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# taz.de -- Periode und Körpergeruch: My body is a Tümpel
> Alle möglichen Symptome werden vom hormonellen Zyklus verursacht. Auch
> Körpergeruch. Dafür schämen muss man sich nicht, findet unsere
> Kolumnistin.
Bild: Wenn bei den Östrogenen Ebbe ist, herrscht in den Schweißdrüsen Flut
Viele Jahre habe ich als Buchhändlerin gearbeitet. Es war nicht immer
leicht mit mir und der werten Kundschaft. So begab es sich eines Tages,
dass ein sehr herausfordernder Kunde es sich doch tatsächlich nicht nehmen
ließ, den Buchladen mit der Information „Und übrigens stinken Sie“ zu
verlassen. Kein [1][Schweiß], äh Scheiß, so ist es geschehen. Ich muss
gestehen: Was ihm an Benehmen fehlte, hatte er in diesem Punkt recht.
Fest steht: Ich roch extrem unangenehm. Alle kennen ihn, diesen
zwiebeligen, säuerlichen, stechenden Geruch. Einen Geruch, dem man mit Pech
den gesamten Tag ausgesetzt ist, bis abends die Kleider gewechselt und die
Achseln gewaschen werden können.
Fest steht auch: Ein, zwei Tage später bekam ich meine Periode. Fest steht
als Drittes: Es existiert ein Zusammenhang. Mir war es über alle Maßen
peinlich, den Buchladen vollzustinken, nur wäre die Alternative gewesen,
ihn zu schließen. Am liebsten hätte ich mir eine Wäscheklammer auf die Nase
gesetzt und jeder den Laden betretenden Person solidarisch auch eine
gereicht.
## Keine Scham bei Körpergeruch
Damals habe ich den hormonellen Zusammenhang nicht herstellen können. Heute
schon. Mir ist nämlich aufgefallen, dass ich ein, manchmal auch zwei
Nächte, bevor ich zu bluten beginne, unter Nachtschweiß leide. Leiden ist
übertrieben. Ich schwitze nachts. Die Haare im Nacken sind feucht, zwischen
den Brüsten sammelt sich Schweiß. Trotz meines extra super mega
Anti-Transpiration-Deos stinke ich, kurz bevor das Blut geschossen kommt,
immer noch meine Umgebung voll. Pech. Müssen die durch. Es ist mir immer
weniger peinlich.
Doch warum werden uns neben zig anderen PMS-Symptomen auch noch Gestank und
daraus resultierende Scham über den Gestank und Nachtschweiß und daraus
resultierende Sorgen über den Nachtschweiß zugemutet? Wer wird da wohl
seine Finger im Spiel haben? Richtig! [2][Die Östrogene!]
Wir wissen ja mittlerweile, dass der Östrogenspiegel mit Periodenbeginn
seinen Tiefstand erreicht. Östrogen-Ebbe. Vor der Periode zieht sich das
Östrogen langsam zurück, und jetzt kommt's: Die Östrogene sind
mitverantwortlich für die Regulation unserer Körpertemperatur. Eigentlich
logisch. Es gehen ja auch die [3][Wechseljahre] mit fiesen
Schweißausbrüchen einher. Ich frage mich, womit die Östrogene eigentlich
nichts zu schaffen haben? Langsam bekomme ich Mitleid mit denen, die müssen
ja völlig überarbeitet sein. Da muss man ja stinken.
## Von wegen Selbstliebe
Vereinfacht erkläre ich mir das so: Wenn bei den Östrogenen Ebbe ist,
herrscht in unseren Schweißdrüsen Flut. Diese sondern bei Flut ein Sekret
ab, das zu 99 Prozent aus Wasser und zu 1 Prozent aus Salzen, diversen
Säuren (sogar Harnsäure!), Zuckern und Fetten besteht. Diese 1 Prozent
bilden die Grundlage für Bakterien und die steigen uns und unserer Umwelt
dann in die Nase.
Ja ja, alles normal, alles menschlich, liebe dich selbst, liebe deinen
Körper. Mir egal. Ich find's eklig. [4][Ich möchte mich nicht riechen], im
Gegenteil, ich möchte als menschgewordender Drogeriemarkt durch meinen
Alltag wandeln. Sowohl post- als auch prämenstruell!
Trotzdem wünschte ich dem Kunden hinterhergerufen zu haben: „Ja, heute
stinke ich, morgen blute ich und übermorgen kriegst du Hausverbot!“
21 Feb 2024
## LINKS
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[2] /PMS-Symptom-Palpitationen/!5984531
[3] /Politisierung-der-Wechseljahre/!5910975
[4] /Wie-Menschen-riechen/!5821300
## AUTOREN
Sarah Lorenz
## TAGS
Kolumne PMS-Ultras
Körper
Scham
Feminismus
Gesundheit
Das Leben einer Frau
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