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# taz.de -- Misere der Pflegekasse: Abstieg in die Unterversorgung
> Solidarität heißt, die finanzielle Last breit zu verteilen. Eine
> Individualisierung der Pflege wäre ein Rückschritt.
Bild: Der Sozialstaat versus Individualisierung der Pflege
Nun herrscht wieder Alarm. Die Zahl der Pflegebedürftigen steigt! Und es
fehlen Hunderttausende von Pflegekräften. Was tun?
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat bereits erklärt, eine
Finanzreform der Pflege sei in dieser Legislaturperiode mit der
Ampel-Regierung nicht zu machen. Es geht also weiter wie bisher. Das
Pflegerisiko wird zunehmend individualisiert. Deutschland befindet sich in
der Pflege auf dem Weg in die Unterversorgung.
Wer pflegebedürftig wird, womöglich in einem höheren Pflegegrad, muss
steigende Eigenanteile selbst bezahlen, ob für den Heimaufenthalt oder die
Versorgung daheim durch ambulante Dienste. Um den Besitz, das Häuschen, zu
schützen und nicht zum Sozialfall zu werden, werden die Aufträge von den
Pflegebedürftigen nicht selten gekürzt. Dann wird die alte Dame oder der
alte Herr eben nur noch alle zwei Wochen geduscht. Die Inkontinenzvorlage
wird nur noch einmal am Tag gewechselt.
Essen und Trinken wird nur noch so hingestellt. Mit der Individualisierung
vermeidet man in der Politik den Streit um die [1][Finanzierung der
Pflegekosten]. Inwieweit kann man die Pflegebeiträge erhöhen, was [2][die
Krankenkassen jetzt schon ankündigen]? Höhere Beiträge belasten die
Arbeitslöhne. Welche Steuermittel könnte man einsetzen? Steuererhöhungen
für die Pflege stehen nicht auf der Agenda der Ampel-Regierung. Soll man
private und gesetzliche Pflegeversicherung zusammenlegen?
Das ist kompliziert und der Ertrag wäre begrenzt. Trotzdem müssen all diese
Fragen angegangen werden. Sonst entwickelt sich die Pflege wieder zurück in
die Verhältnisse des vergangenen Jahrhunderts, als fast alle Pflegekosten
selbst bezahlt werden mussten. 80 Prozent der Pflegeheimbewohner bezogen
Hilfe zur Pflege vom Sozialamt. Eine Pflegekasse gab es nicht. Dahin zurück
will heute niemand.
Dafür muss man sich ehrlich machen. Die [3][Gesellschaft der Langlebigen]
hat ihren Preis. Wie breit diese Belastung verteilt wird, sagt etwas aus
über den Solidaritätslevel im Sozialstaat.
28 May 2024
## LINKS
[1] /Verband-der-Krankenkassen-schlaegt-Alarm/!5905570
[2] /Beitraege-fuer-die-Pflegeversicherung/!6012892
[3] /Betagter-Quadratmeteradel/!5930805
## AUTOREN
Barbara Dribbusch
## TAGS
Gesundheitspolitik
Sozialstaat
Pflege
Karl Lauterbach
Social-Auswahl
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Pflegekräftemangel
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