber wegen dem Widerspruch zwischen seiner verbalen
Verurteilung des Krieges im Gazastreifen und dem anhaltenden Handel mit
Israel immer mehr unter Druck geraten.
[2][Bei den für Erdoğan desaströsen Kommunalwahlen am 31. März] hatte vor
allem die islamistische Konkurrenz von Yeni Refah Erdoğans „Doppelmoral“
kritisiert und damit erhebliche Stimmengewinne erzielt. Für Erdoğan war es
das erste Mal nach 20 Jahren Regierung, dass eine Abspaltung aus seinem
eigenen ideologischen Lager rund 8 Prozent der Stimmen holen konnte.
Außenpolitisch geht Erdoğan mit diesem Schritt allerdings ein erhebliches
Risiko ein.
Nicht nur potenzielle Investoren aus den USA und Europa werden
abgeschreckt, auch seine Versuche der Wiederannäherung an die EU und die
USA könnten erheblichen Schaden nehmen. Sein Treffen mit dem US-Präsidenten
Joe Biden, das eigentlich für den 9. Mai geplant war und Erdoğans erster
Empfang im Weißen Haus seit Bidens Amtsantritt werden sollte, ist bereits
gecancelt worden. Auch Verhandlungen zwischen der Türkei und der EU über
eine Erweiterung der Zollunion könnten durch einen Handelsboykott mit
Israel beeinträchtigt werden.
Erdoğan rechtfertigte seinen Schritt am Wochenende noch einmal damit, dass
der Handelsboykott dazu beitragen solle, Druck auf Israel zu erzeugen,
damit dieses einem Waffenstillstand mit der Hamas zustimmen und das Leid
der palästinensischen Zivilisten dadurch gelindert werden könnte.
5 May 2024
## LINKS
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## AUTOREN
Jürgen Gottschlich
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