# taz.de -- Fachkräftequote in Hamburgs Pflegeheimen: Kümmert euch um die Pfl… | |
> Die Hälfte aller Arbeitskräfte in Pflegeheimen müssen Fachkräfte sein. | |
> Hamburg will die Regel nun „flexibilisieren“. Verständlich ist das, gut | |
> nicht. | |
Bild: Fachkraft oder nicht? Mitarbeiterin in einem Pflegeheim in Filderstadt | |
Es klingt nach einem verzweifelten Schritt: Hamburg will die Fachkraftquote | |
in Pflegeheimen senken. Der Grund: natürlich wie immer der | |
Fachkräftemangel. Damit titelten das Hamburger Abendblatt und der NDR am | |
Montag. | |
Auf Anfrage der taz schwächt die Sozialbehörde die Nachricht ein wenig ab. | |
Eine generelle Absenkung der Fachkraftquote sei nicht geplant. Aber die | |
Behörde will die „Anforderungen an die Personalausstattung“ in der | |
vollstationären Pflege „flexibilisieren“. | |
Was heißt das konkret? Im Moment muss jede zweite Arbeitskraft in | |
Hamburger Pflegeheimen eine Fachkraft sein. Alle weiteren Arbeitskräfte | |
dürfen Hilfskräfte beziehungsweise Pflegeassistent*innen sein. Diese | |
Regelung führt aktuell in Hamburg dazu, dass [1][gut 1.300 Pflegeplätze | |
gesperrt] sind, weil der Fachkräfteschlüssel für diese Plätze sonst nicht | |
eingehalten werden könnte. | |
Die Behörde will diesen Schlüssel nun „nicht generell“ absenken, aber sie | |
will es möglich machen, dass dieser Schlüssel nicht mehr ganz so streng | |
gehandhabt wird. So soll es den Heimen beispielsweise möglich gemacht | |
werden, zu bestimmten Zeiten, etwa in der Nacht, mit weniger Fachkräften | |
und dafür mehr Pflegeassistent*innen zu arbeiten. | |
## Schlechte Arbeitsbedingungen | |
Wie [2][die neue Regelung] genau formuliert sein soll, ist noch nicht klar. | |
In Kraft treten soll sie aber laut Sozialbehörde spätestens Ende Juni. Die | |
Betreuungsqualität solle darunter nicht leiden, betont die Behörde. | |
Sozialverbände haben diese Maßnahme schon länger gefordert. Und für | |
Menschen, die gerade dringend auf einen Pflegeplatz für sich oder ihre | |
Angehörigen warten, ist das sicherlich auch eine gute Nachricht. Und | |
natürlich kann man dem Land nicht vorwerfen, dass es versucht, dringend | |
benötigte Pflegeplätze zu schaffen. | |
Aber ob dieser Schritt, der ein [3][Symptom der eklatanten Pflegekrise] | |
ist, in dieser Situation der richtige ist, lässt sich trotzdem bezweifeln. | |
2021 hat eine Studie aus Bremen ergeben, dass Pflegekräfte vor allem | |
deshalb in Teilzeit gehen, [4][weil die Arbeitsbedingungen so schlecht] | |
sind. Denn die Fachkräfte sind oft überlastet. Dienstpläne und | |
Schichtsysteme sind nicht arbeitnehmer*innenfreundlich. Oft müssen | |
Pflegekräfte kurzfristig einspringen. Die Krankenstände sind hoch. | |
Dass die Arbeitsbedingungen und die Belastung in der Pflege besser werden, | |
wenn sich weniger Fachkräfte die gleiche Verantwortung teilen, ist | |
unrealistisch. Hilfs- und Assistenzkräfte in der Pflege haben aufgrund | |
ihrer Ausbildung weniger Kompetenzen als Fachkräfte. Das heißt aber auch, | |
dass im Zweifel für bestimmte Tätigkeiten doch eine Fachkraft hinzugezogen | |
werden muss. | |
Zudem schafft die Regelung mehr schlecht bezahlte Jobs, weil die | |
Assistenzkräfte weniger verdienen. Den Teufelskreis von [5][schlechten | |
Arbeitsbedingungen und Fachkräftemangel] wird die geplante | |
„Flexibilisierung“ ganz sicher nicht aufhalten. | |
24 Apr 2024 | |
## LINKS | |
[1] /DRK-Praesidentin-ueber-Pflegenotstand/!5980558 | |
[2] https://gesundheit-soziales-bildung.verdi.de/service/mittendrin/drei-63/++c… | |
[3] /Gewerkschafterin-ueber-Pflegenotstand/!6002055 | |
[4] /Modellprojekt-setzt-auf-gute-Bedingungen/!5988959 | |
[5] /Fachkraeftemangel-in-der-Pflege/!5990163 | |
## AUTOREN | |
Franziska Betz | |
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