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# taz.de -- Gewaltschutz in Bremen unterfinanziert: Auf der Wartebank
> Beratungsstellen für Opfer häuslicher Gewalt fehlt es an Geld. Die
> Einrichtung „Neue Wege“ hat deshalb einen Aufnahmestopp für neue Fälle
> verhängt.
Bild: Betroffene von häuslicher Gewalt müssen in Bremen oft lange warten, bis…
Bremen taz | Schön greifbar sind sie, die [1][Forderungen des
Feministischen Streiks Bremen] für den Frauenkampftag in diesem Jahr:
Schutz vor Gewalt ist das übergeordnete Thema – und was das Land konkret
für die Betroffenen tun müsste, das hat das Bündnis im Detail aufgezeigt.
Es geht, natürlich, um Geld. Eine Liste mit Forderungen hatte das Bündnis
am Mittwochnachmittag schon mal an die Abgeordneten im
Gleichstellungsausschuss übergeben. Zahlreiche Bremer Institutionen, die
Gewaltbetroffene betreuen, klagen über mangelnde Finanzierung und lange
Wartelisten.
Prägnant ist der Fall der Beratungsstelle „Neue Wege“: Die hat schon seit
Dezember einen kompletten Aufnahmestopp für neue Fälle verhängt. „Wir kamen
einfach nicht mehr hinterher“, erklärt Carsten Flömer, Vorstand des
Trägervereins „Reisende Werkschule Scholen“. „Die Wartelisten liefen üb…
Neue Wege richtet sich an Opfer, aber auch an die Täter*innen häuslicher
Gewalt. Therapeutisch soll aufgearbeitet werden, woher die Gewalt kommt und
was sich an der Lage ändern lässt. Richtig hochgegangen ist die Zahl der
Beratungen ab 2020.
## Fallzahlen steigen, Finanzierung nicht
Nach der Neugestaltung des Bremer Polizeigesetzes hatte sich die
Einrichtung entschieden, als sogenannte [2][Interventionsstelle zu
fungieren:] Nach jedem Polizeieinsatz im Bereich der häuslichen Gewalt soll
sie nun die Betroffenen kontaktieren und ein Beratungsangebot machen. Die
Zahl der Beratungsanfragen sei seitdem um mehr als siebzig Prozent
angestiegen, teilt die Einrichtung mit. Pro Jahr würden nun rund 1.800
Personen kontaktiert, mehr als 400 von ihnen nähmen das Angebot an.
Für die Institution kam also eine riesige öffentliche Aufgabe hinzu;
dauerhaft gegenfinanziert wurde sie aber nicht: In den Jahren 2019 bis 2023
war das Budget zwar um rund 40 Prozent gestiegen, doch diese Förderung war
weder von Dauer noch ausreichend: Schon bis 2023 mussten Beratungsfälle
lange vertröstet werden, bis zu zwölf Wochen blieben sie auf der
Warteliste. „Das ist bei niedrigschwelligen Angeboten ein riesiges
Problem“, so Flömer. „Die Bereitschaft, in ein Gespräch zu gehen, sinkt
enorm, wenn der Vorfall lange her ist.“
Ende 2023 hat sich das Problem von zwei Seiten verschärft: Der Teil der
Förderung aus dem Coronafonds fiel weg – [3][obwohl die Fallzahlen
häuslicher Gewalt weiter stiegen.] Und: Der Bremer Haushalt steht, wie in
Nachwahljahren im Zwei-Städte-Staat [4][üblich,] noch immer nicht fest.
Bestehende Einrichtungen erhalten bis zum neuen Haushalt – eventuell im
Juni – das gleiche Budget wie im Vorjahr. Doch wegen Tarifsteigerungen
können damit weniger Mitarbeiterstunden bezahlt werden. „Insgesamt ist uns
zum Jahreswechsel so mindestens eine Dreiviertelstelle weggebrochen“, sagt
Flömer.
## Mehr Geld für Gewaltschutz – aber nicht genug
Ab dem 15. März läuft der Aufnahmestopp bei „Neue Wege“ aus; die Wartelis…
wird dann wegen der liegen gebliebenen Fälle direkt wieder voll sein.
Mindestens zwei zusätzliche Stellen, rechnet Flömer vor, brauche das
Projekt. Die Hoffnung liegt auf den Haushaltsverhandlungen, auch bei
anderen Beratungsstellen.
Die Bremer Innenbehörde beantwortet im Laufe des Mittwochs nicht, wie „Neue
Wege“, das als Interventionsstelle ja Aufgaben des Ressorts übernimmt, in
Zukunft arbeiten und finanziert werden soll. Die Behörde von Gesundheits-
und Frauensenatorin Claudia Bernhard (Linke) verweist auf die schwierige
Haushaltssituation und die laufenden Verhandlungen.
Immerhin: Die Landesmittel insgesamt für die Umsetzung der
Istanbul-Konvention gegen Gewalt an Frauen sind im Doppelhaushalt erhöht
worden. [5][Die neue Gewaltschutzambulanz] wird damit finanziert und mehr
Plätze in Frauenhäusern. Und in den Beratungseinrichtungen? Zumindest die
Tariferhöhungen sollen, Stand jetzt, abgefedert werden. Mehr Spielraum für
eine bessere Ausstattung verspricht das Ressort aber erst einmal nicht.
8 Mar 2024
## LINKS
[1] https://fstreikbremen.noblogs.org/
[2] /Haeusliche-Gewalt-in-Bremen/!5664141
[3] /Haeusliche-Gewalt-in-Deutschland/!5938898
[4] /Bremer-Landeshaushalt/!5651229
[5] /Hilfe-fuer-Opfer-haeuslicher-Gewalt/!5967435
## AUTOREN
Lotta Drügemöller
## TAGS
Gewalt gegen Frauen
häusliche Gewalt
Gewaltopfer
Bremen
Feminismus
Gesundheitswesen
Frauenhäuser
Frauenhaus
Die Linke Bremen
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