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# taz.de -- Ausstellung über Kunstfälschung: Der Wunsch, sich täuschen zu la…
> Das Kurpfälzische Museum Heidelberg widmet den Fälschungen von
> Kunstwerken eine Ausstellung. Sie gehören zur Geschichte der Kunst.
Bild: Edgar Mrugallas „Fränzi liegend“ (Fälschung nach Erich Heckel), Hol…
Danksagungen an wichtige Leihgeber sind im Ausstellungsbetrieb nicht
ungewöhnlich. Das Landeskriminalamt findet man allerdings eher selten
gelistet. Eine Tafel am Eingang zur aktuellen Sonderschau im Kurpfälzischen
Museum Heidelberg klärt auf: Etliche der gezeigten Werke stammen aus den
Asservatenkammern der LKAs Berlin, Bayern und Baden-Württemberg. Sie sind
als Dauerleihgabe seit 2021 Teil der Heidelberger
Fälschungs-Studien-Sammlung.
„Kunst und Fälschung“ präsentiert nun nicht allein konfiszierte Bilder, um
sie ihren Originalen oder deren Abbildern gegenüberzustellen. Die von
Studierenden der Uni Heidelberg rund um den Professor für Europäische
Kunstgeschichte Henry Keazor konzipierte Ausstellung will eine Kontinuität
aufzeigen: Die Geschichte der Kunst (womit man sich hier auf Malerei und
Druckgrafik konzentriert) sei immer schon auch eine ihrer Fälschungen
gewesen.
Erst die Absicht zur Täuschung macht allerdings die Straftat, von einer
kopierten Unterschrift bis zur kompletten Neuerfindung, von komplexen
Kopien bis zur „Hall of Shame“ der weniger gelungenen Bilder-Fakes. Mal
stimmt der Pinselduktus nicht, mal erscheint das gefälschte Motiv als
spiegelverkehrte Version eines bestehenden Bildes – so bei der Sommerwiese
von Otto Modersohn.
Schwieriger wird es da schon beim vermeintlichen Knabenbildnis von
[1][Lucas Cranach], das sich als 2007 angefertigte Fälschung von Christian
Goller herausstellen sollte. Der Teufel liegt beim Erkennen des Falschen im
Detail.
„Mein Triumph als Fälscher war meine Niederlage als schöpferischer
Künstler,“ wird der niederländische Kunstfälscher Han van Meegeren
(1889–1947) zitiert. Bei manchem mag es nicht für eine eigene künstlerische
Laufbahn gereicht haben, andere waren wohl schlicht zu schnell erfolgreich.
Bei aller Anerkennung von Kunstfertigkeit und Einfallsreichtum der Blender
ist diese Ausstellung fraglos ein Plädoyer für die Autorenschaft: Jede
[2][Fälschung zieht ihre Daseinsberechtigung] allein aus dem Wissen um ein
Original.
## Fachkundige Seitenhiebe
Auch der 2011 verurteilte [3][Wolfgang Beltracchi], der in hier gezeigten
Filmausschnitten das eigene Können beschwört (Vermeer, Leonardo? – „Gar
nicht schwierig!“), erfährt manch fachkundigen Seitenhieb. „Vergleichsweise
nachlässig,“ attestieren die KuratorInnen seinem gefälschten Molzahn. Und
[4][Heinrich Campendonk, der Farbe und Form einander ebenbürtig einsetzte,]
erscheint im direkten Vergleich deutlich innovativer als die eigenmächtige
Beltracchi-Neuerfindung, die den Maler mit Konturierungen regelrecht
„ent-modernisierte“.
Im Blending verschiedener Stile mag man manche Parallele entdecken:
Erscheint nicht die künstliche Bildgenerierung heute als eine
zeitgenössische (wenngleich derzeit noch reichlich ungelenke) Form des
Pasticcio?
Tatsächlich ist ein Ausstellungsbesuch auch in ganz anderer Hinsicht
aufschlussreich. Denn das Angebot, sich täuschen zu lassen, trifft
selbstredend auf einen Bedarf.
Beileibe nicht nur in der Kunst, wie die bisweilen autoritär-romantischen
Utopien aus Deutschland, Nahost, China oder den USA belegen, die in den
letzten Monaten das Internet fluteten. Sie sind ästhetisch oft unfreiwillig
komisch, motivischer Unsinn. Und doch verfangen die offenkundig
ausgedachten Bildwelten bei nicht wenigen Menschen. Das feeling, die
Bestätigung der gefühlten Wirklichkeit, geht vor.
Das Finale der Ausstellung bildet denn eine beachtliche Bildneuschöpfung:
Ein nie zuvor gesehener Rembrandt thront hinter einer musealen Absperrung.
2016 ließ eine niederländische Werbeagentur für eine Kampagne das
echt-unechte Gemälde von einer [5][KI generieren, die zuvor mit 346
Rembrandt-Gemälden] aus dem Bestand namhafter Museen gespeist wurde. Das
Motiv ließ man anschließend für ein möglichst authentisches Resultat in
zahlreichen Schichten mit Ölfarbe auf Leinwand drucken.
Die perfekte Fälschung, lehrt diese Schau, gibt es so nicht. Das gilt bis
auf Weiteres auch für die KI. Sobald die künstlich generierten Bilder den
virtuellen Raum verlassen, müssen sie sich in der stofflichen Realität
behaupten. Mindestens für die Kunst gibt es noch Hoffnung durch diese
Rückbindung an die Welt: Der [6][neue, alte Rembrandt] würde wohl
spätestens dann auffliegen, wenn Bildrückwand, Rahmen oder sonstige
Parameter Zweifel aufkommen lassen. So müsste händisch und gedanklich eine
ganze Menge unternommen werden, um die motivische auch in eine
materialtechnisch überzeugende Fälschung zu übersetzen.
24 Apr 2024
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## AUTOREN
Katharina J. Cichosch
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Bildende Kunst
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