| # taz.de -- Privatisierte Pflegeheime in Hamburg: Senat sondiert Möglichkeiten… | |
| > Hamburgs rot-grüner Senat erwägt, die 2007 privatisierten Pflegeheime des | |
| > Trägers „Pflegen und Wohnen“ zurückzukaufen. 2026 endet deren | |
| > Bestandsschutz. | |
| Bild: Einer von 13 Standorten: das Heim in Hamburg-Farmsen | |
| Hamburg taz | In der Hamburger Politik wird darüber nachgedacht, den | |
| Heimbetreiber [1][Pflegen und Wohnen] zu rekommunalisieren. Das legt die | |
| Antwort des rot-grünen Senats auf eine [2][Anfrage von CDU-Abgeordneten] | |
| nahe, über die [3][der NDR zuerst berichtete]. Der CDU-Sozialpolitiker | |
| Stephan Gamm wollte wissen, ob der Senat plane, die Firma, der Heime an 13 | |
| Standorten gehören, zurückzukaufen. Der Senat antwortete, die Finanz- und | |
| die Sozialbehörde sondierten „die gegenwärtige Situation und die | |
| vertragliche Lage“. Dies biete sich an, da die Verpflichtung für die | |
| privaten Käufer, die 13 Standorte 20 Jahre zu erhalten, im Jahr 2026 | |
| ausläuft. | |
| Zu näheren Erklärungen waren am Donnerstag weder die Finanzbehörde noch die | |
| Sozialbehörde bereit. Auch Pflegen und Wohnen und ihre Mutterfirma Deutsche | |
| Wohnen wollten sich nicht äußern. Es gab allerdings auch keine lauten | |
| Dementis. | |
| In der Einleitung seiner Antwort ließ der Senat an dem 2007 unter der | |
| CDU-Regierung eingetüteten Verkaufsdeal kein gutes Haar. Da damals die | |
| Verbindlichkeiten und die Versorgungsleistungen bei der Stadt blieben, sei | |
| der Verkauf für diese „in der Gesamtschau nicht wirtschaftlich vorteilhaft“ | |
| gewesen. Gleichzeitig steige demografiebedingt die Nachfrage nach | |
| Pflegeheimplätzen. Zur Sicherstellung guter Pflege seien „gute betriebliche | |
| Strukturen“ der zentrale Schlüssel. Deutlicher wird der Senat nicht. | |
| ## SPD: Verkauf war ein Riesenfehler | |
| Die Pflegefirma, die derzeit etwa 2.400 Plätze und knapp 2.000 | |
| Mitarbeitende hat, wechselte [4][im Laufe der Jahre die Eigentümer] und | |
| gehört inzwischen zum Wohnungsbaukonzern Vonovia. Im August berichtete das | |
| Hamburger Abendblatt mit Berufung auf das Handelsblatt, dass der Konzern | |
| Immobilien im Wert von 1,5 Milliarden Euro verkaufen wolle und dies vor | |
| allem in der Pflegesparte. | |
| Die Vonovia habe die Deutsche Wohnen gekauft, der die Pflegeheime gehörten | |
| und diese quasi als Beifang übernommen, berichtet der bei der Gewerkschaft | |
| Ver.di für den Pflegebereich zuständige Sekretär Arnold Rekittke. Ein Teil | |
| der Heime in anderen Bundesländern sei bereits verkauft, unter anderem an | |
| einen chinesischen Immobilienfonds. | |
| „Die Vonovia hat das Ziel, bis Ende 2024 auch für die Hamburger Häuser | |
| einen Käufer zu finden“, sagt Rekittke. Da suche sie jemanden, der zahlt, | |
| was sie haben will. Als [5][Gewerkschaft habe Ver.di] in Hamburg mit den | |
| derzeitigen Inhabern keine schlechten Erfahrungen gemacht. „Es wäre aber | |
| gut, einen Käufer zu finden, der nicht auf Profit orientiert ist“, sagt | |
| Rekittke. | |
| Ein Kritiker des Verkaufs war der damalige Oppositionspolitiker und heutige | |
| SPD-Fraktionschef [6][Dirk Kienscherf]. Er sagte auf taz-Nachfrage, „dass | |
| die CDU Pflegen und Wohnen im Jahr 2007 verkauft hat, war ein | |
| Riesenfehler“. Die SPD habe später dafür gesorgt, dass Pflegen und Wohnen | |
| die Grundstücke nicht zur Spekulation nutzen konnte, sagt Kienscherf und | |
| spielt darauf an, dass die frühere SPD-Gesundheitssenatorin Cornelia | |
| Prüfer-Storcks 2017, als die Heimfirma [7][zwischenzeitlich an einen | |
| Hedgefonds] verkauft worden war, eine entsprechende Änderung der | |
| Bebauungspläne veranlasste. | |
| ## CDU wittert schon Wahlgeschenk | |
| Auch Kienscherf äußert sich nicht konkret zu möglichen Verhandlungen. Er | |
| sagt aber, das Unternehmen sei „lange Zeit nicht zu konstruktiven | |
| Gesprächen bereit gewesen“ und zu Pflegende dürften nicht zu | |
| Spekulationsobjekten werden. „Deswegen ist es gut und sinnvoll, sich mit | |
| der Zukunft von Pflegen und Wohnen zu beschäftigen“, sagt Kienscherf. Klar | |
