# taz.de -- Neuer Bundespolizeibeauftragter Grötsch: „Ich werde sehr genau h… | |
> Uli Grötsch soll als Polizeibeauftragter Missstände bei der Bundespolizei | |
> aufklären. Seine erste Aufgabe sei, „Vertrauen zu gewinnen“, sagt | |
> Grötsch. | |
Bild: Wer wird kontrolliert und warum? Polizeistreife in der Essener Innenstadt | |
taz: Herr Grötsch, Sie waren 21 Jahre lang Polizeibeamter in Bayern und | |
saßen dann 10 Jahre für die SPD im Bundestag. Am Freitag sollen Sie zum | |
ersten [1][Polizeibeauftragten auf Bundesebene ernannt] werden. Was haben | |
Sie vor? | |
Uli Grötsch: Zuerst mal ist es mir eine Ehre, dieses Amt ausfüllen zu | |
dürfen. Damit verbindet sich meine frühere berufliche Erfahrung mit meiner | |
politischen Arbeit. Meine erste Aufgabe wird es sein, Vertrauen zu | |
gewinnen: bei den Beschäftigten der Polizei genauso wie bei den Bürgerinnen | |
und Bürgern. Denn für beide werde ich gleichermaßen da sein, das ist mir | |
enorm wichtig. Und dann geht es darum, mir einen Überblick zu verschaffen, | |
wo bei der Polizei Handlungsbedarf besteht. Dem komme ich mit großer | |
Motivation nach. | |
Sie werden zuständig sein vor allem für die Bundespolizei und das | |
Bundeskriminalamt – an den Bundestag angedockt, aber unabhängig. Ist es ein | |
Vorteil für das Amt, dass Sie selbst Polizist waren? | |
Ich glaube, ja. Weil ich beide Seiten kenne. Ich habe nach wie vor gute | |
Kontakte in die Polizei und behaupte zu wissen, wie diese tickt. Und ich | |
kenne auch die politische und zivilgesellschaftliche Seite, kenne NGOs oder | |
Forschende, die sich mit der Polizei auseinandersetzen. | |
Um die Einführung eines Polizeibeauftragten im Bund wurde jahrelang | |
gestritten, die Union und weite Teile der Polizei sind bis heute dagegen. | |
Was bedeutet vor diesem Hintergrund Ihre Ernennung? | |
Das ist tatsächlich eine große Zäsur. Es ist ein großer Schritt, den wir | |
jetzt gehen, ein richtiger. So ein Gesetz, wie es der Bundestag gemacht | |
hat, gibt es weltweit nicht. Damit sind wir state of the art. | |
Sie meinen, weil Sie einige Befugnisse haben werden? Sie können eigene | |
Untersuchungen durchführen, bei der Polizei Akten anfordern und | |
Dienststellen ohne vorherige Anmeldung betreten. | |
Ja, das sind gewichtige Instrumente – die aber auch notwendig sind, um | |
wirklich etwas bewirken zu können. Das ist ein verantwortungsvolles Amt, | |
das ist mit bewusst. Und so werde ich es auch ausfüllen. | |
Aber Teile der Polizei werden Sie gegen sich haben. | |
Ich habe die Reaktionen in den letzten Monaten natürlich sehr aufmerksam | |
verfolgt, und wahrscheinlich gibt es Einzelne, bei denen man die Vorurteile | |
nie wird abbauen können. Und ich weiß auch, dass etwa die Bundespolizei | |
gerade erst eine Vertrauensstelle eingerichtet hat. Aber wer sich an mich | |
wendet, wird eben auf eine unabhängige Instanz treffen – das ist noch mal | |
eine andere Sache. Und ich glaube, wenn die Beschäftigten erst mal sehen, | |
wie der Polizeibeauftragte arbeitet und wirkt, dann wird das Misstrauen | |
schnell geringer werden. | |
Haben Sie bereits einen Fall im Auge, den Sie als Erstes angehen wollen? | |
Spontan fallen mir viele Sachen ein, die ich mir ausführlicher angucken | |
möchte. Aber da einen konkreten Punkt zu benennen kommt zu früh. Wie | |
gesagt: Erst mal geht es darum, Vertrauen aufzubauen, bei den | |
Polizeibeschäftigten, in der Zivilgesellschaft oder in der Wissenschaft. | |
Eine Ihrer Aufgaben wird es zudem sein, strukturelle Probleme in der | |
Polizei anzugehen. Sie haben als Abgeordneter immer wieder vor | |
rechtsextremen Gefahren gewarnt, auch in der Polizei. Werden Sie hier nun | |
handeln? | |
Ich habe mich da tatsächlich immer deutlich geäußert. Und ich sehe auch | |
jetzt, dass wir in einer Zeit leben, in der Demokratiefeinde gezielt auch | |
Botschaften in die Polizei senden, um diese zu destabilisieren. Dem | |
entgegenzuwirken, das ist auch meine Aufgabe. Und es stimmt mich sehr | |
nachdenklich, wenn ich etwa sehe, dass in den [2][Zwischenergebnissen der | |
aktuellen Polizeistudie] 15 bis 20 Prozent der befragten Bediensteten sich | |
chauvinistisch äußern. Fast jeder dritte Befragte äußert sich abwertend | |
gegenüber Asylsuchenden. Da werde ich sehr genau hinschauen. Gegenmaßnahmen | |
aber sind politische Fragen, welche die Politik beantworten muss – das ist | |
nicht mehr meine Rolle. | |
Ein Vorwurf an die Polizei lautet immer wieder auch, dass sie Racial | |
Profiling praktiziert, also anlassunabhängige Kontrollen aufgrund der | |
Hautfarbe durchführt. | |
Die Ampel ist gerade dabei, ein Bundespolizeigesetz zu beschließen, das | |
explizit Racial Profiling ausschließt. Es ist völlig klar: In einem | |
vielfältigen Land, in dem jeder seinen Platz findet, hat Racial Profiling | |
keinen Platz. Ob es sich hier aber um ein strukturelles Problem handelt, | |
bleibt noch zu klären. | |
Rechnen Sie mit viel Arbeit als Polizeibeauftragter? | |
Das ist zum jetzigen Zeitpunkt schwer zu sagen. Aber ich denke, dass es | |
mehr als genug Arbeit geben wird. Daher bin ich sehr dankbar, dass ich eine | |
sehr starke personelle Aufstellung gewährt bekommen habe, mit 18 Stellen. | |
Das wird in jedem Fall ein Vorteil für die Aufgabe sein. | |
15 Mar 2024 | |
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## AUTOREN | |
Konrad Litschko | |
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