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# taz.de -- SWR-Serie zu Frauen in der Wissenschaft: Schweißen, tüfteln, fors…
> Die SWR-Serie „Women of Science“ will junge Frauen für MINT-Berufe
> begeistern. Ein wenig mehr Action hätte der Produktion gutgetan.
Bild: Sechs Frauen aus verschiedenen Ländern werden porträtiert
Um Frauen für [1][MINT-Berufe] zu begeistern, braucht es mehr weibliche
Vorbilder. Diese Erkenntnis ist nicht neu. Selbst der Spielzeugkonzern
Mattel ist inzwischen auf den Zug aufgesprungen und hat daraus ein
Geschäftsmodell entwickelt. Sieben [2][Barbie]-Puppen brachte der
Hersteller im vergangenen Jahr auf den Markt. Sie alle sind realen Frauen
nachempfunden, die in der MINT-Branche Karriere gemacht haben. Man könnte
also auch sagen: [3][Vorbilder gibt es schon]. Was fehlt, ist die
Sichtbarkeit.
In einer 2022 veröffentlichten Kurzstudie der Internationalen Hochschule
Erfurt gab über ein Drittel der 777 befragten Schülerinnen an, keine
einzige Person zu kennen, die in den Bereichen Mathematik, Informatik,
Naturwissenschaften oder Technik arbeitet.
Da verwundert es nicht, dass sich 40 Prozent der jungen Frauen und Mädchen
von MINT-Fächern überfordert fühlen, obwohl 70 Prozent ein persönliches
Interesse daran haben. Dabei ist es unumgänglich, den weiblichen Nachwuchs
zu gewinnen, will man der geschlechtsspezifischen Verzerrung technischer
Entwicklungen entgegenwirken. Künstliche Intelligenz, die nur von Männern
gefüttert wird, spiegelt auch deren Denkmuster wider. Wie also lässt sich
die nächste Generation von Frauen ermutigen? Wie das Thema in die
Lebenswelt von Schülerinnen integrieren?
Der SWR hat sich gerade an der Serie „Women of Science“ in Zusammenarbeit
mit der European Broadcasting Union beteiligt. Die 15-minütigen Filme
stellen Frauen aus sechs europäischen Ländern vor, die als Ingenieurinnen,
IT-Expertinnen oder Wissenschaftlerinnen Karriere gemacht haben. Alle Teile
können auf Planet Schule, einer Plattform für Lehrmaterialien, kostenlos
heruntergeladen werden. Das Ziel ist wohl, dass Lehrer:innen sie in
ihren Unterricht einbinden.
## Mehr als Vorbilder
Einfach nur Vorbilder zu zeigen, reicht allerdings nicht aus. Wichtig ist
auch, wie sie dargestellt werden. Studien belegen, dass Frauen, die nicht
dem Stereotyp entsprechen, weil sie in MINT-Berufen erfolgreich sind, von
Mädchen als Ausnahme von der Regel wahrgenommen werden. Rollenmodelle
sollten deshalb möglichst divers sein und Eigenschaften aufweisen, mit
denen sich die Zielgruppe identifizieren kann.
Was die Bandbreite der Biografien anbelangt, sind die Beispiele in „Women
of Science“ gut gewählt. Vom Wunderkind, das wie die Britin Anne-Marie
Imafidon mit 11 Jahren ihr Abitur in IT-Technik machte, bis zur
Wissenschaftlerin auf dem Gebiet der Robotik, die wie die Italienerin
Monica Gori nach ihrem Schulabschluss zunächst eine Kunstakademie besuchte,
ist alles dabei.
Dabei sind die Frauen in der Regel in der Lage, ihr Fachgebiet in wenigen
verständlichen Sätzen zu erklären – für Wissenschaftler:innen keine
Selbstverständlichkeit. Radiobiologin Sarah Baatout aus Belgien etwa
untersucht die Wirkung von Strahlen auf den menschlichen Körpern, um die
Krebstherapie zu verbessern. Die deutsche Luftfahrtingenieurin Tiziana
Bräuer erforscht den Effekt von Kondensstreifen auf die Erderwärmung und
träumt vom klimafreundlichen Fliegen.
