# taz.de -- Rahmenprogramm zur Fußball-EM in Berlin: Spaß für Millionen | |
> Zur Fußball-EM findet das Fan Festival Uefa Euro 2024 mit großem | |
> Rahmenprogramm in ganz Berlin statt. Ist das angesichts klammer Kassen | |
> zeitgemäß? | |
Bild: So sah es 2010 auf der Berliner Fanmeile zur Fußball-WM aus – hier vor… | |
Wer erinnert sich noch an das Sommermärchen von 2006, als halb Berlin (und | |
der Rest der Republik) im Freudentaumel auf eine angenehme, bislang nicht | |
dagewesene Art die Liebe zum eigenen Land entdeckte? Es gab fröhliche, | |
enthusiastische wie entspannte Menschenmassen und haufenweise | |
Deutschlandfahnen beim Public Viewing. Und ein neues Deutschlandbild. | |
Dieses Feeling wird im Sommer 2024 wieder heraufbeschworen – so zumindest | |
die Hoffnung. Denn in verschiedenen deutschen Großstädten findet die | |
[1][Fußballeuropameisterschaft der Herren] statt. Neben fünf weiteren | |
Spielen ist Berlin auch Austragungsort des Finales. Man stelle sich vor, | |
die deutsche National-Elf würde so weit kommen: Fußball-Deutschland aus dem | |
Häuschen – okay, man wird ja wohl noch träumen dürfen. | |
Spruchreif sind nun die Pläne für das umfangreiche Rahmenprogramm in Berlin | |
rund um die EM. Am vergangenen Montag wurde es den Mitgliedern des | |
Kulturausschusses des Abgeordnetenhauses von Alma Seiberth vorgestellt. Sie | |
arbeitet als Projektkoordinatorin des Fan Festival Uefa Euro 2024 – so der | |
offizielle Name das Rahmenprogramms. | |
Verantwortlich für Planung und Umsetzung zeichnet die Kulturprojekte | |
Berlin, eine landeseigene GmbH. Sie geht von bis zu 2,5 Millionen Fans aus | |
aller Welt aus, die in Berlin einfallen könnten. | |
## Ein spektakulärer Hotspot | |
Von der Uefa kommt unter anderem die Vorgabe, dass es einen spektakulären | |
Hotspot geben muss. Das Brandenburger Tor, so das Versprechen, soll deshalb | |
an den 31 Tagen der EM in das angeblich größte Fußballtor der Welt | |
verwandelt werden. [2][In einer Animation von Kulturprojekte Berlin] sieht | |
man ein überdimensioniertes Tor samt riesigem Kunstrasen. „Wir rollen für | |
alle Berlinerinnen und Berliner sowie alle Gäste den grünen Rasen aus: Die | |
Straße des 17. Juni wird zum Spielfeld für alle“, verspricht | |
Geschäftsführer Moritz van Dülmen. | |
Es wird geklotzt und nicht gekleckert: Eine zweite „Fan Zone“ soll es vor | |
dem Reichstag geben, natürlich mit Public Viewing, also live übertragenen | |
Spielen. Zwischendurch sollen verschiedene Veranstaltungen für Abwechslung | |
und Stimmung sorgen. Vorgesehen sind Konzerte und DJ-Sets, Ausstellungen, | |
ein kuratiertes Kinoprogramm, Talkrunden sowie Events für Kinder und | |
Familien; einen Tag lang werden auch inklusive Sportarten vorgestellt. | |
Neben den beiden Fan Zones ist ein stadtweites Rahmenprogramm von und mit | |
Kulturakteur:innen aus der ganzen Stadt in Planung, das die kulturelle | |
Vielfalt Berlins abbilden soll. Die Bandbreite ist beachtlich: Das Theater | |
Rambazamba ist dabei, das Humboldt Forum, aber auch das Theater unterm Dach | |
oder der [3][Pride Month], das queere Festival rund um die CSD-Saison. | |
Insgesamt, ließe sich resümieren, ein zu begrüßendes Unterfangen, ein | |
tolles Event. Einerseits. | |
## Vor dem Karren der Uefa | |
Andererseits: Das Ganze kostet eine Stange Geld. Laut Kulturprojekte Berlin | |
GmbH stehen insgesamt 21 Millionen Euro für das Rahmenprogramm zur | |
Verfügung, der Löwenanteil geht für Infrastruktur, Sicherheit, Honorare | |
etc. drauf. Ist das gut angelegtes Geld? Ist das noch zeitgemäß? | |
Denn worum geht es eigentlich? Ein paar Wochen lang dreht sich alles um die | |
angeblich wichtigste Sache der (Sport)Welt. Es geht um Tore, Tore, Tore. Es | |
geht aber auch und vor allem um Geld und Rendite, die Uefa ist ein perfekt | |
orchestriertes, weltweit agierendes Unternehmen, das die Gastgeberländer | |
und die gastgebenden Kommunen vor ihren Karren spannt. | |
Natürlich hat auch Berlin etwas davon. Die Touristenmassen aus dem eigenen | |
Land und dem Ausland werden die Hauptstadt fluten (mit allen Auswirkungen | |
auf die Umwelt, Stichwort CO2-Fußabdruck) und hier – hoffentlich – in | |
Hotels und bei privaten Übernachtungsanbietern, in Geschäften, Restaurants, | |
Bars und Clubs für mehr Umsatz als sonst im Sommer sorgen. | |
Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD) betont diesen Umstand gerne. | |
Das ist ja auch allen zu gönnen. Aber rechtfertigt das die Investitionen in | |
so ein groß angelegtes Rahmenprogramm? Das muss letztens Endes jeder für | |
sich selbst beantworten. Fußballfans werden so eine Frage mit einem klaren | |
Ja beantworten. Alle anderen dürften eher einem Nein zuneigen. | |
So oder so: In Zeiten klammer Kassen ist das auf alle Fälle eine sehr | |
berechtigte Frage. | |
17 Feb 2024 | |
## LINKS | |
[1] https://de.uefa.com/euro2024/news/0259-0e7a5d34721c-1967ef446646-1000--uefa… | |
[2] https://kulturprojekte.berlin/projekte/euro-2024-berlin/ | |
[3] https://www.pridefestival.de/ | |
## AUTOREN | |
Andreas Hergeth | |
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