Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Berlin auf der ITB 2024: Maskottchen rührt die Werbetrommel
> Es geht wieder steil nach oben mit Besucherzahlen. Auf der ITB wird um
> mehr Touris geworben. Grüner kritisiert die unkritische Freude am
> Overtourism.
Bild: Auf der ITB am Berlin-Brandenburg-Stand: Kai Wegner und Franziska Giffey …
Berlin taz | Massenansturm am S-Bahnhof Messe Süd, das ist eine gute
Nachricht: Die Mehrheit der Besucher reist am Dienstagmorgen mit der
S-Bahn an. Bis Mittwoch findet die Internationale Tourismus Börse (ITB)
statt, zum zweiten Mal nach Corona als Live-Event. Stand die Messe früher
auch normalem Publikum offen, bleiben die internationalen Vertreter der
Tourismusbranche nun unter sich.
In Halle 27 sind erstmals die Angebote aus den deutschsprachigen Ländern in
einer Ausstellungshalle vereint. Berlin und Brandenburg teilen sich eine
Ecke und verkaufen sich sinnigerweise als eine Urlaubsregion – „German
Capital Region“ heißt es auf Englisch. Es gibt Getränke, ein Buffet und
viele verschiedene Ansprechpartner.
Jeremy Poppen ist einer von ihnen. Er ist Mitarbeiter der [1][Bermark
Incoming GmbH], die es seit 2015 gibt und für Berlin-Besuchergruppen eine
Reise nach Wunsch zusammenstellt, organisiert und durchführt. „Die ITB ist
wichtig für die Akquise von Neukunden“, sagt Poppen.
Sein Chef stellt sich dazu. „Die ITB ist nun mal DER Treffpunkt für die
gesamte Tourismusfamilie, der wichtigste Termin des Jahres“, sagt
Christopher Schreiber auf die Frage, wie wichtig die ITB wäre. „Hier kann
man viele Kunden persönlich sehen, das ist gut.“ Und teuer, könnte man
hinzufügen. Die Teilnahme lässt sich die Firma mit neun Mitarbeitenden
3.000 Euro pro Tag kosten.
## Das Spionagemuseum ist auch dabei
Andere Berliner Dienstleister beziehungsweise Anbieter, die sich mit ihren
kleinen Ständen die analoge Präsenz leisten, sind zum Beispiel die Firma
[2][„Original Berlins Walks“], die Stadtführungen anbietet. Oder das
Park-Inn-Hotel vom Alexanderplatz, der BER natürlich und die Stiftung
Humboldt Forum im Berliner Schloss sowie das [3][Deutsche Spionagemuseum].
Für den ITB-Auftritt der Hauptstadt hat [4][visitBerlin] den Hut auf: Unter
dieser Marke agiert die Berlin Tourismus & Kongress GmbH, die
„Destinationsmanagement“ sowie Tourismus- und Kongressmarketing für Berlin
betreibt. Das Land Brandenburg ist durch die [5][Tourismus-Marketing
Brandenburg GmbH] (TMB) vertreten.
visitBerlin hatte bereits Ende Februar auf einer Pressekonferenz auf dem
Fernsehturm – ein touristisches Highlight – Zahlen für das Jahr 2023
verkündet: „Die Erholung des Berlin-Tourismus setzt sich fort“, hieß es
dort, als Zahlen der aktuellen Bilanz des Amts für Statistik
Berlin-Brandenburg veröffentlicht wurden. 12 Millionen Gäste waren demnach
letztes Jahr in Berlin besucht und buchten 29,6 Millionen Übernachtungen,
ein plus von 16 Prozent bei den Gästen, die Zahl der Übernachtungen nahm um
12 Prozent zu. Berlin gehöre „in Europa mit London und Paris zu den
Top-Städten“, frohlockte bei diesem Termin SPD-Wirtschaftssenatorin
Franziska Giffey.
Tourismus und Berlin: In einem Atemzug werden Stichworte wie Weltoffenheit
und Toleranz, Kultur und Kreativität, Kiez und Metropole gerne verwendet –
neuerdings wird auch vom städteverträglichen Tourismus gesprochen. „Diese
Entwicklung ist gut für unsere ganze Stadt und wir unterstützen die Branche
auch weiterhin gezielt“, so Giffeys Devise.
## „Albert“ heißt das Maskottchen der Fußball-EM
Ganz in diesem Sinne stand der Messerundgang von Giffey am Dienstagmorgen,
die zusammen mit dem Regierenden Bürgermeister unterwegs war. Punkt 10.16
Uhr biegt Kai Wegner um die Ecke und steuert den Pressesprecher von
visitBerlin an. „Tach“, sagt der Regierende die Hand von Christian Tänzler
schüttelnd, „mich zieht es immer gleich zu Berlin.“
Wegner und Giffey posieren für Bilder. Der Regierende sagt Sätze wie „in
Berlin gibt es unglaublich viel zu entdecken“ auf die Frage, warum die ITB
wichtig sei. Und Giffey schnappt sich für ein paar Fotos „Albert“ – so
heißt das Maskottchen, das für die Uefa-Fußball-EM im Sommer Werbung macht.
Das Event soll Millionen Gäste aus aller Welt in die Stadt locken.
