| # taz.de -- ÖPNV in Berlin: BVG will massiv Schulden machen | |
| > Expert:innen warnen vor den Risiken, sollte Berlin ab 2026 einen | |
| > harten Sparkurs einschlagen. Schon jetzt steckt die BVG in einer schweren | |
| > Krise. | |
| Bild: Künftig voll auf E – auch bei den Bussen: Das zumindest sehen die ambi… | |
| Berlin taz | Mehr Investitionen und deutlich mehr Schulden: Die Berliner | |
| Verkehrsbetriebe (BVG) gehen von einem massiven Anstieg ihrer | |
| Kreditverbindlichkeiten in den kommenden Jahren aus. So soll der | |
| Schuldenstand des landeseigenen Unternehmens von geplanten rund 1,4 | |
| Milliarden Euro im laufenden Jahr bis 2028 auf mehr als 3,7 Milliarden Euro | |
| anwachsen. | |
| Das geht aus einem BVG-Papier hervor, das am Freitag im Unterausschuss für | |
| Beteiligungsmanagement und -controlling des Abgeordnetenhauses vorgestellt | |
| wurde. Die Ausschusssitzung war ebenso nicht-öffentlich wie die | |
| Präsentation der BVG, die der taz vorliegt. | |
| Demnach sollen allein für die Beschaffung von neuen Schienenfahrzeugen bis | |
| 2028 Kredite in Höhe von fast 1,5 Milliarden Euro aufgenommen werden. Zum | |
| Vergleich: 2022 betrugen die Verbindlichkeiten hierfür nur rund 210 | |
| Millionen Euro. | |
| Deutlich wird dabei, dass die BVG in den kommenden Jahren sehr viel mehr | |
| investieren will als in der Vergangenheit. Die aktuelle Investitionsplanung | |
| weist in dieser Hinsicht ab 2026 einen Betrag von über 1,2 Milliarden Euro | |
| pro Jahr aus, 2022 waren es gerade mal 370 Millionen Euro. Auch hier stellt | |
| die Fahrzeugflotte den größten Batzen dar, Investitionen in die E-Mobilität | |
| inklusive. | |
| ## Worst case: BVG wird mit Schulden allein gelassen | |
| Diese Investitionen, sagen Expert:innen zur taz, seien auch dringend | |
| nötig. Zugleich verweisen sie aber darauf, dass die Konstruktion an sich – | |
| also die Verschuldung im Auftrag des Landes Berlin – für das Unternehmen | |
| mit enormen Risiken verbunden ist. | |
| Denn sollte Berlin aufgrund der sich verschlechternden Haushaltslage [1][ab | |
| 2026 einen harten Sparkurs einschlagen], was viele befürchten, könnte die | |
| BVG mit ihren Schulden allein gelassen werden. Das wäre nicht das erste | |
| Mal. Im Konzern mit seinen mehr als 15.000 Beschäftigten dürfte dann erneut | |
| die Axt angelegt werden, die Folgen wären verheerend. | |
| Schon jetzt hat die BVG mit [2][riesigen Problemen] zu kämpfen: fehlende | |
| Busfahrer:innen, hohe Krankenstände, zum Teil schwer ausgedünnte Fahrpläne, | |
| digitale Anzeigetafeln mit Phantasiewartezeiten. | |
| Er habe ja Verständnis dafür, „dass manchmal Dinge nicht optimal laufen“, | |
| sagte [3][der neue BVG-Vorstandsvorsitzende Henrik Falk] nun der Berliner | |
| Morgenpost. Dabei würde er aber „zumindest erwarten, dass mir verlässlich | |
| angezeigt wird, wann die nächste U-Bahn kommt“, so der Ex-Chef der | |
| Hamburger Hochbahn, der Anfang des Jahres das Zepter bei der BVG übernommen | |
| hat. | |
| ## Neuer BVG-Chef will „Stabilisierung des Systems“ | |
| Seither hat Falk mehrfach betont, dass er nicht nur dafür sorgen will, dass | |
| Busse, Trams und U-Bahnen in Berlin sauberer werden. Auch will er noch 2024 | |
| eine „Stabilisierung des Systems“ hinbekommen. Das sei das Hauptthema. | |
| Darüber hinaus wirbt er dafür, dass die BVG „fokussierter“ agiert. | |
| Beispiel U-Bahn-Ausbau: „Berlin ist an vielen Dingen dran, prüft ganz viel | |
