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# taz.de -- Berlin erinnert an den Mauerfall 1989: Die Freiheit verteidigen
> Vor bald 35 Jahren fiel die Mauer. Das wird mit einem Event entlang des
> ehemaligen Mauerverlaufs begangen. Jede:r Berliner:in kann mitmachen.
Bild: Relikt aus längst vergangenen Tagen: Vielleicht hat die noch jemand auf …
Berlin taz | An diese aufregenden Tage vor 35 Jahren erinnert sich jede:r
anders. Ich habe am Abend des Mauerfalls in meiner Ein-Zimmer-Wohnung in
einem westmecklenburgischen Kleinstädtchen gerade Staub gewischt, als das
Treiben in meinem kleinen Schwarz-Weiß-Fernseher immer bunter, ja
verrückter wurde. Das DDR-Fernsehen berichtete am 9. November 1989 live von
der Pressekonferenz mit dem SED-Funktionär [1][Günter Schabowski].
Der las von einem Zettel die neue Regelung für Reisen „ins westliche
Ausland“ für DDR-Bürger ab. Mit einem DDR-Ausweis könne man künftig ganz
ohne Visum, Reisegrund oder Erlaubnis einfach so in den Westen aus- und in
die DDR wieder einreisen, so lautete die Ansage. Ab wann das denn gelten
würde, fragte daraufhin ein Journalist. Nach seinem Wissen „sofort,
unverzüglich“ kam die Antwort.
Hatte ich das richtig gehört? Und richtig verstanden? Ich brauchte die
„Tagesschau“ wenig später im Westfernsehen, um es wirklich zu kapieren (und
zu glauben), und auch die Livebilder später vom Massenansturm der
Berliner:innen am Grenzübergang an der Bornholmer Straße. Sie wollten
alle rüber nach West-Berlin. Überforderte DDR-Grenzer öffneten die Mauer
völlig ungeplant. Upps, die Mauer war offen. Die Welt war auf den Fugen.
Das rührte mich zu Tränen.
Die Gefühle von damals lassen sich 35 Jahre später nicht einfach
reproduzieren. Wie aber kann man den Jahrestag von Friedlicher Revolution
(oder Wende oder wie auch immer – später hieß es Anschluss) und Mauerfall
würdig begehen?
## Der Mut der Menschen
Eine Aufgabe für Kulturprojekte Berlin, eine landeseigene GmbH, die Kultur-
und andere Events in und für die Hauptstadt plant und durchführt. Die Pläne
für den Jahrestag wurden kürzlich auf einer Pressekonferenz vorgestellt, es
ist eine stadtweite Aktion geplant.
Angedacht ist zum 9. November ein „spektakuläres Bild entlang des
ehemaligen Mauerlaufs“. Historische und neue Plakate und Transparente
sollen veranschaulichen, „wofür damals gekämpft wurde und wofür heute immer
noch demonstriert wird: die Freiheit, die das Fundament einer offenen und
diversen Gesellschaft ist“.
Kai Wegner (CDU), der Regierende Bürgermeister, erinnerte daran, dass das
Datum ein „Schicksalstag für Berlin“ ist – der Tag der November-Revoluti…
1918, der Tag der Pogrome 1938 und eben der Tag des Mauerfalls 1989.
„Bezogen auf den 9. November 1989 ist es auch ein Glückstag für Berlin.“
Er erinnerte „an die mutigen Menschen in der damaligen DDR, die die Mauer
zum Einsturz brachten. Aber wir müssen auch nach wie vor einiges
aufarbeiten.“ Ein guter Ansatz, wenn er denn tatsächlich umgesetzt werden
würde, die taz wird da ein Auge drauf haben.
## Mitmachen ist gefragt
Nun sind die Berliner:innen gefragt. [2][Kulturprojekte Berlin] ruft
dazu auf, eigene Plakate, Schilder oder Transparente für das Projekt
einzureichen. Das können sowohl Originale aus der Zeit 1989/90 sein – also
Keller und Dachböden entrümpelt auf der Suche nach stummen Zeitzeugen! –
als auch neu gestaltete Objekte. Der Kreativität sind keine Grenzen
gesetzt. Und aus all dem, genügend Beteiligung vorausgesetzt, soll ein
„spektakuläres Gesamtbild entlang des ehemaligen Mauerverlaufs“ mit
Stationen wie dem früheren Checkpoint Charlie oder dem Brandenburger Tor
entstehen. Na, wir werden sehen.
Die Idee dabei ist, dass Besucher:innen (aus nah und fern) das Jubiläum
und sein Event zum Anlass nehmen, den ehemaligen Mauerverlauf – von dem ja
so gut wie nichts geblieben ist – mit all seinen historischen Orten zu
erkunden und anhand von Zeugnisse, Statements und Geschichten zu erleben
und darüber womöglich ins Gespräch zu kommen. Darüber etwa, „was Freiheit
für die Menschen heute bedeutet“ – so zumindest die Hoffnung der
Verantwortlichen.
Und es geht im Grunde schon bald los mit den Aktionen rund ums Jubiläum.
Denn Kulturprojekte Berlin lädt in den Monaten hin zum 9. November mit
verschiedenen Partnerinstitutionen in Workshops, Diskussionsrunden oder
Happenings „zur Auseinandersetzung mit drängenden Fragen der Gegenwart und
Werten wie Freiheit und Demokratie“ ein. Und dort, so der Plan, „werden
gemeinsam viele Beiträge für die Plakat- und Transparenteinreichungen
entstehen“.
Das [3][35. Jubiläum des Mauerfalls und der Friedlichen Revolution] wird
konzipiert und umgesetzt von Kulturprojekte Berlin in Zusammenarbeit mit
dem Berliner Beauftragten zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, der Stiftung
Gedenkstätte Berliner Mauer und weiteren Partner:innen bis hin zur Lotto
Stiftung Berlin, die eine abschließende Buchpublikation teilfinanziert.
Mehr Informationen unter [4][www.mauerfall35.berlin]
27 Mar 2024
## LINKS
[1] /Guenter-Schabowski-ueber-den-Mauerfall/!5249343
[2] https://kulturprojekte.berlin/projekte/mauerfall35/
[3] https://kulturprojekte.berlin/projekte/mauerfall35/
[4] https://kulturprojekte.berlin/projekte/mauerfall35/
## AUTOREN
Andreas Hergeth
## TAGS
Mauerfall
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DDR
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