In die deutsche Hauptstadt zieht es nach wie vor aber viele Deutsche; ein
Trend, der sich in der Coronapandemie verstärkt hatte. 2023 lag der Anteil
der internationalen Übernachtungen erstmals seit 2019 wieder bei über 40
Prozent. Internationale Gäste kamen vor allem aus Großbritannien (plus 35
Prozent), den USA (plus 19) oder Italien (23). Auch polnische Gäste reisten
vermehrt nach Berlin (607.000 Übernachtungen, ein Plus von 30 Prozent).
Burkhard Kieker, Geschäftsführer von visitBerlin, sagt dazu: „Berlin ist
angesagt. Von diesem Erfolg profitiert die ganze Stadt, insbesondere die
Kultur-, Tourismus und Eventbranche.“
## Die Going Local-App
Aber ist dieses „immer mehr“ eine gute Entwicklung? Immerhin gibt es seit
einigen Jahren die Bestrebungen, die Touristenströme aus der Innenstadt
heraus zu locken – in andere, nicht so angesagte Kieze, die dennoch
Sehenswürdigkeiten bieten. „Berliner Bezirke“ ist einer der Stände, an
denen es Informationen über die App [6][„Going Local Berlin“] gibt, die
seit über 10 Jahren versucht, Berlin-Besucher für etwas Anderes zu
inspirieren als Museumsinsel & Co.
„Die Reisen individualisieren sich immer mehr“, sagt visitBerlin-Sprecher
Christian Tänzler der taz, „und da bieten sich die Berliner Bezirke an.“
Gartenfreunden würden die „Gärten der Welt“ in Marzahn gefallen.
Naturfreunden das Tegeler Fließ mit seinen Wasserbüffeln. „Und
Wassersportfans würde ich nach Treptow-Köpenick schicken.“ Genau das macht
die App.
Von Overtourismen – also dem Massentourismus und seinen negativen Folgen
für die Stadt und ihre Bewohner:innen – ist allerdings keine Rede. Dass
dies jedoch „definitiv ein Problem in der Stadt ist“, sagt Julian Schwarze,
Sprecher für Tourismus der Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus, der taz.
„Das ist in der Tourismuspolitik des Landes Berlin völlig ausgeblendet
worden. Bis 2016 ging es immer nur um das Mehr und neue Besucherrekorde.“
Mit dem damaligen Regierungswechsel zu Rot-Rot-Grün sei dieses Konzept
überarbeitet worden, stadtverträglicher Tourismus ein Thema geworden.
Schwarze: „Derzeit erleben wir wieder einen Schwenk – Hauptsache,
Besucherrekorde.“
5 Mar 2024
## LINKS
[1] https://www.bermark.de/
[2] https://www.berlinwalks.de/
[3] https://www.deutsches-spionagemuseum.de/
[4] https://www.visitberlin.de/de
[5] https://www.tourismusmarketing-brandenburg.de/
[6] https://www.visitberlin.de/de/going-local-berlin-app
## AUTOREN
Andreas Hergeth
## TAGS
ITB Tourismus Börse
Berlintourismus
Massentourismus
Franziska Giffey
Kanada
ITB Tourismus Börse
Tourismus
Schwerpunkt Klimawandel
Schwerpunkt Fußball-EM 2024
ITB
Schwerpunkt Klimawandel
## ARTIKEL ZUM THEMA
Werbekampagne in Kanada: Wie der Bär den Biber anlockte
Die politischen Entwicklungen in den USA sorgen dafür, dass
Kanadier:innen ihr Lieblingsreisedomizil ändern. Nun wirbt Berlin um
sie.
Schwarz-Rot auf Bundesebene: „Ich habe da was beizutragen“
Franziska Giffey (SPD), Wirtschaftssenatorin, Ex-Regierende und frühere
Bundesministerin, würde gerne über eine Koalition mit der CDU
mitverhandeln.
Reisen in der Klimakrise: Länger Urlauben hilft dem Klima
Passen sich Urlaubsreisende der Klimakrise an? Nein, nicht nachhaltig,
zeigt die Forschung. Helfen könnten weniger Kurztrips.
Internationale Tourismusbörse in Berlin: Reisen so wie früher
Die Tourismusbranche beteuert, dass sie sich der Klimakrise angenommen hat.
Stimmt das? Ein Rundgang über die ITB lässt Zweifel aufkommen.
Rahmenprogramm zur Fußball-EM in Berlin: Spaß für Millionen
Zur Fußball-EM findet das Fan Festival Uefa Euro 2024 mit großem
Rahmenprogramm in ganz Berlin statt. Ist das angesichts klammer Kassen
zeitgemäß?
Internationale Tourismusbörse in Berlin: Raus aus der Werbeschleife
Die ITB steht vor der Tür: Wie wird der Tourismus in Berlin nach der
Pandemie aussehen? Ein Plädoyer für weniger Marketing und mehr
Tourismuspolitik.
Tourismus in der Krise: Reisen wir bald nachhaltiger?
Die Pandemie hat den Tourismus lahmgelegt. Viele fordern einen ökologischen
Neustart. Die Internationale Tourismusbörse setzt auf Umweltbewusstsein.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.