# taz.de -- Neue Antisemitismus-Definition: Ist das Kunst oder antisemitisch? | |
> In Berliner Kulturbetrieb gibt es Streit um eine neue | |
> Antisemitismus-Klausel. Was ist die IHRA, zu der man sich von nun an | |
> bekennen muss? | |
Bild: World Conference Against Racism in Durban, 04.09.2001: der Platz für Isr… | |
Um sich als Kulturschaffender für Fördermittel des Landes Berlin zu | |
bewerben, muss man sich seit vergangener Woche zur IHRA-Definition von | |
Antisemitismus bekennen. Das hat zu [1][Protesten] geführt. | |
Die Definition wurde vom European Monitoring Centre for Xenophobia und | |
Racism im Zuge der Zunahme von Antisemitismus nach den Anschlägen des 11. | |
September 2001 entwickelt. Benannt ist sie nach der International Holocaust | |
Remembrance Alliance (IHRA). Mit dieser neu formulierten Definition von | |
Antisemitismus wollte man auf einen „neuen Antisemitismus“ reagieren, den | |
sogenannten israelbezogenen Antisemitismus. | |
Die in dieser Definition angeführten Beispiele für israelbezogenen | |
Antisemitismus umfassen etwa das „kollektive Verantwortlichmachen von | |
Jüdinnen und Juden für Handlungen des Staates Israel“ oder die „Anwendung | |
doppelter Standards“ gegenüber Israel. | |
Als konkrete politische Ereignisse, die einen neuen Begriff von | |
Antisemitismus notwendig machten, nannte das European Monitoring Centre in | |
seinem Bericht unter anderem die 2001 in Durban abgehaltene Konferenz | |
„World Conference Against Racism“. Anstatt weltweiten Rassismus zu | |
thematisieren, ging es auf der unter anderem in Teheran vorbereiteten | |
Konferenz jedoch hauptsächlich um Israel. | |
## Boykottbewegung gegen Israel | |
Wie Alex Feuerherdt und Florian Markl in ihrem Buch „Die | |
Israel-Boykottbewegung“ zeigen, kam es auf der Konferenz und in ihrem | |
Umfeld damals zu zahlreichen antiisraelischen und antisemitischen Aktionen. | |
Auf der Konferenz wurde auch eine Erklärung verabschiedet. Diese nannte | |
Israel einen „rassistischen Apartheidstaat“, der „rassistische Verbrechen… | |
„ethnische Säuberungen“ und „Völkermord“ begehe. Außerdem rief man in | |
Durban zu einer „internationalen Anti-Israel-Apartheidbewegung“ auf. Das | |
European Monitoring Centre sprach von einer „Instrumentalisierung des | |
Antirassismus“, um Juden, Israelis und Zionisten als „böse“ darzustellen. | |
Vier Jahre später wurde BDS gegründet. Die Kampagne für Boykott, | |
Desinvestition und Sanktionen setzte den Boykottaufruf gegen Israel in | |
die Tat um; auch inhaltlich schloss man weitestgehend an die Durbaner | |
Erklärung an. | |
## Nicht per se antisemitisch | |
2016 nahm die International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA) die vom | |
European Monitoring Centre entwickelte Definition von Antisemitismus auf. | |
Hierdurch erhielt sie den Namen [2][„IHRA-Definition von Antisemitismus“]. | |
Es dauerte jedoch nicht lange, bis sich dagegen Protest formierte. | |
2018 gipfelte dieser in der Ausrufung der [3][„Jerusalem Declaration of | |
Antisemitism“], einer neuen Definition von Antisemitismus. Diese sieht | |
vieles, was laut IHRA unter israelbezogenen Antisemitismus fällt, nicht als | |
antisemitisch an. Unter anderem sind für sie Boykottbewegungen „im Falle | |
Israels … nicht per se antisemitisch“. | |
11 Jan 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Antisemitismus-im-Kulturbetrieb/!5982151 | |
[2] https://holocaustremembrance.com/resources/arbeitsdefinition-antisemitismus | |
[3] https://jerusalemdeclaration.org/ | |
## AUTOREN | |
Jens Winter | |
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