# taz.de -- Nachruf auf Maryse Condé: Vergebliche Suche | |
> Die Erinnerung an die Sklaverei war nur eines ihrer Themen. Die Autorin | |
> Maryse Condé schrieb über die Schicksale schwarzer Menschen. | |
Bild: Maryse Condé ist im Alter von 90 Jahren gestorben | |
Maryse Condé, die „Grande Dame der frankofonen Literatur“, wie sie von | |
machen Rezensenten genannt wird, ist tot. Die 90-Jährige wuchs als jüngstes | |
von acht Geschwistern auf der Karibikinsel Guadeloupe auf. Mit 16 ging sie | |
nach Paris und studierte Englisch an der Sorbonne. 1958 heiratete sie den | |
guinesischen Schauspieler Mamadou Condé. Zusammen mit ihren vier Kindern | |
waren sie vorwiegend in Westafrika unterwegs, wo sie an verschiedenen | |
Sprachinstituten arbeitete. | |
1973 kehrte sie nach Frankreich zurück, promovierte über die Stereotype von | |
Schwarzen in der westindischen Literatur. Zuletzt lebte sie in New York und | |
Guadeloupe. | |
Ihre Wanderjahre durch Westafrika liefern den Stoff für ihren bekanntesten | |
historischen Roman [1][„Segu. Die Mauern aus Lehm“] (1984) für den sie 2018 | |
den Alternativen Literaturnobelpreis bekam. Segu liegt in Mali zwischen | |
Timbuktu und Bamako und war bis zur muslimischen Eroberung 1861 Hauptstadt | |
des Königreichs Bambara. Der Animismus der Mehrheit mit seiner sexuellen | |
Freizügigkeit gilt den Korangläubigen als Sünde, den heranrückenden | |
französischen Kolonialisten mit ihren Missionaren als barbarisch. | |
Condés Roman erzählt von immer neuen historischen Wendungen, Allianzen, | |
Feindschaften, der Macht der Männer, der Unfähigkeit der Menschen zum | |
Frieden und ihrer vergeblichen Suche nach einem Sehnsuchtsort. Sei es | |
Afrika für die in der Karibik gestrandeten Sklaven oder für die Afrikaner | |
Jamaika, wo sich die angeblich heldenhaften Maroons von der Sklaverei | |
befreiten. Condé entmystifiziert, erzählt sinnlich und grausam von | |
Schicksalsschlägen. Auch was ihr eigenes Leben betrifft. | |
## Verunsicherung auch im eigenen Leben | |
In Deutschland bekannt wurde Condé durch ihre Autobiografie [2][„Das | |
ungeschminkte Leben“] (2020). Darin beschreibt sie ihre | |
Orientierungslosigkeit, fragwürdige Männerbeziehungen und die schuldhafte | |
Verunsicherung, was sie ihren vier Kindern durch ihr unstetes Leben | |
zumutete. | |
Als engagierte Schriftstellerin sah sie sich nicht: „Ich schreibe über | |
Sklaverei, über Afrika, über den Zustand der schwarzen Menschen in der | |
Welt, weil ich meine Gedanken ordnen, die Welt verstehen und mit mir selbst | |
Frieden haben will.“ | |
Dabei war sie durchaus engagiert: Condé war erste Präsidentin des Komitees | |
zur Erinnerung an die Sklaverei. Auf ihre Initiative geht zurück, dass | |
seit 2006 der 10. Mai als Tag des Gedenkens an die Sklaverei begangen wird. | |
2 Apr 2024 | |
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## AUTOREN | |
Edith Kresta | |
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