# taz.de -- EU-Lieferkettengesetz blockiert: FDP will Ketten sprengen | |
> Finanzminister Lindner und Justizminister Buschmann blockieren die | |
> EU-Lieferketten-Richtlinie. Damit könnten sie das Gesetz stoppen. | |
Bild: Marco Buschmann (FDP) ist bekannt für Blockaden, seine „Will-ich-nicht… | |
Die Wogen schlagen wieder hoch in der Ampel-Regierung. | |
[1][Bundesfinanzminister Christian Lindner] und [2][Justizminister Marco | |
Buschmann] (beide FDP) erklärten am Donnerstag, sie würden der europäischen | |
Lieferketten-Richtlinie nicht zustimmen. Der in der Regierung für das Thema | |
federführende SPD-Arbeitsminister Hubertus Heil will dagegen weiter einen | |
Kompromiss suchen. Auch aus dem grün-geführten Wirtschaftsministerium hieß | |
es, die Gespräche liefen weiter. | |
Die beiden FDP-Minister bleiben allerdings dabei. „Im Rat der Europäischen | |
Union hat dies eine Enthaltung Deutschlands zur Folge, die im Ergebnis wie | |
eine Nein-Stimme wirkt“, steht in ihrem Schreiben vom Donnerstag. Die | |
gemeinsame Entscheidung der 26 EU-Staaten ist bisher für den 9. Februar | |
geplant. Sollte die FDP bei ihrem Nein bleiben, könnten weitere Regierungen | |
folgen und die Richtlinie kippen. | |
Die anstehende Abstimmung in Brüssel ist eigentlich nur noch eine Formalie. | |
Denn die EU-Kommission, der Rat der Regierungen und das EU-Parlament haben | |
sich auf den vorliegenden Entwurf der Richtlinie geeinigt – unter | |
Mitwirkung der Bundesregierung und auch von Justizminister Buschmann. | |
Das Gesetz für unternehmerische Nachhaltigkeit und Sorgfalt (Corporate | |
Sustainability Due Diligence Directive, CSDDD) legt grundsätzlich fest, | |
dass sich europäische Firmen um die [3][sozialen] und [4][ökologischen | |
Menschenrechte] der Beschäftigten in ihren Zulieferfabriken kümmern müssen. | |
## „Überforderung“ deutscher Firmen durch die EU | |
[5][Der FDP geht die Richtlinie nun zu weit]. Beispielsweise soll sie für | |
europäische Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten gelten, statt wie im | |
schon existierenden deutschen Lieferkettengesetz bei 1.000 Beschäftigten. | |
Im EU-Gesetz ist dazu eine zivilrechtliche Haftung für Firmen enthalten: | |
Bei nachgewiesenen Verstößen könnten sie von geschädigten Beschäftigten im | |
Ausland vor europäischen Gerichten auf Schadensersatz verklagt werden. | |
Die FDP-Minister beklagen deshalb eine „Überforderung“ deutscher Firmen | |
durch die EU-Regelung. Gerade kleine Betriebe sind formell zwar nicht | |
betroffen, werden aber möglicherweise rechenschaftspflichtig gegenüber | |
großen Unternehmen, die sie beauftragen. Fachleute weisen währenddessen | |
darauf hin, dass die geplante Haftungsregelung nicht über das existierende | |
deutsche Recht hinausgehe. | |
## Hubertus Heil (SPD) will retten, was zu retten ist | |
[6][Bundesarbeitsminister Hubertus Heil] will in der Ressortabstimmung mit | |
den anderen Ministerien noch retten, was zu retten ist. Um das deutsche Ja | |
zum EU-Gesetz zu sichern, bot er der FDP am Donnerstag ein | |
„Entlastungspaket“ an. Ein Punkt darin: Die bisherige Pflicht der | |
Unternehmen, Berichte über ihre [7][Erfüllung des deutschen | |
Lieferkettengesetz] an das Bundesamt für Wirtschaft zu schreiben, soll | |
komplett entfallen. Die Berichtspflicht würde dann später nur durch die | |
EU-Richtlinie geregelt, wenn diese in Kraft tritt. | |
Über die FDP-Ablehnung erleichtert zeigte sich der Bundesverband der | |
Deutschen Industrie. Der Handelsverband freute sich ebenfalls, weil die | |
EU-Regelung „zu tief in bestehende nationale Rechtssysteme eingreift“. Die | |
Initiative Lieferkettengesetz, ein Zusammenschluss unter anderem von | |
Entwicklungsorganisationen und Gewerkschaften, erklärte dagegen: „Die | |
FDP-Sabotage ist ein Affront gegen Betroffene von | |
Menschenrechtsverletzungen.“ Die grüne EU-Parlamentarierin Anna Cavazzini | |
sagte: „Mit der plötzlichen Vollbremsung auf den letzten Metern würde die | |
FDP dem Ansehen Deutschlands auf europäischer Ebene schaden.“ | |
1 Feb 2024 | |
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## AUTOREN | |
Hannes Koch | |
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