# taz.de -- Verschwörungsmagazin und RKI-Files: Sobald XXXX ein Signal gibt | |
> Protokolle des Robert Koch-Instituts sorgen für Aufregung. Veröffentlicht | |
> wurden sie von einem Magazin, das für Verschwörungstheorien bekannt ist. | |
Bild: Auf keinen Fall setzen: Ausgangsperre in Deutschland | |
BERLIN taz | Die staatlichen Maßnahmen zur Eindämmung der | |
[1][Corona-Pandemie] waren teils heftig umstritten. Insbesondere die Frage | |
zum Verhältnis zwischen Wissenschaft und Politik. Nun heizen bisher | |
unveröffentlichte Protokolle des Corona-Krisenstabs des Robert | |
Koch-Instituts (RKI) die Debatte neu an. Veröffentlicht wurden die über 200 | |
Dokumente von internen Sitzungen des RKI-Krisenstabs von Januar 2020 bis | |
April 2021 vom Magazin Multipolar, das für die Verbreitung von | |
Verschwörungstheorien bekannt ist. | |
Besonders heftig diskutiert wird ein Satz vom 16. März 2020: „Die | |
Risikobewertung wird veröffentlicht, sobald XXXX (Passage geschwärzt) ein | |
Signal dafür gibt.“ Gemeint ist das Hochstufen der Risikobewertung durch | |
Corona für die Gesundheit der Bevölkerung von mäßig auf hoch. Diese | |
Einstufung war einer der Gründe für die politische Entscheidung, das | |
öffentliche Leben massiv einzuschränken. | |
Multipolar leitet aus diesem Satz ab, dass die Hochstufung der | |
Gefährdungslage nicht aufgrund wissenschaftlicher Erkenntnisse erfolgt sei, | |
sondern durch politische Einflussnahme – namentlich durch den damaligen | |
Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Der aktuelle [2][Gesundheitsminister | |
Karl Lauterbach] tritt dieser Darstellung entschieden entgegen. „Das RKI | |
hat unabhängig von politischer Weisung gearbeitet“, sagte der | |
SPD-Politiker. Hinter dem geschwärzten Namen verberge sich ein Mitarbeiter | |
des RKI. Die Schwärzung solle die Mitarbeiter vor der Öffentlichkeit | |
schützen. | |
„Es gab also keine politische Weisung, auf die das RKI hier reagiert | |
hätte“, so Lauterbach. Das RKI hatte somit die neue Risikobewertung bereits | |
vorgenommen. Lediglich für die Veröffentlichung der Entscheidung sei die | |
Zustimmung einer bestimmten Person notwendig gewesen. | |
Die Behauptung von Multipolar, dass diese Entscheidung nicht auf fachlicher | |
Einschätzung passiert sei, ist irreführend. Die Weltgesundheitsorganisation | |
WHO hatte bereits am 11. März Covid-19 zu einer Pandemie erklärt. Auch die | |
EU-Gesundheitsbehörde ECDC hatte am 13. März das Risiko für ältere | |
Erwachsene und Personen mit chronischen Grundleiden als hoch eingestuft. | |
## AfD, BSW und Kubicki fordern Untersuchungsausschuss | |
Die AfD und das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) forderten unterdessen als | |
Reaktion auf die Veröffentlichungen von Multipolar, einen | |
Untersuchungsausschuss einzurichten. Auch Wolfgang Kubicki schließt sich | |
der Darstellung des Magazins an. Es werde immer deutlicher, dass das RKI | |
für die Gesundheitspolitik des damaligen Ministers Spahn und wohl auch von | |
Lauterbach „als wissenschaftliche Fassade gedient hat“, sagte der FDP | |
Vize-Vorsitzende. | |
Der Gesundheitsexperte Janosch Dahmen (Grünen) sprach sich gegen einen | |
Untersuchungsausschuss aus und warf der AfD, Wagenknecht und Kubicki vor, | |
die Aufarbeitung der Pandemie für die anstehenden Wahlkämpfe | |
instrumentalisieren zu wollen. „Die sehr konsequenten Maßnahmen während der | |
ersten Welle, als es noch keine Impfung und zu wenig Schutzausrüstung gab, | |
haben sehr viele Menschenleben gerettet“, so der Grünen-Politiker. | |
Die Dokumente waren jetzt öffentlich geworden, weil Multipolar erfolgreich | |
auf eine Freigabe geklagt hatte. Ob es sich bei den von Multipolar online | |
gestellten Unterlagen um die Originaldokumente handelt, kann das RKI nach | |
Angaben einer Sprecherin jedoch nicht bewerten. | |
26 Mar 2024 | |
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## AUTOREN | |
Moritz Huhn | |
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