## Deutsche Folge wirkt öde
Ein wenig gezwungen wirkt es dann aber schon, wenn die Frauen über ihre
Hobbys und Freizeitaktivitäten sprechen. Wenn Bräuer dabei gefilmt wird,
wie sie ein Hörbuch hört, mit ihren Freundinnen spazieren geht oder auf
einem Pferd reitet.
Generell hätte der vom SWR produzierten deutschen Folge ein wenig mehr
Action gutgetan. Nicht nur, dass ein grau-brauner Filter über dem gesamten
Film zu liegen scheint.
Es war vielleicht auch nicht die beste Entscheidung, Bräuer die meiste Zeit
des Films auf einem Stuhl sitzend sprechen und sie gelegentlich an ein paar
Schrauben drehen zu lassen. Immerhin arbeitet die britische Folge mit
externem Bildmaterial, leuchtenden Farben und schnellen Schnitten.
## Unterstützung von Männern
Dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk in Deutschland mehr drauf hat, wenn
es darum geht, junge Frauen für Technik zu begeistern, hat er bereits
bewiesen. Bis Juli 2022 plauderten vier Moderatorinnen im Funkformat „So
viele Tabs“ regelmäßig über neue Apps, Social-Media-Trends und künstliche
Intelligenz auf Youtube und Instagram – also dort, wo die Zielgruppe
ohnehin und freiwillig viel Zeit verbringt. Und das auf humorvolle Art und
Weise und in einer Sprache, die auch junge Menschen verstehen.
Das Format wurde abgesetzt, weil es trotz allem mehr männliche als
weibliche Zuschauer:innen erreichte. Aber ist es wirklich so negativ,
wenn alle Geschlechter mit diesem Thema konfrontiert werden? Ob Frauen in
MINT-Berufen erfolgreich sind, ist schließlich nicht nur eine individuelle
Frage der Motivation und des Selbstbewusstseins, sondern hängt auch davon
ab, inwieweit sie von Lehrern und Kollegen unterstützt werden.
In „Women of Science“ findet das Thema Diskriminierung bloß am Rande
Erwähnung. Vielleicht, weil man niemanden verschrecken will. Alle
Protagonistinnen sprechen ausführlich darüber, wie sie an der Universität
und am Arbeitsplatz in der Unterzahl waren, aber kaum darüber, wie ihr
männliches Umfeld auf sie reagiert hat. Gori deutet an, dass man ihr vom
Besuch eines naturwissenschaftlichen Gymnasiums abriet. Später, während
ihrer Promotion, wurde ihr im Gegensatz zu ihren männlichen Kollegen nicht
zugetraut, dass sie schweißen kann.
Im Januar 2024 hat Funk in Zusammenarbeit mit dem SWR ein Wissensnetzwerk
gegründet, um jungen Menschen auf Tiktok komplexe wissenschaftliche
Theorien unterhaltsam und verständlich zu erklären. Das erste Format
„rays.space“ zu physikalischen Phänomenen ist bereits gestartet. Es
beschäftigt sich mit Fragen wie: Werden wir bald unsterblich sein? Oder:
Was liegt jenseits unseres Universums? Moderator Ray: ein Mann.
22 Feb 2024
## LINKS
[1] /MINT-Foerderung-in-Potsdam/!5945355
[2] /Barbie-als-Realverfilmung/!5945196
[3] /Gleichberechtigung-in-der-Karriere/!5847324
## AUTOREN
Clara Löffler
## TAGS
Wissenschaft
Frauen
Gleichberechtigung
Bildungschancen
Schwerpunkt Gender und Sexualitäten
Naturwissenschaft
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