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# taz.de -- Diebstahl und die Folgen: Wenn man plötzlich radlos dasteht
> Manchmal läuft alles gut – und dann ist das Fahrrad weg. Viel Zeit zum
> Nachdenken und auch, um einen Lichtblick zu sehen.
Bild: Außer einem Überbleibsel alle Räder weg. Fahrradständer in Berlin
Kürzlich trat ich nach einer Lesung und einem guten Glas Weißwein bestens
gelaunt auf die Straße. Es regnete nicht mehr und noch nicht wieder, bestes
Fahrradwetter für den Nachhauseweg also.
Allein: An den vorhin noch zugeparkten Fahrradbügeln vor dem Haus stand
kein einziges Rad mehr. Seltsam. Wo waren die alle hin? Ich blickte mich
suchend um. War hier irgendwo eine versteckte Kamera? Würden gleich
fröhliche Menschen auftauchen, die sich über meinen verblüfften
Gesichtsausdruck freuten? Zwei Autos fuhren vorbei. Ein paar Jugendliche
latschten in das gegenüberliegende Haus. Sonst war alles ruhig. Und mein
[1][Fahrrad] war geklaut.
Es war nicht das erste. Ein anderes ist mir vor Jahren aus dem
verschlossenen Kellerabteil gestohlen worden, drei weitere von
Laternenmasten oder Fahrradbügeln geschnitten worden. Ich habe immer einen
alert bei Ebay eingerichtet, bin die Kleinanzeigen durchgegangen und die
gängigen Flohmärkte abgelaufen. Nichts.
Damit bin ich nicht allein. Ungefähr 600.000 Räder werden jedes Jahr in
Deutschland gestohlen. Nur jeder zehnte Raddiebstahl wird aufgeklärt, in
Städten jeder zwanzigste. Damit ist die Aufklärungsquote bei
Fahrraddiebstählen so niedrig wie bei kaum einer anderen Straftat. Aber
anstatt die Rahmenbedingungen zu ändern, gibt es von den Verantwortlichen
wie so oft Tipps für Radfahrer, sie sollten sich um Eigenschutz kümmern,
etwa „ein gutes Schloss verwenden“ oder „das Rad nachts nicht draußen
stehen lassen“.
Mein Schloss hatte 130 Euro gekostet, Sicherheitsstufe 13 von 15.
Restaurants, Kneipen und dergleichen erlauben gewöhnlich nicht, dass man
sein Fahrrad mit rein nimmt. Und wer möchte wirklich, dass jedes am Bahnhof
abgestellte Rad mit in den Zug genommen würde?
## Einfach mal loslegen
Mein Vorschlag wäre, das Problem einfach anzugehen. Fahrraddiebstahl wird
inzwischen oft von gut organisierten, internationalen Banden betrieben. Wie
wäre es, die Rahmennummern und Codierungen der gestohlenen Räder in die
Absatzländer weiterzugeben, damit die dortigen Polizisten mal eine
Erfolgsrunde auf Gebrauchtradmärkten drehen können? Oder hierzulande
Polizisten eigens fürs Thema [2][Raddiebstahl] abzustellen?
In Potsdam sanken nach Einrichtung so einer Abteilung die Diebstahlzahlen
erheblich, gleichzeitig stieg die Aufklärungsquote. Volkswirtschaftlich
wäre das auch ein Thema – immerhin zahlen Versicherer jährlich 140
Millionen an Leistungen für gestohlene Räder aus.
Klar ist: Fahrräder sind die Antwort auf fast alle Lebensfragen. Sie halten
fit, sind vergleichsweise preiswert, lärmen, schmutzen, streiken und stauen
nicht. Toll wäre, wenn dafür gesorgt würde, dass sie auch bleiben, wo man
sie abgestellt hat. Immerhin ist so ein Schlechtwetter-Raddiebstahl auch
ein schönes Zeichen, finde ich. Früher wäre mein Rad im Winter das einzige
am Fahrradbügel gewesen. [3][Jetzt hatten da zehn Räder gestanden], und
alle zusammen lohnten den Einsatz.
16 Feb 2024
## LINKS
[1] /Fahrrad/!t5007577
[2] /ADFC-Experte-ueber-Raddiebstahl/!5854094
[3] /Fahrradpolitik-im-neuen-Jahr/!5986539
## AUTOREN
Kerstin Finkelstein
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