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# taz.de -- Flugpost, RKI-Files, Feiertage: Ostern ohne Verschwörungen, bitte
> Diese Woche machte unsere Autorin mehrere Abschiede durch. Doch nicht
> alle davon sind schmerzhaft. Der Flugpost trauert sie zum Beispiel nicht
> hinterher.
Bild: Auch ein Abschied von dieser Woche: Nach mehr als 62 Jahren hat die Deuts…
Von manchen Dingen erfährt man erst, wenn es sie schon nicht mehr gibt.
Donnerstag habe ich gelesen, dass die Zeit der innerdeutschen Luftpost
vorbei ist. In der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag hat offenbar das
letzte Post-Flugzeug abgehoben. Zum Wohle des Klimaschutzes. Merken wird
den Verlust vermutlich kaum jemand – zwar wurden jede Nacht 1,5 Millionen
Briefe von sechs Maschinen durchs Land geflogen, das waren aber lediglich
drei Prozent der gesamten Korrespondenz, die die Post täglich im Inland
transportiert.
Auch mit der Voice of Europe – der Stimme Europas – ist es schon wieder
vorbei. Das Internetportal, das sich als seriöse Nachrichtenquelle
präsentieren wollte, ist offline. Der tschechische Geheimdienst BIS – von
dem ich auch noch nie gehört hatte, der aber vermutlich weiter agieren wird
– hat es als russische Trollfabrik enttarnt, die Einfluss auf die
Europawahlen nehmen sollte. Als Medium war mir Voice of Europe nie
begegnet. Aber nicht nur Tschechien hielt es für eine Gefahr für die
Sicherheit seines Landes. Mehrere europäische Geheimdienste waren an der
Operation beteiligt.
Über das Portal soll nicht nur prorussische und antiukrainische Propaganda
verbreitet worden sein. Es soll auch zur verdeckten Finanzierung von
Europawahl-Kandidat*innen aus Deutschland, Frankreich, Polen, Belgien, den
Niederlanden und Ungarn gedient haben.
Mehrere Politiker*innen der AfD haben dem Portal offenbar Interviews
gegeben, darunter [1][Maximilian Krah und Petr Bystron, Nummer eins und
zwei der Europawahlliste ihrer Partei]. Beide bestritten gegenüber dem
Spiegel, Zuwendungen von Voice of Europe bekommen zu haben. Es wäre
vermutlich auch herausgeschmissenes Geld – beide sind seit Langem für ihre
Russlandnähe bekannt.
## Trollfabrik
Pressevielfalt ist ein hohes Gut. Dass das Troll-Portal Voice of Europe
jetzt down ist, ist aber kein Verlust. Unseriöse Webportale, die faktenlose
Texte verbreiten, gibt es schon genug. Allein in Deutschland tummeln sich
so einige Onlineportale im rechten Sumpf, die sich „Alternativmedien“
nennen und die den meisten Menschen zu Recht vollkommen unbekannt sind.
[2][Die taz hat kürzlich einige der größeren Medien näher beleuchtet.]
Diese Woche machte das verschwörungsideologische Portal multipolar von sich
reden – wobei einige seriöse Medien den Namen des Blogs einfach mal gar
nicht nannten. Nach einem Rechtsstreit mit multipolar musste das
Robert-Koch-Institut (RKI) die Protokolle des Corona-Krisenstabs der Jahre
2020 und 2021 herausgeben.
Das Onlinemagazin versuchte daraufhin vor allem über die Schwärzungen,
einen Skandal zu stricken. Es spekulierte, Externe, vielleicht sogar
Mitglieder der Regierung hätten das RKI im März 2020 angewiesen, die
Risikobewertung des Coronavirus von „mäßig“ auf „hoch“ zu setzen. Das
sollte beweisen, dass es keine wissenschaftliche, sondern eine politische
Entscheidung gewesen sei. Das RKI wies das zurück. Bei einem entscheidenden
geschwärzten Namen handele es sich um einen Mitarbeiter des Instituts.
multipolar ist übrigens immer noch online. Und hält seine in den
vergangenen Jahren mal mit mehr, mal mit weniger Fakten vorgetragene Kritik
an den Coronamaßnahmen nun für bestätigt.
## Auf Verschwörungsplattformen versenken
Allein deshalb ist es gut, wenn die Debatte um die veröffentlichten
RKI-Protokolle eine kritische Bilanz der Pandemiejahre anstößt: um mit
Seriosität und Fakten auf das Agieren von Regierung und staatlichen
Einrichtungen während der Coronazeit zu schauen. Dass der Impfstoff von
einer Politiker-Elite nur verabreicht wurde, um sich das Volk gefügig zu
machen, wird man dabei sicherlich nicht aufdecken. Solche Behauptungen
gehören weiterhin auf kaum bekannten verschwörungsideologischen Portalen
versenkt.
Vielleicht werden ja noch mehr von ihnen als von Russland finanziert
enttarnt, geraten kurz in die Schlagzeilen und verschwinden dann aus dem
Netz. Zu Ostern darf man sich auch einfach mal etwas wünschen.
29 Mar 2024
## LINKS
[1] /AfD-waehlt-Krah-zum-EU-Spitzenkandidaten/!5951702
[2] /Radikal-rechter-Sender-Auf1/!5987759
## AUTOREN
Johanna Treblin
## TAGS
Kolumne Der rote Faden
Verschwörungsmythen und Corona
Schwerpunkt Coronavirus
Robert Koch-Institut
Abschied
Nato
Schwerpunkt Coronavirus
Schwerpunkt Coronavirus
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