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# taz.de -- ESC, Berlinale, Joe Biden: An der Krise vorbei
> Wenn nur die Haltung zählt. Oder: Dinge, die man toll im Feuilleton
> diskutieren kann, während das Elend der Welt ungestört seinen Gang
> weitergeht.
Bild: Am Ende einer nächsten Amtszeit wäre Joe Biden 86 Jahre alt
taz: Herr Küppersbusch, was war schlecht vergangene Woche?
Friedrich Küppersbusch: Geheimhaltung bei der Luftwaffe.
Und was wird besser in dieser?
Noch mal rumschwadronieren, mit Absicht!
[1][Stimmen nach einer Arbeitspflicht für Asylsuchende] wurden in der
vergangenen Woche laut, Kritik daran ebenso. Handelt es sich um eine ganz
normale demokratische Debatte?
Bisher gibt’s bei uns „keine Arbeit als Strafe“ und „Arbeit als Strafe�…
nach Status und Unterbringung dürfen Flüchtlinge 3 bis 15 Monate nicht
arbeiten. Oder „sind zur Wahrnehmung einer zur Verfügung gestellten
Arbeitsgelegenheit verpflichtet“, nach dem Asylbewerberleistungsgesetz.
Liest man das mal als Selbstauskunft des Patienten Deutschland, hat unser
Therapeut noch ’ne Menge Arbeit vor sich. Wenigstens der. Offenbar ist uns
Arbeit so kostbar, dass wir sie anderen verweigern. Und zugleich so
widerwärtig, dass wir andere damit abstrafen. Ein vielsprachiges Banner,
„Sorry, wir sind bisschen psycho“, sagte das Gleiche. Dagegen wäre
gemeinsames Interesse, schnellstens Spracherwerb zu organisieren,
Fähigkeiten zu checken und Ausbildung zu fördern. Die Arbeitspflicht gibt
es längst, die Kommunen machen nur keinen Gebrauch davon. So ähnlich wie
die bargeldlosen Leistungen, die es auch vor der Bezahlkarte gab. Kurz: Wir
sind mit uns selbst im Unreinen und tragen das als Auswärtsspiel aus.
Der ÖPNV wird mal wieder bestreikt, diesmal tut sich Verdi mit den
Klimaschützern von Fridays for Future zusammen. Sieht so die Zukunft von
Klimaprotesten aus?
Greta Thunberg bekommt Frührente, ihre Statements zu Israel belasten FFF in
Deutschland. Die „Klimakleber“ brachten auch wohlwollende
Verkehrsteilnehmer gegen sich auf. Und dann ist da noch der Ruch reicher
Kinder, die sich Klimaschutz locker leisten können: FFF hat ein solides
Imageproblem und bräuchte etwas, das langweilig, seriös und straff
organisiert ist. Das hätte Verdi sich auch nicht gedacht, mit diesem Image
mal auftrumpfen zu können. Passt.
[2][Künstler_innen fordern einen Boykott Israels beim Eurovision Song
Contest,] auch Proteste gegen eine Teilnahme des Landes an den Biennalen in
Venedig werden lauter. Ist das schon antisemitisch? Oder wollen einfach
alle dabei sein?
Ich sehe den Untergang des Abendlandes noch nicht vor mir, wenn bei der
Berlinale ein paar AfD-Irrläufer rumstehen oder jemand dringend ein
Pali-Tuch tragen muss. Der ESC feierte die schurkische Autokratie
Aserbaidschan, gab sich dann wieder als singende Vorhutorganisation der
Nato und soll nun noch kurz Hamas-Terror und Israels Kriegsführung in
Ordnung bringen. Viele wollen sich mit ihrer korrekten Haltung adeln,
machen aber einfach nur den Korridor gestatteter Meinungen enger. Da kann
man toll im Feuilleton diskutieren, während das Elend der Welt ungestört
weitergeht.
Laut der Zeitverwendungserhebung 2022 leisten [3][Frauen immer noch
deutlich mehr unbezahlte Care-Arbeit als Männer.] Haben Sie in der
Angelegenheit die Konten ausgeglichen?
Habe meine Gefährtin gefragt, und sie sagt ohne ihren Anwalt gar nichts.
Inoffiziell lässt sie ausrichten, es sei okay. Unsere Kinder sind groß, wir
caren uns um unseren eigenen Kram wieder. Ich hatte Glück, viel mehr machen
zu können als etwa mein Vater, und befürchte, es war viel weniger als die
Hälfte. In dunklen Stunden denke ich, social load ist auch social power –
also die Frage an Frauen, wie viel Arbeit sie abgeben wollen, wenn es in
dem Bereich auch Machtverlust bedeutet. Ups, da ruft schon der Anwalt an.
Schweden darf der Nato beitreten, nachdem Ungarn mit Ja gestimmt hat. Wieso
hat sich Orbán umentschieden?
Ihm war halt danach. Für sein Gequengel hat er einen Staatsbesuch von
Schwedens Premier Kristersson bekommen und die Fortsetzung eines
Kampfjetdeals, der jedoch ohnehin lief. Im Nachhinein stellt sich eher die
Frage, warum er sich dann überhaupt quergestellt hat. Schurkensoli mit
Putin und Erdoğan und schade eigentlich, dass keine substanzielle Debatte
über die Nato-Erweiterung rauskommen kann bei solchen Protagonisten.
Nach Einschätzung seiner Ärzte ist der US-Präsident uneingeschränkt fit für
seinen Job. Hört das Biden-Bashing jetzt auf, oder haben alle einfach zu
viel Spaß daran?
Konrad Adenauer war bei seinem Rücktritt 87, das kann Biden nicht mehr
schaffen. Am Ende einer nächsten Amtszeit wäre er 86. Ein Unterschied ist
mediale Rund-um-die-Uhr-Überwachung, mit der man vermutlich auch den
deutschen Urkanzler zum greisen Honk hätte runterfotografieren können.
Sei's drum, es ist ein Wahlkampf morsch gegen dorsch.
Und was machen die Borussen?
Nach dem Sieg bei Union ist Trainer Edin Terzić wieder im Spiel. Bayern ist
ein Drama, wir sind ’ne Soap. Fragen: Livio Koppe
3 Mar 2024
## LINKS
[1] /Ausbeutung-von-Migrantinnen/!5993156
[2] /Kontroverse-um-Israels-ESC-Beitrag/!5991993
[3] /Arbeitsteilung-im-Alltag/!5992232
## AUTOREN
Friedrich Küppersbusch
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