# taz.de -- Gasimporte in Österreich: Zu 98 Prozent russisches Erdgas | |
> Trotz des Kriegs gegen die Ukraine bezieht Österreich weiter den Großteil | |
> seines Erdgases aus Russland. Gazprom-Verträge erschweren den Ausstieg. | |
Bild: Hier kommt Gas aus Russland an: Gasspeicher im österreichischen Haidach | |
WIEN taz | Österreich macht auch zwei Jahre nach Beginn des großflächigen | |
Ukrainekriegs kaum Anstalten, aus russischem Gas auszusteigen. [1][98 | |
Prozent betrug der russische Anteil am gesamten importierten Erdgas letzten | |
Dezember]. Auf das gesamte Jahr 2023 gerechnet betrug der russische Anteil | |
etwa zwei Drittel, ebenso hoch wie schon 2022. Zum Vergleich: Die EU | |
insgesamt importiert nur noch knapp 15 Prozent ihres Gases aus Russland, so | |
eine Berechnung des Wiener Thinktanks NEOS Lab. | |
Auch wenn die grüne Energieministerin Leonore Gewessler angesichts der | |
neuen Zahlen kurzfristig eine Pressekonferenz zu weiteren Schritten | |
einberufen hat: Die Bilanz ist beschämend und es ist kein Ende in Sicht. | |
Neben Ungarn ist kein anderes EU-Land derart abhängig von russischem Gas. | |
Das wird mittelfristig auch so bleiben. Mit einem Ausstieg bis 2027 war das | |
Ziel der ÖVP-grünen Bundesregierung von Anfang an wenig ambitioniert. Die | |
Abhängigkeit sei über Jahrzehnte gewachsen, ein schnellerer Ausstieg sei | |
nicht machbar, so die Regierung. Während Deutschland, Tschechien und | |
Italien ihre Importe auf nahezu null drückten, überweist Österreich | |
weiterhin monatlich durchschnittlich 300 Millionen Euro nach Russland. Und | |
dies, obwohl mittlerweile alternative Gaskapazitäten, etwa aus Italien und | |
Deutschland, gesichert wurden. Dass darauf nicht schon jetzt | |
zurückgegriffen wurde, liege laut Gewessler an „Marktversagen“. Ihr | |
Ministerium wolle nun staatliche Verpflichtungen für die Energieunternehmen | |
erarbeiten. | |
Aber selbst ein vollständiger Ausstieg bis 2027 ist alles andere als in | |
Stein gemeißelt. Dies liegt auch an einem Vertrag zwischen Österreichs | |
[2][wichtigstem Energiekonzern OMV und der russischen Gazprom], mit dem | |
sich Österreich bis 2040 an Russland gebunden hat. Die Unterfertigung | |
erfolgte feierlich und im Beisein des damaligen Kanzlers Sebastian Kurz und | |
von Russlands Präsident Wladimir Putin. Eine derart lange Laufzeit sei | |
absolut unüblich, sagen Experten. Unnötig noch dazu, denn der alte | |
Liefervertrag wäre ohnehin noch bis Ende 2027 gelaufen. | |
## Der Vertrag zwischen Gazprom und OMV ist geheim | |
Und der neue kann, so argumentierten OMV und Regierung, nicht vorzeitig | |
beendet werden. Es handle sich um einen „take or pay“-Vertrag. Man müsse | |
für das bestellte Gas jedenfalls bezahlen, ob man es abnimmt oder nicht. | |
Genaueres ist nicht zu erfahren, denn die OMV hält den Vertrag streng | |
geheim. Eigenen Angaben zufolge kennt nicht einmal die Regierung den | |
Vertragsinhalt, obwohl die Republik mit 31,5 Prozent größter OMV-Aktionär | |
ist und deshalb auch im Aufsichtsrat sitzt. | |
Auf welcher Grundlage die Regierung so entscheidet, ist damit fraglich. Ihr | |
Ministerium wolle jedenfalls einen Ausstieg prüfen und möglichst auch | |
umsetzen, beteuerte Gewessler nun einmal mehr. Warum dies nicht längst | |
schon gemacht wurde, bleibt offen. Die fehlende Dringlichkeit dürfte | |
wesentlich am wirtschaftsfreundlichen Koalitionspartner ÖVP liegen: Das | |
russische Gas fließt verlässlich und günstig, dies soll offenbar auch so | |
bleiben. | |
Dabei war das auch schon anders, etwa als Russland 2022 willkürlich | |
Liefermengen drosselte und die Energiekosten in die Höhe schossen. Damit | |
sei Gazprom [3][selbst vertragsbrüchig geworden], sagen Experten. Wenn dem | |
so ist, könnte sich die OMV darauf vor einem Schiedsgericht berufen. | |
Manche dürften auch spekulieren, dass bald schon ein Ausstieg wegen höherer | |
Gewalt möglich werde. Mit Anfang Januar 2025 endet der jetzige | |
ukrainisch-russische Gastransitvertrag und damit die österreichische | |
Versorgung. Eine Verlängerung ist ungewiss, aus der Ukraine gab es dazu | |
widersprüchliche Wortmeldungen dazu. Einerseits will Kyjiw | |
verständlicherweise Druck auf Wien ausüben, andererseits keinen Verbündeten | |
verprellen. | |
13 Feb 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Oesterreich-russische-Beziehungen/!5959246 | |
[2] /Putin-gegen-westliche-Firmen/!5981071 | |
[3] https://www.derstandard.de/consent/tcf/story/2000144173593/kommt-die-omv-au… | |
## AUTOREN | |
Florian Bayer | |
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