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# taz.de -- Reform des Klimaschutzgesetzes: Ein Schritt vor, zwei zurück
> Gut, dass der Einbau privater Solaranlagen leichter werden wird. Die
> schlechte Nachricht ist, dass die Ampel das Klimaschutzgesetz aufweicht.
Bild: Mehr Photovoltaikanlagen für die Energiewende! So der Plan der Ampelkoal…
Erst haben die Ampelparteien über viele Monate darüber gestritten, jetzt
geht es hopp, hopp: Am Montag verkündeten die Fraktionschefs von SPD,
Grünen und FDP die Einigung über die Änderung des Klimaschutzgesetzes und
des Solarpakets, bereits in der Woche darauf soll beides durch den
Bundestag und den Bundesrat gepeitscht werden. Der Ampel ist wie etwa beim
[1][Heizungsgesetz] wieder einmal nicht klar, dass interne Verhandlungen
das übliche parlamentarische Prozedere keineswegs ersetzen.
Immerhin: Ein großer Wurf sind weite Teile des Solarpakets. Unzählige
Privatleute und Unternehmen warten auf die Entbürokratisierung, um eine
[2][Photovoltaikanlage einfacher installieren] und anschließen zu lassen.
Das Aufstellen von Solaranlagen boomt, trotz der bisherigen Blockade.
Bürger:innen aus allen politischen Lagern wollen Sonnenenergie viel
stärker nutzen, nachdem frühere Regierungen ihnen das schwer gemacht haben.
Fallen Hindernisse wie lange Genehmigungsverfahren weg, wird es einen
großen Schub geben, die Energiewende wird sich beschleunigen. Auf Dächern,
über Supermarktparkplätzen und an vielen anderen Orten wird das bald zu
sehen sein. Mieter:innen eines Hauses können sich unkompliziert eine
gemeinsame Anlage teilen. Das wird billiger, weil Vorgaben für teure
Technik entfallen. Anmeldepflichten und Netzanschluss werden vereinfacht –
und noch viel mehr.
Doch bei allem Jubel: Das Solarpaket hat auch ein großes Manko. Nach dem
Angriff Russlands auf die Ukraine schien es einen gesellschaftlichen
Konsens zu geben, dass die Abhängigkeit von einem Land in Energiefragen
fatal ist. Damit ist es vorbei. Diesmal geht es um China, das mit seinen
Solaranlagen die europäischen Märkte flutet und einheimische Hersteller in
Not bringt. [3][Hiesige Solaranlagenhersteller] mussten aufgrund falscher
politischer Entscheidungen schon einmal aufgeben.
## FDP lenkt – in die falsche Richtung
In Angesicht des Nachfragebooms hatte sich gerade eine kleine Renaissance
abgezeichnet – die jetzt enden wird. Die wenigen in Deutschland
produzierenden Unternehmen haben auf ein Zeichen aus der Politik gewartet,
dass ihnen im Wettbewerb mit den subventionierten chinesischen Produkten
geholfen wird. Das wäre nötig, um wenigstens das Know-how in Europa zu
halten und im Bedarfsfall die Produktion rasch hochfahren zu können. Doch
die FDP hat sich durchgesetzt, [4][das Solarpaket sieht keine Hilfen vor].
Die Freidemokraten finden, dass Solaranlagen für Deutschland auch gut
woanders eingekauft werden können. Bei dieser Absage darf es aber nicht
bleiben – zumal die Komponenten für Windräder ebenfalls importiert werden,
zu großen Teilen aus China. Es ist kaum zu glauben: Die Bundesrepublik, das
viertgrößte Industrieland der Welt, steht in einem der wichtigsten
Wirtschaftszweige der Zukunft – dem Bau von Solar- und Windanlagen – blank
da.
Daran nichts ändern zu wollen, ist eine industriepolitische Irrfahrt. Die
FDP sitzt am Steuer und gibt die Richtung vor. Grüne und SPD müssen jetzt
dafür sorgen, dass ein anderer Weg eingeschlagen wird. Die FDP hat die
sinnvollen Teile des Solarpakets als Pfand genutzt, um Druck in der
Klimapolitik zu machen – auch hier für die falsche Seite. Die Ampel macht
daher einen mächtigen Schritt rückwärts. Sie entledigt sich der unter
Kanzlerin Angela Merkel (CDU) 2019 eingeführten Pflichten zum Klimaschutz.
## Fatale Verrechnung der Emissionen
Diese Vorgaben sehen vor, dass in einzelnen Bereichen wie Verkehr, Gebäude,
Energie oder Industrie der CO2-Ausstoß um bestimmte Mengen gesenkt werden
muss. Bislang galt: Werden die Ziele nicht erreicht, muss nachgesteuert
werden. Damit ist jetzt Schluss. Die Emissionen der verschiedenen Bereiche
werden künftig untereinander verrechnet. Diese Aufweichung ist ein Geschenk
an [5][Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP)], der keine Anstalten
macht, etwas für die Senkung des CO2-Ausstoßes im Verkehr zu unternehmen.
Die Reduzierung der Emissionen wäre durchaus erreichbar, etwa mit einem
Tempolimit, günstigeren Bahnpreisen oder über partielle Fahreinschränkungen
für besonders emissionsintensive Autos. Jetzt entfällt der Druck auf
Wissing, wenigstens ein bisschen Fantasie zu entwickeln und sich überhaupt
um die Senkung des CO2-Ausstoßes im Verkehr zu kümmern.
Klimaaktivist:innen, Umweltverbände und Wissenschaftler:innen sind
darüber empört.
Sie fürchten, dass sich die Bundesregierung mit der Aufweichung der
bisherigen Regeln einen Freibrief verschafft, um in dieser
Legislaturperiode keine großen Klimaschutzprojekte mehr angehen zu müssen.
Diese Furcht ist berechtigt. Mit der Verschleppungspolitik der
Bundesregierung wird das Erreichen der [6][Klimaziele bis 2030] immer
unwahrscheinlicher.
20 Apr 2024
## LINKS
[1] /Bundestag-beschliesst-Heizungsgesetz/!5958943
[2] /Etwas-mehr-Solarenergie-in-Deutschland/!6004640
[3] /Keine-Subventionen-fuer-Photovoltaik/!5995118
[4] /Hilfen-fuer-Photovoltaik-Branche/!5999999
[5] /Verkehrssektor-verfehlt-Klimaziele/!6004123
[6] /Prognose-der-Treibhausgasemissionen/!5998473
## AUTOREN
Anja Krüger
## TAGS
Schwerpunkt Klimawandel
Solarenergie
Transformation
Christian Lindner
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