Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Vom Gender- zum Pornoverbot: Wahlen, Worte, Wichsfantasien
> Die Woche hatte viel zu bieten: Genderverbot in Bayern, die Wahlparodien
> eines Diktators und dann noch etwas Hufeisentheorie, wenns um Pornos
> geht.
Bild: Ob Aiwanger in seinem Flugblatt gegendert hat?
taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche?
Friedrich Küppersbusch: „Einfrieren“ und „weiße Fahne“.
Und was wird besser in dieser?
Irgendein Begriff wird überleben.
Die [1][Cannabislegalisierung] ist durch. Wird die Ampel dafür in
Erinnerung bleiben? Oder kann sich eh bald niemand mehr an irgendwas
erinnern?
Bei den Abgabemengen – 25 Gramm pro Tag pro Nase, unterschiedslos Gras oder
Haschisch – hätte ein Kleinstadtdealer ausgesorgt. Die Abstandsregeln und
die rückwirkende Amnestie machen es unfassbar unpraktikabel, Polizei und
Justiz werden Amok rauchen, was sie bei den Abgabemengen aber durchaus auch
können. Wer um 19.55 Uhr in der Fußgängerzone kifft oder 95 Meter vorm
Kindergarten, kann belangt werden; das ist surreal und bedroht
Arbeitsplätze in der Comedybranche. Lauterbach will die Gefahren eindämmen
– etwa Psychosen von Jugendlichen – und die Unbekehrbaren in Ruhe lassen.
An diesem Gesetz sind die Absichten das Beste.
Wladimir Putin wurde als russischer Präsident wiedergewählt, damit geht er
in seine fünfte Amtszeit. Wofür inszeniert er eine „demokratische“ Wahl,
wenn er doch eh machen kann, was er will?
Putins Wahlparodien werden unerbittlich von Mal zu Mal absurder, das kann
man auch lesen als den Weg hin zur finalen Erstarrung. Und Erstarrtes
bricht. Sogar am besten. Dass er lügt – über „militärische
Spezialoperationen“ etwa –, mag uns empören. Markanter jedoch ist, dass er
sich bei aller Cleverness seine Lügen inzwischen selber glaubt. So, wie
[2][er die Terrorwarnung als Feindpropaganda las] und drum den Terror nicht
verhinderte. Er läuft in seine eigene Falle. Seine Kernthese ist, dass
Russland keine echte Demokratie will, sondern einen autoritären Herrscher
an demokratischer Gemüsebeilage. Dass er damit gut gefahren ist, das sollte
uns mehr Sorgen machen als der endliche Putin.
In Bayern wird das [3][Gendern] in Schulen und Behörden verboten. Hätte
sich der Schüler Hubert Aiwanger an so ein Verbot gehalten?
Aiwanger weiß doch nicht mal, wie man korrekt trennt. Also sich und Nazis.
Gendern ist, lasst uns ehrlich sein, ein Elitensoziolekt. Jedenfalls noch.
Andere Eliten haben einen Heidinnenspaß daran, sich als antielitäre
Widerstandsbewegung zu verkaufen, etwa in der Bayerischen Staatsregierung.
Und natürlich greifen sie den Gegner – die Geschlechtergerechtigkeit – am
schwächsten Punkt an: gut gemeinte und mäßig gelungene Sprachjustierungen.
Damit sammeln sie viele Arglose ein, die Sprachgenauigkeit als mühsam,
umständlich, streberhaft und von oben verordnet empfinden. Jetzt kippt’s:
Indem die alte Sprache aufgezwungen wird, weckt man Verständnis für mehr
Sprachfreiheit. Interessanter Pendelschlag.
Donald Trump kann eine Strafe von mehr als 450 Millionen US-Dollar nicht
zahlen. Wird das seinem Wahlkampf schaden?
