# taz.de -- Deutschland in der Krise: Die Wirtschaft ist geschrumpft | |
> Das Bruttoinlandsprodukt ging vergangenes Jahr auch wegen anhaltend hoher | |
> Energiepreise um 0,3 Prozent zurück. Gleichzeitig spart der Staat. | |
Bild: Wegen der Inflation sparen die Menschen vor allem auch bei Lebensmitteln.… | |
BERLIN taz | Die globalen Krisen lasteten im vergangenen Jahr auf der | |
hiesigen Wirtschaft. Wie das Statistische Bundesamt am Montag auf Basis von | |
vorläufigen Zahlen mitteilte, ging das deutsche Bruttoinlandsprodukt (BIP) | |
2023 nach Abzug [1][der Inflation] um 0,3 Prozent zurück. | |
„Die trotz der jüngsten Rückgänge nach wie vor hohen Preise auf allen | |
Wirtschaftsstufen dämpften die Konjunktur“, sagte die Präsidentin des | |
Statistischen Bundesamtes, Ruth Brand. Hinzu kämen ungünstige | |
Finanzierungsbedingungen durch hohe Zinsen und eine geringere Nachfrage aus | |
dem In- und Ausland. | |
Dass die Wirtschaftsleistung abnimmt, war allgemein erwartet worden. Die | |
meisten Ökonom*innen gingen sogar von einem größeren Minus aus. Fünf | |
führende Wirtschaftsinstitute prognostizierten im September in ihrer | |
Gemeinschaftsdiagnose ein Minus von 0,6 Prozent. Die Bundesregierung ging | |
in ihrer Herbstprojektion davon aus, dass die Wirtschaft um 0,4 Prozent | |
schrumpfen würde. | |
Seit dem Vorkrisenjahr 2019 stieg die deutsche Wirtschaftsleistung | |
insgesamt um lediglich 0,7 Prozent – und hinkt damit im internationalen | |
Vergleich deutlich hinterher. Jetzt ist Deutschland vermutlich das einzige | |
große EU-Land, in der das BIP 2023 sogar gesunken ist. Die EU-Kommission | |
geht davon aus, dass die Wirtschaft in der gesamten Europäischen Union um | |
0,6 Prozent gewachsen ist. Seit 2019 hätte sich die Wirtschaftsleistung der | |
EU damit um 4,1 Prozent vergrößert. Sogar noch stärker ist aber vermutlich | |
das Plus seit 2019 in den USA und China mit 7,5 beziehungsweise 20,1 | |
Prozent. | |
## Energiepreise belasteten die Produktion | |
Laut dem Statistischen Bundesamt stabilisierten sich die Energiepreise, die | |
2022 infolge des russischen Angriffs nach oben geschossen waren, 2023 auf | |
hohem Niveau. Dies belastete insbesondere die [2][Industrieproduktion]. | |
Besonders stark sank die Wertschöpfung demnach in energieintensiven | |
Branchen wie der Chemie- und Metallindustrie, die bereits 2022 relativ | |
stark auf die steigenden Energiepreise reagiert hatten. | |
Gleichzeitig fiel der private Konsum als Konjunkturstütze aus. Er | |
verringerte sich vergangenes Jahr um 1,1 Prozent und lag damit 2,1 Prozent | |
unter dem Niveau von 2019. Dabei sparten die Menschen insbesondere an | |
langlebigen Gütern wie Möbeln sowie Lebensmitteln und Getränken. | |
In dieser Situation gab auch [3][die öffentliche Hand] weniger aus, was die | |
Wirtschaftsleistung zusätzlich schmälerte: Wenn man die Inflation | |
rausrechnet, reduzierte der Staat 2023 erstmals seit fast 20 Jahren seine | |
Konsumausgaben. Das Finanzierungsdefizit lag so bei 82,7 Milliarden Euro | |
oder 2,0 Prozent des BIP – und damit unter dem EU-Grenzwert von 3,0 | |
Prozent. | |
15 Jan 2024 | |
## LINKS | |
[1] /Inflationsrate-in-der-Eurozone/!5983732 | |
[2] /Schrumpfende-Industrieproduktion/!5970606 | |
[3] /Oekonom-Jens-Suedekum-zur-Haushaltskrise/!5970282 | |
## AUTOREN | |
Simon Poelchau | |
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