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# taz.de -- Leben im Gazastreifen: Bohnen und Thunfisch aus der Dose
> Seine Frau wolle nach Ägypten, schreibt unser Autor in Rafah. Doch das
> Geld fehlt. „Also sitze ich hier, starre ins Leere und weiß nicht wohin.“
Bild: Das Fluchtziel unseres Autors war Rafah. Doch auch hier herrscht Krieg, F…
Manchmal starre ich einfach stundenlang ins Leere und in meinem Kopf kreist
eine Frage: „Wohin sollen wir gehen, wenn Israel Rafah attackiert?“
Ich schlafe kaum noch, vielleicht ein oder zwei Stunden pro Nacht, lese die
ganze Zeit Nachrichten, so wie viele. Und dann höre ich Netanjahu, der fest
entschlossen ist, eine Bodenoffensive in Rafah durchzuführen.
Tag und Nacht begleitet mich der Gedanke: Es kann jeden Moment losgehen.
Bombardiert wird zwar auch jetzt jeden Tag, aber nicht so intensiv.
Im Moment wohnen wir im Zentrum von Rafah. Anders als viele andere, die
geflohen sind und in Zeltlagern etwas außerhalb von Rafah leben, konnten
wir uns eine Wohnung mieten. Aber sollte das israelische Militär seine
Offensive starten, wären wir wohl mittendrin – und es wäre vermutlich der
erste Bereich, der evakuiert werden müsste. Wohin dann? Ich weiß es
wirklich nicht. Normalerweise gibt es in Kriegen Gegenden, in denen
Zivilisten sicher sind. Hier nicht.
Bis auf Weiteres versuchen wir, so gut klar zu kommen, wie es geht. Ich
arbeite als Arzt in einer medizinischen Anlaufstelle bei den
Flüchtlingslagern. Am Tag fasten wir, ohnehin würde es nicht für mehr als
für ein oder zwei Mahlzeiten pro Tag reichen. Immerhin gibt es etwas zu
essen, anders als im [1][Norden von Gaza. Da ist die Situation viel
schlimmer].
Wir ernähren uns in erster Linie von Bohnen und Thunfisch in Dosen, Mehl
gibt es hier auch. Es ist alles wahnsinnig teuer. Manchmal kann man auch
Gemüse ergattern, aber das kann sich kaum jemand leisten. Obst gibt es gar
nicht.
„Ich habe Angst vor einer Feuerpause“
Manchmal sitzen wir abends zusammen und sehen uns das Foto von unserem Haus
in Gaza-Stadt an. Es ist ein wunderschönes Haus und wir wissen, dass es
noch steht. Wir denken an den letzten Geburtstag unserer Tochter, den wir
dort verbracht haben, stellen uns vor, dorthin zurückzukehren und malen uns
aus, was wir dort tun werden.
Ich mag all das kaum laut aussprechen, denn wer weiß schon, ob es dazu
kommen wird.
Wir hoffen weiter, wir können uns nicht erlauben, die Hoffnung zu
verlieren. Auch wenn es keine Anzeichen für einen Waffenstillstand gibt.
Denn nur ein wirklicher Waffenstillstand kann uns helfen. Eine Feuerpause
wäre fatal. Ich habe regelrecht Angst vor einer Feuerpause. Denn nach dem
Ende der letzten humanitären Pause sind die Gefechte nur noch intensiver
geworden. Das haben wir in Chan Junis gespürt, bis wir schließlich unter
Beschuss aus unserem Unterschlupf ins Training-College der UNRWA geflohen
sind.
Wohin also, wenn es eine Militäroperation gibt? Fragt man meine Frau, sagt
sie: [2][Ägypten. Aber wir müssten pro Person 5.000 Dollar zahlen.] Wir
haben dieses Geld nicht.
Also sitze ich hier, starre ins Leere und weiß nicht wohin.
Protokoll und Übersetzung: Judith Poppe
23 Mar 2024
## LINKS
[1] /UN-Standards-fuer-Ernaehrungssicherheit/!5996321
[2] /Crowdfunding-fuer-Flucht-aus-Gaza/!5994610
## AUTOREN
Bassam Zaqout
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