# taz.de -- Kinotipp der Woche: Katastrophe mit Fisch | |
> Filmessays, Dokufiktion und Ökostreifen: Die Woche der Kritik widmet sich | |
> der Klimakrise. Das kann ernst oder so richtig versponnen und lustig | |
> sein. | |
Bild: Läuft am 17. 2. um 20 Uhr: Éléonore Saintagnans „Camping du lac“ | |
„Filmemachen um jeden Preis? – Kino, Kritik, Klimakrise“, so nennt sich d… | |
Themenschwerpunkt der diesjährigen „Woche der Kritik“. Wie immer bei diesem | |
Festival, das inzwischen schon eine eigene Tradition hat und parallel zur | |
Berlinale stattfindet, werden zum Thema nicht nur Filme gezeigt, sondern es | |
wird auch fleißig diskutiert. Beispielsweise gleich bei der | |
Auftaktkonferenz in der [1][Akademie der Künste]. Die passenden Filme und | |
überhaupt die Filme, die zwischen dem 14. und 22. Februar gezeigt werden, | |
laufen dann, so wie es sich gehört, in den richtigen Kinosälen in den | |
[2][Hackeschen Höfen]. | |
Filme nachhaltiger zu produzieren, das ist ja nun schon seit einer Weile | |
ein großes Thema. Claudia Roth, Staatsministerin für Kultur und Medien, | |
sagt ja immer wieder, dieses sei ihr ein ganz besonderes Anliegen. Das ist | |
das eine. Viele der Filme, die bei der Woche der Kritik zu sehen sind, | |
arbeiten sich dann aber auch sichtbar am Klimawandel ab, betreiben | |
gewissermaßen Aufklärungsarbeit. Oft auf eine, wie es zum guten Ton bei | |
diesem betont mainstreamfernen Festival gehört, sperrige Art und Weise. | |
Was besonders auffällt, ist, dass nicht wenige Filmemacher und | |
Filmemacherinnen mit ökologischem Sendungsbewusstsein gerne mit langen | |
Kameraeinstellungen auf die Natur arbeiten und dazu läuft dann betörende | |
Musik. Oft sind das dann eher Filmessays als Filme im klassischen Sinne. | |
Also gerne auch mal versponnen erzählte Reflexionen über den Mensch und | |
dessen Ausbeutung der Natur, so wie etwa „Serpent Rain“ (2016) von Denise | |
Ferreira da Silva und Arjuna Neuman. | |
Dass man einen anständigen Ökofilm auch experimentell, versponnen und | |
lustig gleichzeitig hinkriegen kann, beweist vor allem die Regisseurin | |
Éléonore Saintagnan mit ihrem umwerfenden „Camping du lac“ (2023). In | |
diesem landet eine gewisse Eleanor auf einem gottverlassenen Campingplatz | |
irgendwo in der Bretagne. Sie hat eine Autopanne und ein paar Einheimische | |
geben ihr zu erkennen, dass es für sie keine andere Möglichkeit gebe, als | |
sich eine Minibude auf dem etwas verlotterten Campingplatz zu mieten und | |
dort auf das Ende der Reparatur zu warten. | |
Genau so beginnen gerne irgendwelche Horrorfilme. Und tatsächlich landet | |
Eleanor in einer Gemeinschaft von seltsamen Käuzen, die allesamt ein | |
eigentümliches Verhältnis zu dem See haben, an dem der Campingplatz liegt. | |
Sie glauben, in diesem hause eine Art Ungeheuer von Loch Ness oder doch | |
zumindest ein riesiger Fisch, der besondere Kräfte habe. | |
Die Regisseurin arbeitet in ihrem Film mit pseudodokumentarischen Mitteln | |
einerseits. So fragt man sich als Betrachter eine Zeit lang, ob es diese | |
Campingplatzgestalten vielleicht wirklich gibt. Den Banjospieler aus den | |
USA, die Frau mit ihren Hühnern, die Dame, die Bäume umarmt und Waldkräuter | |
sammelt. Doch schon bald entwickelt sich eine krude spielfilmartige | |
Handlung. Der Fisch und der See lassen nun auch Eleanor nicht mehr los, ihr | |
kaputtes Auto ist bald vergessen. | |
Irgendwann wird der Campingplatz zu einem wahren Kultort und von | |
Schaulustigen überrannt und alles wird immer verrückter. Bis eines Tages | |
der See verschwunden ist, aber dafür ein riesiger Fisch nach Luft schnappt. | |
Nun muss die Community des Campingplatzes noch einmal zeigen, wie sehr sie | |
wirklich mit dem Lebewesen aus dem See verbunden ist. Sie muss versuchen, | |
die totale Katastrophe abzuwenden. Auch wenn das eigentlich ein Ding der | |
Unmöglichkeit ist. | |
14 Feb 2024 | |
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## AUTOREN | |
Andreas Hartmann | |
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