# taz.de -- Weltbank-Vize über Klimafinanzierung: „Wir müssen für eine bes… | |
> Wenn die Klimakrise nicht bewältigt wird, gibt es keine Sicherheit, sagt | |
> Axel von Trotsenburg. Vor allem in den afrikanischen Ländern fehle das | |
> Geld. | |
Bild: Katastrophen, wie diese Flut 2015 in Malawi, nehmen zu. Die Weltbank will… | |
taz: Herr van Trotsenburg, angesichts der Klimakrise hat die Weltbank bei | |
ihrem Treffen im Oktober [1][in Marrakesch eine Reform ihrer Arbeit | |
beschlossen]. Ihre Mission, „die extreme Armut zu beenden“, enthält nun | |
auch die Formel „auf einem bewohnbaren Planeten“. Die Weltbank soll etwa | |
über Geldgarantien mehr Handlungsspielraum bekommen, um Kredite an Länder | |
zu geben, die vom Klimawandel am härtesten getroffen werden. Wird die | |
Mission damit konkret? | |
Axel van Trotsenburg: Wir wollen das Garantiegeschäft entscheidend | |
ausbauen, auch als Instrument dafür, mehr Privatinvestitionen in | |
Entwicklungsländer zu bringen. Auch die „Climate Resilient debt clauses“ | |
wurden jetzt verabschiedet, also die Möglichkeit, eine Kreditrückzahlung | |
bei Klimanotlagen zu stunden. Aber das Wichtige, was in diesem Jahr | |
passieren wird, ist: Die Ressourcen für IDA, die Internationale | |
Entwicklungsgesellschaft, werden aufgestockt. Das ist unser Fonds, der | |
teils zinsfreie Kredite und Zuschüsse für die ärmsten Länder gibt. | |
Und wie steht es um die versprochene Umschichtung von Mitteln in Richtung | |
Klimakrise? | |
Wir haben bei der COP 28 zugesagt, unser Klimaengagement neuerlich zu | |
steigern – und wir sind dabei weitergekommen. Letztes Jahr gingen für die | |
Weltbankgruppe an die 38 Milliarden Dollar in diesen Bereich, das sind 40 | |
Prozent aller Finanzzusagen. Und wir möchten im nächsten Fiskaljahr 45 | |
Prozent erreichen. Wir sind auch im Loss-and-Damage-Fonds engagiert. Bei | |
der COP in Dubai wurden wir gefragt, ob die Weltbank diesen Fonds | |
einrichten könne. Wir planen, das dem Board vor der Frühjahrstagung | |
vorzulegen. | |
Ein weiteres Element des Reformprozesses war die neue Finanzierung durch | |
sogenanntes hybrides Kapital, durch das Ausgeben von Anleihen der Weltbank. | |
Deutschland hat dafür ein Zusage gemacht. Was machen die anderen Länder? | |
Wir sind im Kontakt mit verschiedenen Ländern und haben es sehr begrüßt, | |
dass Deutschland als erstes Land eine Hybridkapitalzusage gemacht hat. | |
Wie groß ist denn die Bereitschaft des Privatkapitals, in | |
Entwicklungsländern einzusteigen? | |
Über welches Privatkapital reden Sie? Man muss unterscheiden: Die | |
Finanzierung für Entwicklung läuft insbesondere durch einheimische | |
Investitionen, von Einheimischen. Dazu kommt ausländisches Privatkapital, | |
dann bilaterale Investitionen, dann kommt die multilaterale Komponente | |
dazu. Das meiste private Kapital ist in asiatische Länder geflossen, auch | |
aus Deutschland, weil die Investitionen dort am rentabelsten sind. | |
Und was ist dagegen zu sagen? | |
Nichts. Aber es sollten in allen Entwicklungsländern und vor allem in | |
Afrika mehr Investitionen getätigt werden. Wir glauben, dass es da sehr | |
viele Möglichkeiten für den Privatsektor gibt. Noch dazu sollte man | |
überlegen, dass Millionen Arbeitsplätze in Afrika geschaffen werden müssen, | |
denn es ist ein sehr junger Kontinent. Und dafür braucht man den | |
Privatsektor, denn das wird die öffentliche Hand nicht schaffen. Das | |
bedeutet aber auch, dass die Länder selbst die Rahmenbedingungen dafür | |
schaffen müssen. Das einheimische Privatkapital sollte mit Investitionen | |
Vorreiter sein, sodass sich auch ausländisches Kapital zunehmend engagiert. | |
Aber es ist ganz wichtig zu betonen, dass die Rahmenbedingungen stimmen | |
