# taz.de -- Linken-Abgeordnete über den Fall Maaßen: „Er hatte eine Schutzf… | |
> Martina Renner fordert einen Untersuchungsausschuss. Um zu klären, ob der | |
> Ex-Verfassungsschutzchef im Amt persönliche Ziele verfolgte. | |
Bild: Der Ex-Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz Hans-Georg Maassen | |
taz: Frau Renner, das Bundesamt für Verfassungsschutz, kurz BfV, führt | |
seinen ehemaligen Präsidenten, Hans-Georg Maaßen, als Rechtsextremisten. | |
Sie als Innenpolitikerin kennen Maaßen schon lange. Hat Sie seine | |
Entwicklung überrascht? | |
Martina Renner: Dass Maaßen ein Antidemokrat ist und nicht nur mit dem | |
Parlament, sondern auch mit der Verfassung auf Kriegsfuß steht, das hat man | |
schon während seiner Amtszeit spüren können. Manchmal direkt durch | |
Aussagen, etwa wenn er über den Bundestag sagte, hier sitzen nur die, die | |
sonst nichts auf die Kette bekommen haben. Das ist eine Verächtlichmachung | |
des Parlaments. Und manchmal indirekt, wie er insbesondere gegenüber | |
Parlamentariern agiert hat. Ich bin ihm ja nicht nur im Innenausschuss, | |
sondern auch in Untersuchungsausschüssen begegnet. | |
Antidemokrat ist ein schwerer Vorwurf. Wie begründen Sie das während seiner | |
Amtszeit? | |
Es gibt genug Indizien, dass Maaßen als BfV-Präsident nicht zuerst die | |
Aufgaben des Amtes, die Demokratie zu schützen, verfolgt hat, sondern | |
eigene politische Ziele. Nehmen Sie etwa die Treffen mit der damaligen | |
AfD-Chefin Frauke Petry, die möglicherweise darauf gezielt haben, die | |
Partei vor einer Beobachtung durch den Verfassungsschutz zu schützen. Es | |
gab ja schon während seiner Amtszeit Bestrebungen, den Blick auch auf die | |
AfD zu richten, das hat er intern unterbunden. Da hatte er eine | |
Schutzfunktion. Gab es die auch gegenüber der Identitären Bewegung? | |
Gegenüber rechten Burschenschaften? Wir wissen ja heute, wie gut vernetzt | |
er in diesem Umfeld ist. Das muss geklärt werden. Deshalb bin ich dafür, | |
einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss einzusetzen. | |
Was genau sollte der tun? | |
Die erste Frage eines Untersuchungsausschusses müsste sein: Wie konnte | |
Maaßen überhaupt ins Amt kommen und stimmt die Erzählung von damals | |
überhaupt? | |
Maaßen wurde 2012 von CSU-Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich berufen | |
und sollte, so irre das heute klingt, das Amt nach seinem Versagen beim NSU | |
besser aufstellen. | |
Es hieß, er sollte aufräumen. Aber vielleicht ist diese Erzählung | |
grundfalsch. Vielleicht gab es das gegenteilige Ziel: Dass die Rolle des | |
BfV in diesem Komplex eben genau nicht öffentlich wird. Für die | |
Untersuchungsausschüsse jedenfalls war es am schwersten, ins BfV zu | |
schauen, dort zu klären, was wusste man über den NSU, was wusste man über | |
das Unterstützerumfeld, wie viele V-Leute hatte das Amt in diesem Kreis und | |
so weiter. Vielleicht ist Maaßen ja ganz gezielt dahin gesetzt worden. | |
Das ist ein schwerwiegender Verdacht, welche Hinweise darauf haben Sie? | |
Dass es beim BfV fast unmöglich war, V-Mann-Führer zu vernehmen, dass | |
plötzlich, wie [1][im Fall Corelli] (2014 gestorbener V-Mann des BfV, d. | |
Red.), im Tresor eine DVD mit dem Titel „NSDAP/NSU“ auftauchte, dass das | |
BfV lange versucht hat, [2][die Schredderaktion von Lothar Lingen] | |
(Tarnname eines ehemaligen BfV-Referatsleiters, d. Red.) als nicht planvoll | |
darzustellen. Da gibt es einfach eine ganze Menge. | |
Die Gegenthese ist, dass Maaßen damals sehr konservativ war, die | |
Radikalisierung aber danach stattgefunden hat. Halten Sie das für abwegig? | |
Das hat sich potenziert, seit er nicht mehr im Amt ist. Er agiert offener, | |
härter und entschiedener, er hat sich relativ schnell auch in rechten | |
sogenannten Alternativmedien zu Wort gemeldet. Aber diese Grundhaltung, | |
diese Gefahr in seiner Person, die war schon vorher spürbar. Erinnern Sie | |
sich [3][an die Geschichte in Chemnitz, wo er rassistische Hetzjagden auf | |
Menschen geleugnet hat]. Da zeigte sich ja, dass er eine eigene Agenda | |
fährt, das war ja nicht Regierungsmeinung. | |
Haben Sie Signale von anderen Fraktionen, dass diese bereit wären, Ihre | |
Forderung nach einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss zu | |
unterstützen? | |
Bei SPD und CDU dürfte das aus parteipolitischem Kalkül schwierig werden, | |
weil sie selbst in Verantwortung waren. Bei FDP und Grüne sieht das anders | |
aus. Die könnten da eigentlich ohne parteipolitische Hintergedanken | |
agieren. Und ich muss sagen: Ich erwarte von einem Parlament in einer | |
solchen Situation, dass es Aufklärung verlangt. All diejenigen, die sich | |
seit Jahren um Aufklärung bei Rechtsterror bemühen und Sorge mit Blick auf | |
die AfD haben, muss das umtreiben. | |
1 Feb 2024 | |
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## AUTOREN | |
Sabine am Orde | |
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