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# taz.de -- Pflegenotstand in Berlin: Alles beim Alten in der Pflege?
> Nach dem Alarm in einem Pflegeheim der Domicil-Gruppe in Lichtenberg
> nimmt die Berliner Heimaufsicht die Betreiber im Abgeordnetenhaus in
> Schutz.
Bild: Pflegeunternehmen im Zwielicht: Das Heim der Domicil-Gruppe in Lichtenberg
Berlin taz | Der Fall sorgte für Aufsehen: Mitte April hatte eine Pflegerin
eines [1][Seniorenheims in Lichtenberg] nachts den Notruf gewählt, weil
keine Ablösung zur Verfügung stand. Das sei „eine Verkettung unglücklicher
Umstände“ gewesen, erklärte nun Bettina Jonas, Leiterin der Berliner
Heimaufsicht, am Montag im Gesundheitsausschuss des Abgeordnetenhauses –
und nahm so den Träger der Einrichtung, die Domicil-Unternehmensgruppe,
vorerst aus der Schusslinie.
Jonas sagte, ihre Aufsichtsbehörde habe das Heim am Tag nach dem Notruf
überprüft und die Dienstpläne untersucht. Ein Ergebnis: Der Vorfall hänge
auch mit EDV-Problemen bei der Erstellung von Dienstplänen zusammen.
Die Prüfung sei zudem sehr kooperativ verlaufen, auch mit der neuen
Heimleitung stehe man in regelmäßigem Austausch. Eine Woche nach dem
Feuerwehreinsatz in dem Seniorenheim hatte die Domicil-Gruppe die Leitung
ausgewechselt. Der Träger überprüft den Vorfall außerdem in einer eigenen,
unabhängigen Untersuchung.
Der Vorfall im April wirft erneut ein Schlaglicht auf [2][die desaströse
Personalsituation in der Altenpflege]. Der Mitarbeiterin des Heimes in
Lichtenberg war zum Ende ihrer Schicht aufgefallen, dass für die folgende
Nachtschicht keine Pflegefachkraft im Dienstplan eingetragen war. Für die
Versorgung von 142 pflegebedürftigen Menschen waren demnach nur drei
Hilfskräfte vorgesehen, ohne die für die Nacht vorgeschriebene
qualifizierte Fachkraft.
## Anonymer Hinweis auf Todesfall
Die Pflegerin versuchte daraufhin, den Bereitschaftsdienst und die
Heimleitung zu kontaktieren, allerdings ohne Erfolg. Nachdem sie den Notruf
gewählt hatte, rückten Polizei und Feuerwehr an – und schließlich auch die
Heimleitung, die eine qualifizierte Pflegefachkraft für die Nacht
organisierte. Ebenfalls in jener Nacht gab jemand einen anonymen Hinweis zu
einem Todesfall, den nun die Staatsanwaltschaft überprüft. Demnach soll die
Leiche einer Bewohnerin wegen Personalmangel erst verspätet gefunden worden
sein.
Bettina Jonas von der Heimaufsicht berichtete nun vor dem
Gesundheitsausschuss, dass am 30. Dezember in dem Pflegeheim schon einmal
der Notruf gewählt worden sei. Ihre Behörde habe davon aber erst später
erfahren, kritisierte sie: „Wir hätten informiert werden müssen.“ Warum d…
Notruf abgesetzt wurde, ließ sie offen.
Allgemein verwies Jonas auf Probleme mit Leiharbeit in der Pflege. Es werde
versucht, den Personalmangel mit Leiharbeitskräften zu lindern. Die seien
dann oft mit dem Haus und Kolleg:innen nicht vertraut und würden nicht
ausreichend eingewiesen. Darunter leide die fachgerechte Versorgung der
Bewohner:innen. Laut dem Tätigkeitsbericht der Berliner Heimaufsicht gab es
im vergangenen Jahr berlinweit 538 Beschwerden. Insgesamt gebe es aber
[3][Einrichtungen, die gut funktionierten], betonte Jonas.
Die Domicil-Gruppe schickte am Montag keinen Vertreter in den
Gesundheitsausschuss – trotz vorheriger Zusage. Die Ausschussmitglieder
hatten dafür wenig Verständnis. Elke Breitenbach, Pflegeexpertin der
Linksfraktion und ehemalige Sozialsenatorin, sagte, man solle „vorher
einfach die Klappe halten und nicht so etwas ankündigen, wenn man dann doch
nicht kommt“. Domicil betreibt laut Heimaufsicht 16 Einrichtungen in
Berlin.
13 May 2024
## LINKS
[1] /Gewerkschafterin-ueber-Pflegenotstand/!6002055
[2] /Ueberarbeitet-und-unterbezahlt/!6007340
[3] /Ueberteuerte-Pflegeheime/!6000644
## AUTOREN
Luise Greve
## TAGS
Alten- und Pflegeheime
Personalmangel
Pflege
Abgeordnetenhaus
Ausbildung
Gesundheitspolitik
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