müssen. | |
Sie haben schon 2019 von den Staaten der Welt gefordert, tatsächlich | |
klimagerechtere Politik zu machen. Sie haben von privaten Kapitalgebern | |
gefordert, mehr in die Transformation zu investieren. Wo stehen wir da? | |
Bei der Halbzeitüberprüfung der 17 UN-Nachhaltigkeitsziele in New York im | |
vergangenen Jahr wurde festgestellt, [2][dass nur 15 Prozent der Ziele | |
erreicht wurden]. Das heißt: Wir sind off track. Wir müssen unsere | |
Anstrengungen in allen Bereichen verstärken. Zum ersten Mal seit | |
Jahrzehnten hat die extreme Armut wieder zugenommen. Kinder waren nicht | |
mehr in der Schule. Und es besteht das Risiko, dass gerade viele Mädchen | |
permanent aus der Schule raus sind. Die Learning poverty – dass die Kinder | |
vielleicht in der Schule sind, aber nichts lernen – hat auch wieder | |
zugenommen. Vor allem in Asien sind allerdings auch große Erfolge bei der | |
Armutsbekämpfung erzielt worden. Trotzdem gibt es riesige | |
Herausforderungen. Als Welt, die so vernetzt ist, kann man sich nicht | |
einfach davon abkapseln. Das ist ein Appell an alle OECD-Länder, weiter | |
stark engagiert zu bleiben – insbesondere auf dem afrikanischen Kontinent. | |
Man muss auch sehen: Ein nicht bewältigtes Klimaproblem wird auch | |
Sicherheitsfragen aufwerfen. Wenn die Klimafrage nicht entsprechend | |
behandelt wird, wird vor allem in den ärmsten Ländern die extreme Armut | |
zunehmen. Mit extremer Armut kommen auch gesellschaftliche Spannungen. Und | |
der nächste Schritt ist Unsicherheit in den Ländern. Es gibt ganz klare | |
Verbindungen – den Nexus, wie wir sagen – zwischen Sicherheit, humanitärer | |
Hilfe und Entwicklung. Das kann man nicht mehr getrennt behandeln. | |
Die [3][Premierministerin von Barbados, Mia Mottley], hat zum Umbau der | |
internationalen Finanz- und Kreditinstitutionen aufgerufen, die sogenannte | |
Bridgetown-Initiative. Sehen Sie das als Rebellion gegen die Weltbank oder | |
als eine Form der Aufforderung an Sie zu handeln? | |
Die Frage ist angesichts der Herausforderungen doch: Wie kann man die | |
internationale Gesellschaft mobilisieren? Auch multilaterale Organisationen | |
brauchen diese Unterstützung, damit sie mehr machen können. Diese | |
Bridgetown-Initiative ist gut, weil Aufmerksamkeit geschaffen wird. Denn | |
die kritische Masse fehlt noch. | |
Welche Hoffnung hält Sie am Laufen? | |
Meine Hoffnung? Idealismus. Den habe ich, seit ich klein war. Wir haben | |
eine Grundsatzverpflichtung, für eine bessere Welt zu kämpfen. Die Weltbank | |
macht das jeden Tag. Man muss kämpfen. Man kriegt nichts geschenkt, aber | |
man kann eine Veränderung herbeiführen. Und das hält mich motiviert. | |
Wie geht das, wenn es vielen im Moment schwerer fällt, kämpferisch zu sein | |
und idealistisch? | |
Man muss nur in die Länder reisen, die heute fragile Staaten sind. Dann | |
weiß man, dass wir unheimlich privilegiert sind. Und wenn wir darauf | |
zurückblicken, wie groß die Hilfsbereitschaft nach dem Zweiten Weltkrieg | |
war, anderen Ländern beim Wiederaufbau zu helfen, dann muss man | |
konstatieren: In schwierigeren Lagen waren die Leute wesentlich großzügiger | |
als heute. | |
Was würden Sie Leuten mitgeben, die engagiert sind, aber auch skeptisch auf | |
die Zukunft blicken? | |
Vor über 60 Jahren schrieb der Nobelpreisträger Gunnar Myrdal ein Buch | |
unter dem Titel „Asian Drama“. Darin attestierte er dem ganzen asiatischen | |
Kontinent, dass er unmöglich zu entwickeln sei. Schauen Sie, wo wir heute | |
sind. Es ist auch in Afrika möglich. Aber wir müssen investieren. | |
12 Mar 2024 | |
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## AUTOREN | |
Barbara Junge | |
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