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# taz.de -- Wieder kein MyFest in Kreuzberg: Bye bye, Fest am 1. Mai
> Das MyFest fällt wieder aus. Das ist ganz im Sinne der Grünen.
> Veranstalter und Linke beklagen die heimliche Beerdigung der
> Befriedungsfete.
Bild: Voll, eng und laut: das MyFest in der Oranienstraße
Berlin taz | Kreuzberg am 1. Mai steht seit mehr als 20 Jahren für
Volksfeststimmung. Beim MyFest schoben sich Zehntausende zwischen Moritz-
und Spreewaldplatz durch überfüllte Straßen. Entlang von Bühnen mit
Konzerten und kurzen politischen Reden, gesäumt von Ständen mit Caipis to
go, eingehüllt in Rauchschwaden von Köfte-Grills. Das von
Anwohner:innen selbstorganisierte Fest hat den einstigen Krawallkiez am
Tag der Arbeit nachhaltig befriedet und zum Hotspot eines Partypublikums
gemacht.
Viele Menschen werden auch in diesem Jahr wieder kommen, auch wenn es
[1][in Kreuzberg 36 erneut kein MyFest] geben wird. Wie Halis Sönmez,
Vorsitzender des MyFest e. V., auf Anfrage der taz sagte, habe es keine
Verständigung zwischen ihm als Organisator und dem grün regierten Bezirk
gegeben. Damit setzt sich ein Streit fort, der bereits im vergangenen Jahr
zu einer Absage des Stadtteilfestes geführt hatte – nachdem es schon seit
2020 drei Jahre lang coronabedingt nicht mehr stattgefunden hatte.
Sönmez wirft vor allem der Bezirksbürgermeisterin Clara Herrmann (Grüne)
vor, „kein Interesse“ an der Veranstaltung zu haben. Zwar habe es zu
Jahresanfang ein Gespräch mit der Polizei gegeben, die dem MyFest als
Befriedungsveranstaltung grundsätzlich wohlgesonnen sei, aber das
Bezirksamt habe keinen Kontakt gesucht. Auch Sönmez selbst ist, auch aus
privaten Gründen, nicht aktiv auf das Bezirksamt zugegangen. Ein
endgültiges Ende aber bedeute die diesjährige Absage nicht: „2025 wollen
wir wieder ein MyFest ausrichten.“ Druck wolle man etwa durch eine
Unterschriftensammlung unter Anwohner:innen machen.
Im vergangenen Jahr hatte Sönmez dem Bezirk vorgeworfen, die Vorbereitungen
für das MyFest ausgebremst zu haben. In einem Schreiben war von einer
„unklaren und im Ergebnis mangelnden Unterstützung“ die Rede. Streit um
Zuständigkeiten – Innensenatorin oder Bezirk – und Format – Demonstration
oder Veranstaltung – hätten den Prozess zeitlich in die Länge gezogen.
Letztlich war es faktisch unmöglich, Sondergenehmigungen für
Bühnenstandorte, Anwohnerstände, Toiletten und Abfallentsorgung und damit
auch eine vom Senat bereitgestellte finanzielle Förderung in Höhe von etwa
200.000 Euro zu gewähren.
Der Bezirk hatte die Vorwürfe zurückgespielt und den
Organisator:innen vorgeworfen, Anträge und ein Sicherheitskonzept
nicht rechtzeitig eingereicht zu haben. Dabei waren bis einschließlich 2020
immer alle Genehmigungen erteilt worden. Für Sönmez steht fest:
Bürgermeisterin Herrmann, seit 2021 im Amt, habe mit „formalen und
unglaubwürdigen Finessen“ für ein Ende des Festes gesorgt.
## Umstrittenes Fest
An der Auseinandersetzung zwischen Bezirksamt und Veranstalter:innen
wird deutlich, wie umstritten das Fest ist. Politische Initiativen hatten
das MyFest stets dafür kritisiert, den politischen 1. Mai zu
entpolitisieren, andere die Ballermannisierung Kreuzbergs beklagt. Dagegen
standen viele, die froh darüber waren, der Gewaltspirale ein Ende gesetzt
zu haben. Bis zu 1.000 Freiwillige übernahmen alljährlich Aufgaben zur
Durchführung, für viele Anwohner:innen und Gewerbetreibende waren die
von ihnen gestellten Stände eine willkommene Einnahmequelle.
Herrmann dagegen hatte sich auf eine Bürger:innenbefragung von 2018
gestützt und das Fest als zu voll, zu eng, zu laut kritisiert. Diese
wünschten sich ein „kleineres und politischeres Format“. Dem Tagesspiegel
sagte sie: „Für ein Fest mit angepasstem Konzept haben wir unsere
Unterstützung signalisiert.“ Wie das aussehen könnte? Unklar.
Kritik kommt nun von den Linken, die ursprünglich nicht die größten Fans
des Festes waren. Doch Fraktionsmitglied Janis Ehling sagt: „Die Grünen
haben diese etablierte Veranstaltung klammheimlich an allen vorbei
beerdigt.“ Während jede Kleinigkeit im Bezirksparlament besprochen werde,
sei dieses Thema bislang ohne Aussprache geblieben. Ehling forderte eine
„Diskussion im Bezirk“ über das MyFest. Auch müsse Herrmann auf die
Veranstalter:innen zugehen, um darüber zu sprechen, „wie das Fest
unter Einbeziehung der Anwohner:innen in einer verträglichen Dimension
zu realisieren ist“.
## Bezirk zufrieden
Im Bezirk ist man angesichts der Hängepartie aber offensichtlich nicht
unzufrieden. Auf Anfrage der taz enthält man sich einer politischen
Stellungnahme. Stattdessen heißt es: „Im Vorjahr war Kreuzberg 36 am 1. Mai
gut besucht, aber nicht überfüllt.“ Grundsätzlich würden die
Mai-Feierlichkeiten wieder so stattfinden wie im Vorjahr. Augenmerk lege
man vor allem auf den Görlitzer Park und ein besseres Müll- und
Pfandflaschen-Management. „Anpassungen“ solle es auch bei den Toiletten
geben. Dabei ist klar: Die große Infrastruktur, die das MyFest bot, mit
mobilen WCs und Müllentsorgung, stellt der Bezirk nicht zur Verfügung.
Ganz ohne Fest und Bühnenprogramm wird der diesjährige 1. Mai in Kreuzberg
nicht auskommen. So lädt die Linke wieder zu ihrem Mai-Fest auf den
Mariannenplatz – für eine Rede zugesagt hat etwa die Spitzenkandidatin für
die Europawahl Corola Rackete. Den angestammten Platz im Rondell vor dem
Bethanien aber hat sich die Satire-Partei Die Partei gesichert; der Linken
bleibt der südliche Teil des Platzes rund um die Waldemarstraße, wie ein
Parteisprecher der taz sagte.
## Revolutionäre 1. Mai-Demo angemeldet
Und auch auf eine weitere Traditionsveranstaltung wird man dieses Jahr
nicht verzichten müssen: Die Revolutionäre 1. Mai-Demonstration wird zwar
noch nicht beworben, aber ist bereits angemeldet, von einer Privatperson
für 5.000 Teilnehmer:innen, wie die Polizei auf taz-Anfrage mitteilte.
Start- und Endpunkt der Demo soll dieses Jahr der Südstern sein. Die Route
wird über Hermannplatz, Karl-Marx-Straße, Erkstraße und Sonnenallee führen.
3 Apr 2024
## LINKS
[1] /Kreuzberger-MyFest-abgesagt/!5927479
## AUTOREN
Erik Peter
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