| # taz.de -- Anwohner*innen über Kottiwache: Im goldenen Käfig | |
| > Seit mehr als einem Jahr sitzen Polizist*innen in der Wache am | |
| > Kottbusser Tor. Anwohner*innen fühlen sich von ihnen allein gelassen. | |
| Bild: Die Kotti-Wache leuchtet auf der Galerie des Neuen Kreuzberger Zentrums | |
| Berlin taz | Wer am frühen Abend durch die Straßen um das Kottbusser Tor | |
| läuft, sieht junge Menschen vor Spätis und Bars sitzen. Sie genießen die | |
| ersten frühlingshaften Sonnenstrahlen, trinken ein Bier oder holen sich auf | |
| dem Heimweg etwas zu essen. | |
| Was man nicht sieht: Der Barbesitzer an der Oranienstraße versteckt | |
| Pfefferspray hinterm Tresen, die Verkäuferin am Späti rennt Taschendieben, | |
| die ihre Kund*innen beklauen, hinterher. Die 3 Millionen Euro teure | |
| Kotti-Wache an der Adalbertstraße sollte die hohe Kriminalität im Kiez in | |
| den Griff bekommen. Stattdessen verdrängt sie drogenabhängige und | |
| wohnungslose Menschen in die umliegenden Straßen. | |
| So treffen sie sich nun außer Sichtweite, etwa in der Reichenberger Straße. | |
| Dem Besitzer des Saftstands direkt am Kotti kommt das gelegen, frei nach | |
| dem Motto „Aus den Augen, aus dem Sinn“. Er fühle sich sicherer, seitdem | |
| die Wache im Februar 2023 eröffnete, erzählt er. Ähnlich sieht es | |
| Innensenatorin Iris Spranger (SPD), die die stark umstrittene Polizeiwache | |
| immer wieder als „Erfolgsgeschichte“ bezeichnete. | |
| Doch was sagen die anderen Ladenbesitzer*innen und Anwohner*innen? | |
| Besuch in einer Bar am Kotti, ein paar Leute genießen den Feierabend mit | |
| einem Bier. Ein langjähriger Anwohner und die Bar-Managerin unterhalten | |
| sich am Tresen. Hat sich durch die Wache etwas verändert? | |
| Sie schüttelt den Kopf: „Ich beobachte sechs Verhaftungen am Tag und danach | |
| sind die Leute wieder auf der Straße unterwegs.“ Es brauche | |
| Sozialarbeiter*innen, die sich im Kiez kümmern. Die Polizei zeige zwar | |
| Präsenz, doch auf den Treppen vor der Kita und dem Spielplatz in der | |
| Dresdner Straße würden weiterhin Drogen konsumiert. | |
| ## Sozialarbeiter*innen fehlen | |
| Eine Anwohnerin aus der Dresdner Straße möchte am liebsten wegziehen, sie | |
| lebt hier seit 13 Jahren. Seit zwei Jahren verschlimmere sich die Lage in | |
| ihrer und den anderen Straßen rund um den Platz. „Seitdem mit Crack gedealt | |
| wird, sind die Straßen noch dreckiger und die Leute noch kaputter“, sagt | |
| sie. Müll, Spritzen, Flaschen lägen im Hausflur herum, manchmal würden | |
| Leute den Treppenaufgang als Toilette missbrauchen. Wohlfühlen würde sie | |
| sich schon lange nicht mehr. | |
| Statt den Menschen zu helfen, säßen die Beamt*innen in der Wache, sagt | |
| sie. Eine Nachbarin habe wegen einer Ruhestörung eines Abends in der Wache | |
| angerufen, doch niemand sei gekommen. | |
| Der Grund dafür geht aus einer Bilanz hervor, die die Senatsinnenverwaltung | |
| auf Anfrage des Grünen-Abgeordneten Vasili Franco veröffentlicht hat. Die | |
| drei Beamt*innen, die rund um die Uhr in der Kotti-Wache arbeiten, | |
| schreiben vor allem Anzeigen. Im ersten Jahr bearbeiteten sie 2.300 | |
| Strafanzeigen. 194 Einsätze führten sie außerhalb der Wache aus, das sind | |
| weniger als vier pro Woche. Die versprochene „Erfolgsgeschichte“ bleibt für | |
| viele am Kottbusser Tor aus. | |
| 23 Apr 2024 | |
| ## AUTOREN | |
| Anastasia Zejneli | |
| ## TAGS | |
| Berlin | |
| Polizei | |
| Polizei Berlin | |
| Kotti und Co | |
| Kriminalität | |
| Videoüberwachung | |
| Kolumne Bewegung | |
| Kottbusser Tor | |
| Kottbusser Tor | |
| Kottbusser Tor | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Berliner Datenschutzbericht 2024: Rechtswidrige Überwachung | |
| Unverhältnismäßige Videoüberwachung am Kotti und Abfragen der eigenen | |
| Datenbank für private Zwecke: Die Berliner Polizei nimmt es mit dem | |
| Datenschutz oft nicht so genau. | |
| Bewegungstermine in Berlin: Leben und Kämpfen im Shoppingcenter | |
| Wir befinden uns im Jahr 2024. Die ganze Welt ist durchgentrifiziert. Die | |
| ganze Welt? Nein! Einige Verrückte hören nicht auf, Widerstand zu leisten. | |
| Polizeiwache am Kottbusser Tor: Rumsitzen und Anzeigen schreiben | |
| Drei Polizisten arbeiten rund um die Uhr in der Wache am Kotti. Eine | |
| Statistik zeigt nun: Sie bearbeiten viele Anzeigen, gehen aber nur selten | |
| vor die Tür. | |
| Kotti-Wache: Im Zweifel sind's immer die anderen | |
| Die Einsatzwagen der Polizei parken dauerhaft im Halteverbot und verhindern | |
| damit den barrierefreien Zugang zum Bus. Dagegen klagt eine Anwohnerin. | |
| Polizeiwache am Kottbusser Tor: „Das wird den Kotti verändern“ | |
| Das neue Bündnis „Kotti für alle“ wehrt sich gegen eine Polizeiwache im | |
| Neuen Kreuzberger Zentrum. Diese löse die Probleme des Platzes nicht. |