# taz.de -- Terror der Nationalsozialisten: Auch Iraner unter den Opfern | |
> Eine internationale Kooperation zwischen Deutschland, Iran und den USA | |
> spürt den Schicksalen iranischer NS-Opfer nach. | |
Bild: In Bad Arolsen klärt man die Geschichte von Überlebenden, ehemaligen Zw… | |
Der Schriftsetzer Aga Hassan lebte in Khoy, als die Sowjets die iranische | |
Stadt Ende 1941 besetzten. Zusammen mit rund 200 Leidensgenossen wurde er | |
auf die Krim verschleppt und musste dort Zwangsarbeit leisten. Im folgenden | |
Jahr besetzte die Wehrmacht die Region. Hassan wurde in ein Lager nach | |
Polen deportiert, andere jüdische Gefangene wurden dort erschossen. Die | |
Nazis verschleppten ihn nach Berlin und Österreich. Kurz vor Kriegsende | |
gelang Aga Hassan die Flucht. Im italienischen Udine wurde er von der | |
britischen Armee befreit. | |
Die Angaben über Aga Hassan finden sich in einem Bericht aus dem Jahr 1947, | |
einsehbar [1][online in den Arolsen Archives.] Er galt den Alliierten als | |
Displaced Person – ein Mensch, der keine Heimat mehr hat. Seine Geschichte | |
zeugt davon, dass eben auch Iraner unter den Nazis litten – anders als es | |
das Regime in Teheran heute behauptet, das den Holocaust leugnet und Israel | |
die Vernichtung wünscht. | |
Jetzt können Iraner die Geschichte Hassans nachlesen, so wie die von | |
weiteren NS-Opfern aus ihrem Heimatland, und selbstverständlich auf | |
Persisch. In einer weltumspannenden Kooperation veröffentlichte das United | |
States Holocaust Memorial Museum (USHMM) in Kooperation mit den Arolsen | |
Archives und dem oppositionellen iranischen Internetforum IranWire Berichte | |
über iranische NS-Opfer, Juden wie Nichtjuden. | |
Sardari-Projekt nennt sich die Initiative, benannt nach dem Diplomaten | |
Abdol-Hossein Sardari, der sich im Zweiten Weltkrieg für verfolgte Juden | |
einsetzte. | |
## 44 Schicksale aufgeklärt | |
Den Experten aus Washington, D. C. ist es seit Beginn der Recherchen in | |
diesem Jahr mithilfe der Dokumente aus Bad Arolsen gelungen, 44 Schicksale | |
iranischer NS-Opfer aufzuklären. [2][In der hessischen Kleinstadt besteht | |
das weltweit größte Archiv über NS-Opfer] mit rund 30 Millionen Dokumenten | |
über 17,5 Millionen Personen. „Es ist sehr wichtig, die persönlichen | |
Geschichten iranischer Opfer der NS-Verfolgung kennenzulernen, um den | |
Holocaust zu verstehen“, sagte Floriane Azoulay, Direktorin der Arolsen | |
Archives. | |
„Iranern zu helfen, sich mit den historischen Verbindungen zum Holocaust | |
auseinanderzusetzen, ist ein wichtiger Teil unserer Bemühungen, die globale | |
Relevanz des Holocausts zu unterstreichen“, sagte Tad Stahnke vom USHMM. | |
Mazir Bahari, exilierter Iraner und Gründer von IranWire, erklärt in einer | |
Presseerklärung: „Die Islamische Republik ist das einzige Regime, dessen | |
Führer regelmäßig den Holocaust leugnen. Wir sind stolz darauf, das einzige | |
Medienunternehmen im Nahen Osten zu sein, das regelmäßig Artikel, Videos | |
und andere Arten von Inhalten über die Verbrechen des Naziregimes und | |
seiner Verbündeten und deren Opfer produziert.“ | |
Was aus Aga Hassan wurde, bleibt unklar. 1947 lebte er in Rom, hatte | |
geheiratet und eine Tochter bekommen. Er verdiente Geld auf dem | |
Schwarzmarkt. Zurück nach Khoy wollte er nicht mehr. Vielmehr gab er damals | |
an, in die Türkei reisen zu wollen. Dieser Wunsch wurde den Papieren aus | |
Arolsen zufolge abgelehnt. | |
8 Apr 2024 | |
## LINKS | |
[1] https://arolsen-archives.org/ | |
[2] /Hilferuf-ukrainischer-Archive/!5977311 | |
## AUTOREN | |
Klaus Hillenbrand | |
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