Neben der Frage, ob er das bezahlen kann, steht die, ob er das will. Seinem
Wahlkampf nutzt die Erzählung vom politisch Verfolgten, den das
Establishment fertigmachen will. Trumps Karriere besteht daraus,
Schulden mit Schulden, Loch mit Loch zu stopfen. Nun wird er mit der
Geschichte Spenden sammeln, will Wahlkampfgelder umwidmen und liegt auf dem
Wühltisch für Tycoons und Oligarchen, die sich immer schon mal einen
Präsidenten kaufen wollten.
Tiktok schränkt die Reichweite des AfD-Politikers [4][Maximilian Krah] nach
Regelverstößen ein, gegen den rechtsextremen Vordenker Martin Sellner aus
Österreich wurde ein bundesweites Einreiseverbot verhängt. Ist das der
richtige Weg, um mit rechten Hetzern umzugehen?
Alles, was Recht ist. Wir brauchen keine Zweifel zu hegen, dass die im
umgekehrten Falle mit der demokratischen Gesellschaft so umgingen.
Im [5][US-Bundesstaat Texas hat sich die Pornoplattform Pornhub
zurückgezogen], die Seite geht einfach nicht mehr. Aus Protest auf
Konservative. Die wollten mit einem Verbot – sagen sie zumindest – Kinder
schützen. Wieso schreiben es sich Rechte immer auf die Fahnen, alles für
die Kinder zu tun?
Noch ein Hufeisen, so, wie sich rechte und linke Positionen teils bei
Migration oder der Sehnsucht nach Autorität überlappen. Auch die deutsche
PorNo-Debatte fand ausgerechnet in der katholischen Kirche ihren
Bündnispartner. Allen gemein ist, über anderer Leute Sexualität bestimmen
zu wollen. Was, leider, im Detail etwa zum Kinderschutz nötig ist. Und im
großen Ganzen selbst eine Wichsfantasie.
Und was machen die Borussen?
Bis auf zehn Minuten Füllkrug kein Dortmunder auf dem Platz beim
Länderspiel. Wir dachten, dass es gut wäre; höhere Form von Unfallflucht.
Dann gewinnen die auf einmal.
Fragen: Livio Koppe, waam
24 Mar 2024
## LINKS
[1] /Cannabis-Legalisierung/!5997434
[2] /Terror-in-Moskau/!5999863
[3] /Gender-Verbot-an-Unis-und-Behoerden/!5996445
[4] /TikTok-Debatte-in-Deutschland/!5996585
[5] /US-Staat-gegen-Pornhub/!5996192
## AUTOREN
Friedrich Küppersbusch
## TAGS
Kolumne Die Woche
Friedrich Küppersbusch
Gendern
Bayern
Donald Trump
TikTok
Porno
Wladimir Putin
Russland
Cannabis
Schwerpunkt Demos gegen rechts
Cannabis
Schwerpunkt Gender und Sexualitäten
Schwerpunkt AfD in Berlin
## ARTIKEL ZUM THEMA
Omas gegen rechts: Übersehene Feministinnen
Die Omas gegen rechts sind derzeit die größte Frauenbewegung auf der
Straße. Zeit wird es, sie auch in die politischen Diskussionsrunden
einzuladen.
Cannabis-Legalisierung: Es ist eingetütet
Das Cannabisgesetz hat nun auch die Länderkammer passiert. Damit ist der
Weg frei für eine Alternative zur gescheiterten Verbotspolitik.
Gender-Verbot an Unis und Behörden: Verbotspartei CSU
An bayerischen Schulen, Hochschulen und Behörden darf nicht mehr gegendert
werden. Strafen in Schulen sind nicht geplant. Ein überflüssiges Verbot.
Verletzte Männlichkeit und AfD: Klebrige Kleinstbürgerei
Schluss mit der Verständnishuberei: Wer wissentlich eine rechtsextreme
Partei wählt, ist ein Rechtsextremist, kein Opfer der Verhältnisse.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.