| und macht eine Studie nach der anderen“, sagte Falk mit Blick auf [4][eine | |
| der „Herzensangelegenheiten“ von Wirtschaftssenatorin und | |
| BVG-Aufsichtsratschefin Franziska Giffey (SPD)]. Aber es werde eben nur | |
| fleißig debattiert, wo welche U-Bahn verlängert wird: „Ich würde aber gern | |
| etwas bauen und auch fertigstellen.“ | |
| Tatsächlich nennt der Wirtschaftsplan der BVG, der auf eine | |
| Aufsichtsratssitzung im Dezember und damit vor Falks Amtsantritt | |
| zurückgeht, jenseits aller [5][wilden Ausbauträume der schwarz-roten | |
| Koalition] konkret nur ein einziges U-Bahn-Projekt: die Verlängerung der U3 | |
| vom U-Bahnhof Krumme Lanke zum Mexikoplatz. | |
| Und auch an dieser [6][800-Meter-Strecke] wird schon ewig herumgedoktert. | |
| In diesem Jahr, hieß es zuletzt, könnte das Planfeststellungsverfahren | |
| beginnen. Gebaut werden soll ab 2026, im Jahr 2030 könnte die Strecke in | |
| Betrieb gehen. Wohlgemerkt: könnte. | |
| ## Hohe Verluste für 2024 und 2025 eingeplant | |
| Klar ist: Henrik Falk hat ein Unternehmen in der Krise übernommen. Das | |
| zeigt auch die Gewinnerwartung der BVG für das laufende und das kommende | |
| Jahr. So plant das Unternehmen für 2024 mit Verlusten in Höhe von rund 58 | |
| Millionen Euro, für 2025 sogar in Höhe von fast 164 Millionen Euro. | |
| Begründet wird das mit gestiegenen Personal- und Sachaufwendungen. | |
| Erst ab 2026 geht die BVG davon aus, wieder leichte Gewinne einzufahren, | |
| zwischen 4 und 5 Millionen Euro im Jahr. In diesem Jahr starten schließlich | |
| die Verhandlungen zur Revision des aktuellen Verkehrsvertrags mit dem Land | |
| Berlin, die ab 2026 wirksam werden soll. Man habe hier dementsprechend | |
| höhere Ausgleichszahlungen des Landes eingepreist, heißt es. Motto: Wird | |
| schon irgendwie. | |
| 21 Jan 2024 | |
| ## LINKS | |
| [1] /Berliner-Doppelhaushalt-2024-und-2025/!5974654 | |
| [2] /Berliner-BVG-ausser-Takt/!5979253 | |
| [3] /Neuer-BVG-Chef/!5986666 | |
| [4] /Vorschlag-fuer-Ausbau-der-Berliner-U-Bahn/!5923881 | |
| [5] /Schwarz-Rot-und-das-Auto/!5925723 | |
| [6] /Bewegung-in-der-Berliner-Verkehrspolitik/!5747267 | |
| ## AUTOREN | |
| Rainer Rutz | |
| ## TAGS | |
| BVG | |
| ÖPNV | |
| U-Bahn Berlin | |
| Schulden | |
| Schwerpunkt Fußball-EM 2024 | |
| ÖPNV | |
| BVG | |
| BVG | |
| Wochenkommentar | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| ÖPNV zur Fußball-EM in Berlin: BVG schränkt Angebot teilweise ein | |
| Die einen feiern, die anderen warten: Damit 3 U-Bahnlinien zur Fußball-EM | |
| häufiger fahren können, wird der Takt andernorts ordentlich ausgedünnt. | |
| Berliner Nahverkehrslobbyist: „Ich bin kein Fahrradhasser“ | |
| Fahrgastvertreter Jens Wieseke im Interview über Fehler der Grünen in der | |
| Verkehrspolitik, Streiks im ÖPNV und das Pünktlichkeitselend der Tram. | |
| Berliner BVG außer Takt: Wenig Hoffnung auf Besserung | |
| Auch 2024 wird für die BVG kein normales Jahr. Erst zum Dezember erwartet | |
| Senatorin Schreiner eine Beruhigung der Lage. Auch der BUND zieht Bilanz. | |
| Krise bei der BVG: Zurückbleiben, bitte! | |
| In den U-Bahnen und Bussen drängen sich die Fahrgäste. Die BVG aber sieht | |
| „keine nennenswerten Unregelmäßigkeiten“ und die Politik schaut zu. | |
| Vorschlag für Ausbau der Berliner U-Bahn: Weil sie sich liebt | |
| Die BVG will das U-Bahnnetz verdoppeln. Die Politik ist überrascht, | |
| Verkehrsexperten sprechen von „Größenwahn“. Doch der Vorschlag hat was f�… | |
| sich. Nur was? |