| sei aber auch, dass dieses Thema nicht zur Spekulation und | |
| Gewinnmaximierung tauge, „auch wenn dies offensichtlich das Ziel der CDU zu | |
| sein scheint“. Hamburg ist im Wahlkampf. | |
| Die CDU stört sich indes an der unklaren Antwort. „Der Senat drückt sich um | |
| klare Worte. Womöglich sind die Überlegungen schon viel weiter, als hier | |
| eingeräumt wird“, sagt Stephan Gamm. Er vermute, hier werde ein | |
| Wahlgeschenk vorbereitet. Gamm hält einen Rückkauf nicht für sinnvoll: | |
| „Pflegen und Wohnen ist ein gut funktierendes Unternehmen.“ Hilfe bräuchten | |
| die unter Personalnot leidenden kleineren nicht staatlichen Heime. | |
| Die Linke hatte die Rekommunalisierung [8][schon 2017 gefordert]. Ihr | |
| Gesundheitspolitiker Deniz Celik sagt: „Wir begrüßen die positiven Signale | |
| aus dem Senat. Ein Rückkauf von Pflegen und Wohnen würde allen nützen.“ Er | |
| verweist darauf, dass allein von 2021 bis 2023 in Hamburg etwa 700 Plätze | |
| weniger belegt wurden und allein in diesem Jahr [9][fünf private Heime | |
| schlossen], weil sich der Betrieb angesichts von Personalnot nicht rentiert | |
| habe. | |
| Gehörte das Unternehmen der Stadt, könnten die Pflegebedürftigen weiterhin | |
| drauf vertrauen, ihren Platz zu behalten oder einen zu finden. Sollte aber | |
| 2026 die Verpflichtung zur Standorterhaltung auslaufen, wäre zu befürchten, | |
| dass weiter Plätze abgebaut und Einrichtungen geschlossen werden. „Für die | |
| pflegerische Versorgung wäre das katastrophal“, sagt Celik. | |
| Auch der Sozialverband SoVD Hamburg begrüßt einen Rückkauf. „Der Senat muss | |
| endlich handeln und Pflegen und Wohnen wieder in die öffentliche Hand | |
| bringen“, sagt der Vorsitzende Klaus Wicher. „Ein Pflegeheim ist keine | |
| Fabrik.“ Privatisierungen führten keineswegs automatisch zu besserer | |
| Leistung. Der Staat müsse Handeln, damit [10][Pflegebedürftige] auch Plätze | |
| finden und sie es sich leisten können. Dafür sei es nötig, alle Pflegeheime | |
| von Investitionskosten zu entlasten. Dass diese Kosten weiterhin auf die | |
| Pflegebedürftigen abgewälzt werden, so der SovD-Mann, sei ein Skandal. | |
| 6 Dec 2024 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Traegerwechsel-bei-Pflegeheimen/!5416904 | |
| [2] https://www.buergerschaft-hh.de/parldok/dokument/89212/zukunft_der_pflegen_… | |
| [3] https://www.ndr.de/nachrichten/hamburg/Hamburger-Senat-Spekulationen-ueber-… | |
| [4] https://de.wikipedia.org/wiki/Pflegen_&_Wohnen_Hamburg | |
| [5] /Streik-bei-Pflegen-und-Wohnen/!5100909 | |
| [6] https://www.buergerschaft-hh.de/parldok/dokument/31268/pflegen_und_wohnen_v… | |
| [7] /Schachern-um-Pflegen-und-Wohnen/!5410116/ | |
| [8] https://www.buergerschaft-hh.de/parldok/dokument/58207/rekommunalisierung_v… | |
| [9] https://www.ndr.de/nachrichten/hamburg/In-Hamburg-fallen-weitere-Pflegeheim… | |
| [10] /Ein-Haus-fuer-alle-in-Hamburg/!5994440 | |
| ## AUTOREN | |
| Kaija Kutter | |
| ## TAGS | |
| Pflege | |
| Rekommunalisierung | |
| Privatisierung | |
| Heime | |
| Hamburg | |
| Pflege | |
| Pflege | |
| Alten- und Pflegeheime | |
| Pflegekräftemangel | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Fachkräftemangel in Pflegeheimen: Das Pflege-Paradox | |
| Während die Zahl der Pflegebedürftigen stetig wächst, sinkt in Hamburg die | |
| Zahl der Heimplätze bereits seit Jahren. Warum lohnt der Betrieb nicht? | |
| Pflegehelfer sollen abgeschoben werden: Wichtig aber nicht gewollt | |
| Ein Heim für Demenzkranke bei Bremen fürchtet, schließen zu müssen. Ein | |
| Drittel der Pflegekräfte kommt aus Kolumbien und soll abgeschoben werden. | |
| Altenheim-Kosten: Wenn Pflege zum Luxus wird | |
| Ein Platz in einem Pflegeheim kostet im Schnitt mehr als 3.000 Euro | |
| monatlich. Für viele Senior*innen und ihre Angehörigen ist das nicht zu | |
| stemmen. | |
| Fachkräftequote in Hamburgs Pflegeheimen: Kümmert euch um die Pflege! | |
| Die Hälfte aller Arbeitskräfte in Pflegeheimen müssen Fachkräfte sein. | |
| Hamburg will die Regel nun „flexibilisieren“. Verständlich ist das, gut | |
| nicht. |