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# taz.de -- Zweiter Jahrestag des Ukraine-Kriegs: „Jeder will, dass der Krieg…
> Zum zweiten Jahrestag des russischen Überfalls auf die Ukraine sagte
> Präsident Wolodimir Selenski, ein Ende der Ukraine werde es nicht geben.
Bild: Trauer um einen getöteten Angehörigen im Krieg auf dem Freidhof in Lwiw…
Es war ein Samstag, wie jeder andere auch in der ukrainischen Hauptstadt
Kyjiw. Nur viel ruhiger: weniger Autos, weniger Fußgänger, weniger Lärm. Es
war der [1][zweite Jahrestag des russischen Großangriffs auf das
Nachbarland Ukraine.] Viele sorgten sich, Russland könnte diesen Jahrestag
mit vermehrtem Beschuss auf die Ukraine und insbesondere die Hauptstadt
begehen. Doch den ganzen Tag gab es in Kyjiw keinen Luftalarm, keine
Angriffe.
Einziger Ort der Lebendigkeit an diesem Tag: der Maidan. Obwohl keine
Festlichkeiten und auch sonst keine Veranstaltung angekündigt war, fanden
sich den ganzen Tag über Menschen auf dem Platz ein, um der Toten des
Krieges zu gedenken. Viele kleine blau-gelbe Fähnchen, Porträts von toten
Soldaten, Frauen, die still davorstanden, und ein Sprachengewirr prägten
die Szenerie. Fernsehteams aus USA, Japan, Litauen und Italien berichteten
live.
Auch Sofia und Olha, zwei junge Frauen aus einem Vorort, waren auf dem
Maidan. Doch sie hatten noch einen Grund, in das Stadtzentrum zu fahren: Am
frühen Vormittag protestierten sie vor dem Sitz des Kyjiwer
Oberbürgermeisters gegen den städtischen Haushalt. Die Stadt gebe zu viel
Geld aus, während gleichzeitig im Land Krieg herrsche. Dorthin solle das
Geld fließen, forderten sie. [2][Der Japaner Fuminori Tsuchiko] hatte einen
kleinen Stand auf dem Maidan aufgebaut. „Aus Solidarität mit den Opfern des
Krieges“, sagte er der taz. Tsuchiko lebt seit fast zwei Jahren im
ukrainischen Charkiw, wo er mit Crowdfunding und einem eigenen Café die
ukrainische Bevölkerung unterstützt. Inzwischen ist er so bekannt, dass er
bereits eine eigene Wikipedia-Seite hat. Auch Präsident Wolodymyr Selenskyj
hat ihn schon persönlich empfangen.
Am frühen Morgen waren zahlreiche internationale Gäste am Kyjiwer
Hauptbahnhof eingetroffen, um der Ukraine an diesem Tag ihre Solidarität zu
übermitteln. Unter ihnen war der britische Ex-Premier Boris Johnson, die
Präsidentin der Europäischen Kommission Ursula von der Leyen, außerdem die
Regierungschefs von Italien, Kanada und Belgien. „Jeder normale Mensch
will, dass der Krieg endet“, zitiert die Ukrajinska Prawda den Präsidenten.
„Aber keiner von uns wird zulassen, dass unser Land endet. Deshalb fügen
wir immer dann, wenn wir vom Ende des Krieges sprechen, hinzu: zu unseren
Bedingungen.“ Die Ukraine sei mittlerweile so weit, dass sie Putins Krieg
nach Russland wenden könne.
Zuvor hatte bereits Oleksandr Kamyshin, Minister für Strategieindustrie der
Ukraine, verlauten lassen, dass man inzwischen Waffen habe, die bis zu 700
Kilometer reichten. Wenige Stunden zuvor hatten Drohnen das größte
russische Stahlwerk im russischen Lipezk angegriffen. Lipezk liegt fast 800
Kilometer von Kyjiw und 450 Kilometer von Moskau entfernt. Doch die Ukraine
musste dieser Tage auch einige militärische Rückschläge hinnehmen. So
scheinen die Ortschaften Robotyne in der Nähe von Saporischschja und
Lastotschkyne bei Awdijiwka von der russischen Armee eingenommen worden zu
sein. Kupjansk könnte als Nächstes dran sein – und dann Charkiw, das
jedenfalls fürchtet die Abgeordnete Olexandra Ustinowa von der
oppositionellen Holos-Partei laut Medienberichten.
Im westukrainischen Lwiw begingen die Menschen den Gedenktag auf ähnliche
Weise wie in der Hauptstadt. Auch hier waren für einen Samstag
vergleichsweise wenige Menschen unterwegs. Tiefhängende, graue Wolken
trugen zur Stimmung bei. Mittags kamen immer wieder Menschen zum
[3][Lytschakiwski-Friedhof]. Auf einer Wiese am Rand werden die Gefallenen
des aktuellen Kriegs bestattet. Die Anzahl der Gräber pro Reihe nimmt
kontinuierlich zu. Am Eingang zum Friedhof hängt inzwischen ein
Übersichtsplan, den man sich auch per QR-Code herunterladen kann. Insgesamt
sind dort derzeit sind 572 Namen verzeichnet. Am Samstag lagen auf vielen
Grabstätten frische Blumen. Grablichter brannten. Einzelne Menschen, ältere
Paare, Frauen mit Kindern standen oft still vor einem Grab. Fast alle
hatten Tränen in den Augen.
Nicht überall war es am Samstag so ruhig wie in Kyjiw und Lwiw. Ukrainische
Medien berichten von Explosionen in Chmelnyzkyj, Mykolajiw, Odessa und
Kostjantyniwka. Gleichzeitig waren auch Wohnviertel in Donezk und der
russische Grenzort Belgorod beschossen worden. Am Sonntag brach die
deutsche Außenministerin Annalena Baerbock ihren Besuch wegen der Bedrohung
durch eine russische Drohne ab. Nach Informationen der Nachrichtenagentur
AFP wurde am Sonntag eine russische Aufklärungsdrohne gesichtet, die der
Delegation der Ministerin in der frontnahen, südukrainischen Stadt
Mykolajiw zeitweise folgte und schließlich abdrehte.
25 Feb 2024
## LINKS
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## AUTOREN
Bernhard Clasen
Marco Zschieck
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