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# taz.de -- Neue Maßnahme am Hamburger Hauptbahnhof: Bad Cops wollen auch die …
> Seit sieben Wochen setzt Hamburg „Sozialraumläufer“ am Hauptbahnhof ein.
> Das Konzept ist umstritten, aber Behörde und Läufer ziehen positive
> Bilanz.
Bild: Sollen einander ergänzen: Sichtschutzzaun vor dem „Drob Inn“ und Soz…
Hamburg taz | Es hatte schon Kritik gehagelt, als Hamburgs Sozialsenatorin
Melanie Schlotzhauer (SPD) den Einsatz von [1][„Sozialraumläufern“ rund um
den Hauptbahnhof] und die Drogenberatungsstelle „Drob Inn“ ankündigte. Denn
es sollten keineswegs, wie der Name suggeriert, zusätzliche Sozialarbeiter
auf die Straße gebracht werden, sondern [2][Mitarbeitende eines
Sicherheitsdienstes]. Die Firma, die Staatsräte der Sozialbehörde und drei
der 20 dort Beschäftigten traten nun am Donnerstag vor die Presse – und
zogen nach den ersten sieben Wochen ein positives Fazit.
„Es ist unglaublich, wie dankbar die Menschen vor Ort sind, dass wir da
sind“, sagte Tony Fleischer, Chef von „Pro Sicherheit“, die den zunächst
auf acht Monate begrenzten Auftrag von der Stadt übernahm. „Wir sehen uns
als Dienstleister, nicht als Türsteher“, sagte er.
Die Beschäftigten hätten durch die Sozialbehörde eine mehrtätige
Vorbereitung erhalten, in der sie die Einrichtungen und Akteure vor Ort
kennen gelernt hätten, und seien anschließend in Deeskalation geschult
worden, die nur mit Worten passiere. „Nichtsdestotrotz versuchen wir,
gewisse Regeln durchzusetzen.“
„Für mich persönlich ist es eine große Bereicherung, diese Arbeit
aufzunehmen“, sagte Sozialraumläufer Kevin. Dass nicht mehr der
Sicherheitsdienst, sondern der soziale Aspekt im Vordergrund stehe, sei
seine „Motivation für diesen Job“. „Ich mache das, weil ich gern den
Menschen helfe“, ergänzte Sozialläufer Carsten. Wie ihre Kollegin Bettina
wollen sie nur mit Vornamen genannt werden.
## Aggressionen kommen eher von den Nachbarn
Die Team läuft zu dritt in roten Jacken mit der Aufschrift „Sicher, sozial,
vor Ort“ rund um den Hauptbahnhof. In zwei Schichten von sechs bis 14 und
von 14 bis 22 Uhr sind sie auf den Beinen, laut Fleischer ohne
Pfefferspray, Weste oder andere Utensilien zur Selbstverteidigung.
„Wir sind für alle Menschen da“, sagt Kevin, „für Obdachlose ebenso wie…
Touristen, die nach dem Weg fragen.“ Etwa 70 Prozent der Zeit verbrächten
die Teams vor der Drogenhilfe-Einrichtung „Drob Inn“. Man kenne schon
etliche der Klienten mit Namen, habe neulich einem Mann, der nur in Socken
herrumlief, zu warmen Schuhen verholfen, berichtet Bettina. Auch erste
Hilfe bei Unterkühlung hätten sie schon geleistet.
Die Obdachlosen und Suchtkranken freuten sich, dass sie jemand zum Reden
haben, sagt Kevin. „Viele werden ja ignoriert von vielen Leuten. Und wir
sind halt da und reden mit denen.“ Aggressionen gebe es wenig. Wenn, dann
wären es Nachbarn und Anwohner, die „ein bisschen gnatschig“ sind.
Insgesamt „über 1.000 Hilfestellungen“ hätten die Teams in den ersten
sieben Wochen gegeben, sagt Fleischer. Das werde dokumentiert. Zu den
Regeln, auf die sie hinweisen, gehört laut Staatsrat Tim Angerer, der mal
mitgelaufen ist, das Männer nicht am helllichten Tag auf der Wiese
urinieren, sondern die dort aufgestellte Toilette nutzen, dass sie den Müll
nicht fallen lassen, sondern in den Behälter tun, oder dass eine
Crackpfeife nicht im Hauseingang geraucht wird, sondern im „Drob Inn“.
## Sozialarbeiter sollen Vertrauen nicht aufs Spiel setzen
[3][An dem Sozialläuferkonzept] hatte unter anderem die „Landesstelle für
Suchtfragen“ deutliche Kritik geäußert. Der Bedarf für die
Interventionsteams, zusätzlich zu Polizei und Straßensozialarbeit, sei
nicht gegeben. Man müsse aufpassen, dass die Betroffenen nicht von zu
vielen unterschiedlichen Stellen angesprochen werden und dies zu Belastung
und Verdrängung führt, [4][so eine Stellungnahme]. Nicht vor den
Hilfseinrichtungen, allenfalls vor dem ebenfalls seit Anfang März
errichteten Sichtschutzzaun am August-Bebel-Platz könnte ein
Mediationsdienst aktiv werden – dann und „bei der Stadtgesellschaft auch
Voyeurismus ansprechen“.
Die Sozialbehörde hält dagegen, dass andere Städte in ähnlicher Lage wie
Wien, mit solchen Interventionsteams gute Erfahrungen machten. Nur haben in
Wien die dort Mitarbeitenden Berufe mit psychosozialem Hintergrund.
Gefragt, warum denn für diese Aufgabe nicht zusätzliche Sozialarbeiter auf
die Straße gebracht wurden statt fortgebildeter Security-Leute, sagt
Staatsrätin Petra Lotzkat: „Wir wollten nicht, dass die den Teil der
regelbasierten Ansprache übernehmen müssen. Weil Sozialarbeiter das
Vertrauen für die Einzelarbeit verlieren würden.“ Es sei darum gegangen, an
der Schnittstelle [5][zwischen Polizei] und Straßensozialarbeit etwas Neues
zu probieren. „Wir wollen Sozialarbeit nicht überformen“, ergänzt Angerer.
Natürlich nehme man die Skepsis wahr; sei mit dem „Drob Inn“ und der
Bahnhofsmission im Gespräch. „Das sind wichtige Partner, deren Sorgen wir
ernst nehmen“, sagt Angerer. Es gebe wöchentliche Feedback-Schleifen zur
Frage, ob es gut läuft. „Es ist eine Idee, da kann es sein, dass sie nicht
funktioniert“, sagte Lotzkat. Im Gespräch vor dem Pressetermin mit den
Sozialläufern hätten die drei sie sehr beeindruckt, „von der Haltung her“.
25 Apr 2024
## LINKS
[1] /Hamburger-Hauptbahnhof/!5990597
[2] https://www.linksfraktion-hamburg.de/hauptbahnhof-sicherheitsdienst-ersetzt…
[3] /Wohlfuehlen-am-Hamburger-Hauptbahnhof/!6000895
[4] https://www.landesstelle-hamburg.de/eine-fachliche-kommentierung-der-von-de…
[5] /Sicherheit-am-Hamburger-Hauptbahnhof/!5945319
## AUTOREN
Kaija Kutter
## TAGS
Hauptbahnhof
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